Schwarzer Schwan
28. April 2017

Mea culpa

Die Credit Suisse hat ein ganz eigenes Verständnis davon, wie man operativen Misserfolg in Managementvergütung ummünzt. Sehr zum Ärger von Investoren.

Ordentliche Hauptversammlungen sind eine feine Sache. Es gibt gratis Würstchen und Getränke, Autobauer präsentieren ihre Modellpalette und Otto Kleinanleger kann sich mal so richtig als Großkapitalist fühlen. Der eine oder andere vorn auf dem Podium bekommt dann natürlich auch sein Fett weg, Gründe gibt es immer wieder. Kleinanleger und Besserwisser mit Rededrang können vor großem Publikum mal so richtig Dampf ablassen, sich über die Kursentwicklung aufregen und die Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand mit geballter Faust in der Tasche begleiten. Nimm das, Du arroganter Vorstand! 
Mit anderen Worten: Auch auf einer ordentlichen Hauptversammlung kann es hoch hergehen, wobei ein außerordentliches Aktionärstreffen in der Regel ein noch größeres Hallo verspricht. Aber wir wollen mal lieber auf dem Teppich und beim Thema bleiben und der Frage nachgehen, wie man unter den derzeit haufenweise eintrudelnden Einladungen anlässlich der HV-Saison die besten Events herauspickt, statt seine Stimmen irgendwelchen Dienstleistern zu übertragen. 
Die Antwort ist ebenso simpel wie genial: Man meldet sich einfach für jene Events an, die unter Kosten-Nutzen-Aspekten den größten Mehrwert versprechen. Oder anders: Wo gibt es unheimlich viel Spaß für lau?! Ein Beispiel liefert gerade am heutigen Freitag (28. April) die legendäre und immer wieder für eine Überraschung gute Credit Suisse mit ihrer Generalversammlung. Wir wollen bei dem seit Jahren kriselnden Finanzinstitut diesmal nicht allzu sehr mit dem Finger in der Wunde herumstochern und aufzählen, an welchen Ecken und Ende es gerade brennt. 
Nur so viel: Das Institut hat für 2016 einmal mehr tiefrote Zahlen vorgelegt. Gleichwohl gewährte der Verwaltungsrat den 13 Konzernleitungsmitgliedern ein Jahresgehalt von insgesamt 82 Millionen Schweizer Franken. Deshalb laufen, Überraschung!, Stimmrechtsberater nun Sturm gegen die Vergütungspolitik der Großbank. Daran hat auch der jüngste Bonusverzicht des Managements um Firmenlenker Tidjane Thiam nichts geändert, wie die Börsen-Zeitung jüngst betonte. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Stimmung rund um den Paradeplatz 8 in Zürich kocht, daran kann auch die Aussicht auf eine Dividende – trotz des neuerlichen Nettoverlusts – nichts ändern. Zu tief sitzt der Schock nach der massiven Talfahrt der Aktien im vergangenen Jahr, was allerdings auch die Aktionäre der Deutschen Bank erleiden mussten. 
Rohner auf dem Kieker 
Die Genfer Anlagestiftung Ethos jedenfalls hat Verwaltungsratspräsident Urs Rohner zur Abwahl vorgeschlagen. Doch anstatt sich eine ordentliche Portion Asche auf das Haupt zu streuen, mimt Rohner den Dummkopf. In einem Interview mit der „Financial Times“ räumt der oberste unter den Credit-Suisse-Mannen, denen man neben Intelligenz, Schneid und Härte auch ein gewisses Maß an Sensibilität und Fingerspitzengefühl unterstellen sollte, nun zwar Fehler ein; aber wie er das sagt, dürfte die Adressaten auf der Palme noch ein Stück höher treiben: Er habe die Sensibilität der Investoren in Bezug auf die Managerlöhne in der Schweiz und anderswo unterschätzt. Über das Vergütungspaket sagt er: „Ich denke nicht, dass ich es verteidigen muss. Ich muss erklären, was wir gemacht haben, und wir sind zuversichtlich, dass es unsere Aktionäre verstehen werden.“ Klingt irgendwie arrogant, oder? Naja, die Abreibung folgt sogleich. Wir sind gespannt, wie sich die Großanleger, darunter der norwegische Staatsfonds und die Katar-Holding, positionieren. Ob Gratis-Würstchen und Getränke die Stimmung da noch besänftigen können? 
Mit dieser rhetorischen Frage entlassen wir Sie ins verlängerte Wochenende. Ihre Redaktion von portfolio. 
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