Schwarzer Schwan
24. Juni 2016
Marx und das Kapital
Die Offenbarung des Erzbistum München: Wer hat, dem wird gegeben.
Franz-Peter Tebartz-van Elst gebührt großer Dank: Zum einen machte sich der zurückgetretene Limburger Bischof um ein neues Bischofshaus verdient. Zum anderen löste er, weil das Bischofshaus etwas opulent ausfiel, eine Transparenzoffensive in der katholischen Kirche aus. Anfang dieser Woche legte nun auch das Erzbistum München und Freising seine wohlgeordneten Vermögensverhältnisse offen. Anders als der FC Bayern ist das Erzbistum aber nicht nur ein nationaler Champion.
Die Münchner kommen auf ein Vermögen von rund 5,5 Milliarden Euro. Das ist einsame Spitze – nicht nur in Deutschland, wo bislang Paderborn mit rund vier Milliarden Euro und Köln mit 3,4 Milliarden Euro als die reichsten Bistümer galten. München konkurriert vielmehr mit Chicago um den Titel der reichsten Diözese der Welt. Laut dem Finanzreport von Ende Juni 2015 kommt das Chicagoer Bistum (inklusive Gemeinden und Pastoral Center) auf rund 5,4 Milliarden US-Dollar Vermögen.
Für die Erzdiözese München und Freising, den Erzbischöflichen Stuhl, die drei wichtigsten Stiftungen des Erzbistums sowie den Pensionsfonds für die Geistlichen liegen nun getrennte und von unabhängigen Wirtschaftsprüfern testierte Bilanzen vor. Sie entsprechen laut Generalvikar Peter Beer, der das Bild einer „leistungsfähigen“ Diözese zeichnete, zum ersten Mal den Vorgaben des Handelsgesetzbuches für große Kapitalgesellschaften. Die detaillierten Berichte umfassen zusammen mehr als 230 Seiten.
Einen Großteil des Vermögens – rund zwei Milliarden Euro – sind den drei Stiftungen Bischof-Arbeo-Stiftung, St. Antonius-Stiftung und St. Korbinian-Stiftung zugewiesen, die dem direkten Zugriff des Erzbistums entzogen sind und von unabhängigen Experten kontrolliert werden. Die Erträge dürfen laut Beer nur zweckgebunden für Seelsorge, Wohlfahrtspflege und Bildung verwendet werden. Mit rund 3,3 Milliarden Euro Bilanzsumme verfügt das eigentliche Bistum nach Übertragung der Vermögenswerte auf die drei Stiftungen aber noch immer über ein recht ordentliches Sümmchen. Dieses ist im Wesentlichen in Immobilien (1,3 Milliarden Euro) und Finanzanlagen (1,5 Milliarden Euro) investiert. Für die Finanzanlagen gelte ein strenges Nachhaltigkeitskonzept, das Positionen der katholischen Glaubenslehre ebenso berücksichtigt wie allgemeine ökologische, soziale oder ethische Aspekte. Im Umlaufvermögen sind zum 31. Dezember 2015 liquide Mittel in Höhe von rund 440 Millionen Euro enthalten. In der Bilanz noch nicht enthalten sind die Besitztümer von 750 eigenständigen Pfarrkirchen- und Pfründestiftungen auf dem Gebiet des Erzbistums.
Ob das strenge Nachhaltigkeitskonzept auch das Dienstfahrzeug von Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx erfasst, muss bezweifelt werden. Seine Exzellenz zeigt sich den Gläubigen standesgemäß in einem 7er BMW, verzichtet also immerhin auf die Marke Rolls-Royce, die ebenfalls zu BMW gehört.
Dieser Reichtum oder besser das Bekanntwerden dieses Reichtums könnte für den Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx nach Einschätzung der dpa noch ziemlich heikel werden. Denn Marx gehört als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz zu den engsten Beratern des Papstes und koordiniert den Wirtschaftsrat im Vatikan. Und Franziskus predigt eine „arme Kirche für die Armen“. Offenbar zieht die katholische Gemeinde in Bayern aber ihre Gnadengewissheit weniger aus dem Bekenntnis zum Armutswillen von Papst Franziskus als aus der protestantischen (Erwerbs)-Ethik von Max Weber. Außerdem stellt sich die Frage, ob angesichts dieses Vermögens Staatsleistungen noch gerechtfertigt sind. Aber: Wer hat, dem wird gegeben. Die Münchner versuchen sich aber nicht nur mit dem Matthäus-Evangelium zu rechtfertigen. Arm ist „ein relativer Begriff“, zitiert die Presseagentur dpa den Generalvikar Beer. „Diese Möglichkeiten, die wir haben, sind kein Selbstzweck, dass wir uns das möglichst schön und bequem machen, sondern dass wir unseren Auftrag erfüllen.“ Das Erzbistum unterstütze die kirchlichen Hilfswerke in den Entwicklungsländern und setze sich insbesondere für das Partnerland Ecuador ein.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein besinnliches Wochenende. Amen!
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