Immobilien
3. Februar 2016

Manipulation zulasten der Investoren

Berlin plant schon wieder eine Mietrechtsnovelle. Diese wird laut CRES-Modellrechnungen zu hohen Wertverlusten führen. Wohnimmobilien drohen unattraktiv zu werden.

Die Stimmung unter Immobilieninvestoren in Deutschland ist seit Jahren gut und bleibt es vorerst auch. Wie das kürzlich veröffentlichte Trendbarometer „Immobilien-Investmentmarkt 2016“ von EY Real Estate zeigt, sind 95 Prozent der rund 150 befragten Investoren, darunter institutionelle Investoren, Banken und Kapitalanlagegesellschaften, guter Dinge für den deutschen Immobilienstandort. Auf dem Einkaufszettel stehen 2016 verstärkt Wohnimmobilien. Immerhin 65 Prozent wollen ihren Investmentfokus stärker auf diese Nutzungsart legen. Doch mit der Freude an Wohnimmobilien könnte es schnell vorbei sein. Denn die geplante Mietsrechtnovelle des Justizministeriums birgt in ihrer jetzigen Form einige böse Überraschungen. Der IVD-Präsident Jürgen Michael Schick spricht von einer verkappten Mietpreismanipulation: „Anstatt mit offenem Visier zu kämpfen, versucht die Bundesregierung einen Mietenstopp durch die Hintertür zu bewirken.“ 
Zu diesem drastischen Schluss kommt der Präsident des Immobilienverbands aufgrund einer neuen Studie des Center for Real Estate Studies (CRES), in der die Auswirkungen des bevorstehenden Gesetzesvorhabens für 50 Kommunen in Deutschland untersucht wurden. Der Knackpunkt ist die geplante Ausdehnung des Bezugszeitraums für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete und somit des Mietspiegels von vier auf zehn Jahre. Wie Modellrechnungen des CRES zeigen, verlieren Vermieter im steigenden Markttrend wenigstens 0,65 Euro je Quadratmeter Kaltmiete pro Monat. 
In München ist die Mietspiegeldifferenz in der Kategorie „Bestand ab 1949 – mit mittlerem Wohnwert“ mit 1,35 Euro pro Quadratmeter am größten. Ein repräsentativer Vermieter mit einer Wohnung von 70 Quadratmetern müsste pro Jahr mit Mindereinnahmen von 1.134 Euro rechnen. Auf den Plätzen hinter München folgen Stuttgart und Hannover mit jeweils 1,11 und 1,25 Euro pro Quadratmeter. Lediglich in Duisburg hat die Differenz einen negativen Wert. Hier liegt die ortsübliche Vergleichsmiete bei zehnjährigem Bezugszeitraum für Bestandsobjekte mit mittlerem Wohnwert mit 4,88 Euro pro Quadratmeter um 0,05 Euro höher als bei vierjährigem Bezugszeitraum.   
„Das Hinzunehmen alter Daten macht den Mietspiegel nicht besser. Dadurch habe ich zwar mehr Daten, aber falsche“, ist Professor Dr. Marco Wölfle vom CRES überzeugt. Das eigentliche Ziel sei ein Mehr an aktuellen Daten, das über eine Verlängerung des Zeitraums jedoch nicht erreicht werde. Vier Jahre sind für Wölfle als Bezugszeitraum bei schwankenden Märkten ausreichend, um einen angemessenen Ausgleich zyklischer oder kurzfristiger Marktschwankungen zu gewährleisten und das Schwankungsrisiko fair zwischen Mietern und Vermietern zu verteilen. Die Ausdehnung auf zehn Jahre sei ein falsches Instrument. In Märkten mit steigenden Mieten werde ergänzend zu markteigenen Dämpfungswirkungen und der noch hinzukommenden Mietpreisbremse eine weitere Verlangsamung der Preisentwicklung hervorgerufen. Wölfe verweist hierbei auf ein zweites Problem: den Zirkelschlusseffekt. Der Mietspiegel beeinflusst die künftigen Mieten und die künftigen Mieten beeinflussen den Mietspiegel. Durch diesen Zirkel fürchtet Wölfle ein nominales Einfrieren der Mieten. Investoren können dann nicht einmal einen Inflationsausgleich für ihr Investment erwarten, moniert auch der IVD. Dieser Effekt betreffe über 50 Prozent des gesamten deutschen Vermögensbestands. 
