„Man muss versuchen, verkrustete Strukturen aufzulösen“
Mehr und mehr Lebensversicherungen verkaufen geschlossene Bestände an Run-off-Plattformen wie die Frankfurter-Leben-Gruppe. Worauf es dabei ankommt, erläutert Anlagespezialist Jens Kummer im Gespräch.
Die Frankfurter-Leben-Gruppe ist eine spezialisierte Plattform für den deutschen Lebensversicherungs- und Pensionskassenmarkt. Und eine von ganz wenigen in Deutschland aktiven Run-off-Plattformen. Was sind Ihre Aufgaben?
Ich bin innerhalb eines Teams für die strategische Allokation in liquiden und die illiquiden Assets zuständig. In meinem Berufsleben habe ich mich intensiv mit Kapitalanlagen beschäftigt. Und ich stelle immer wieder fest, dass der Kapitalanlagemarkt sehr stark segmentiert ist. Ich versuche, diese Welten kennenzulernen und zu verstehen. Zwei Punkte sind mir heute besonders wichtig: Als Endanleger setze ich alles daran, die Private Markets im Detail zu verstehen. Und ich hinterfrage mehr und mehr, warum Versicherungen so agieren, wie sie das tun.
Denken Sie dabei an etwas Bestimmtes?
Ich denke dabei an schädliches, prozyklisches Handeln und den Druck, verkaufen zu müssen, wenn die Kurse am Boden liegen. Viele fragen sich, warum Versicherungen in der Stresssituation 2002/2003 so agiert haben. Mich interessiert hier insbesondere