Wertverluste bis zu 30 Prozent
Inwieweit sich die Ertragswerte durch den verlängerten Bezugszeitraum verändern, hat das CRES ebenfalls berechnet. Mit Ausnahme von Duisburg liegen die Wertverluste im hohen einstelligen Prozentbereich oder sogar bei zweistelligen Werten (siehe Tabelle). Besonders hart trifft es Hannover, die im Bestand ab 1949 mit gutem Wohnwert an ein Viertel heranreichen und im Neubausegment sogar überschreiten. „Wir werden Verwerfungseffekte sehen“, so Wölfle. 
Der IVD-Präsident ist erstaunt, mit welcher Vehemenz das Justizministerium an der Mietpreisnovelle arbeitet, obwohl die Mietpreisbremse noch nicht einmal in jedem Bundesland umgesetzt ist. Er geht davon aus, dass der Referentenentwurf im ersten Halbjahr 2016 eingebracht wird und noch vor der Sommerpause ins Kabinett geht. „Wohnungsneubau ist dringend benötigt. Doch dieser wird durch das Gesetz konterkariert. Alle steuerlichen Anreize werden dadurch verpuffen“, so Schick. Seines Erachtens ist das Vorhaben des SPD-geführten Justizministeriums eher sozial-politisch getrieben. Doch dann müsse dies auch offen so genannt werden. 
Bei einigen Teilen der Bundesregierung scheint diese Erkenntnis nach Einschätzung des IVD angekommen zu sein. So plant das CDU-geführte Finanzministerium eine Sonderabschreibung zur Förderung des Mietwohnungsbaus, deren Eckdaten am Montagabend feststanden. Demnach ist die Sonderabschreibung für Baukosten von Wohnungen bei 2.000 Euro pro Quadratmeter gedeckelt. Neubauten mit Baukosten von mehr als 3.000 Euro pro Quadratmeter fallen aus der Förderung heraus. „Damit können wir leben. Die Bauindustrie bekommt das hin“, glaubt Hans-Joachim Beck, Leiter des Bereichs „Steuer“ im IVD.  In den ersten beiden Jahren sind es zehn Prozent, im dritten Jahr neun Prozent – zuzüglich zwei Prozent pro Jahr Normalabschreibung. Nach drei Jahren sind es somit insgesamt 35 Prozent. Der Restwert von 65 Prozent ist dann auf 47 Jahre zu verteilen. Das sind laut Berechnungen von Beck 1,38 Prozent (65 Prozent x 2,13 Prozent). 
Grundsätzlich begrüßt der Steuerfachmann den Vorstoß des Finanzministeriums, sieht darin jedoch nur einen halbherzigen Schritt. Denn wenn man genauer hinschaue, handle es sich nur um einen Steuerstundungseffekt. So habe man in den ersten drei Jahren zwar höhere Abschreibungen, aber ab dem vierten Jahr weniger. „Für Investoren, die die Wohnimmobilie länger halten wollen, bringt es nicht viel“, so Beck. Abschreibungen sollten nach Ablauf des Begünstigungszeitraums nicht nach dem Restwert, sondern anhand der ursprünglichen Herstellungskosten bemessen werden. Außerdem sollten seiner Ansicht nach die Normalabschreibungen für neu hergestellte Wohnungen von derzeit zwei Prozent auf mindestens drei bis vier Prozent angehoben werden. „Die zwei Prozent stammen noch aus der Nachkriegszeit, als sich die Lebensdauer nur auf den Rohbau bezog. Die Lebensdauer technischer Einrichtungen ist jedoch kürzer. Dies sollte berücksichtigt werden.“      
portfolio institutionell newsflash 03.02.2016/Kerstin Bendix
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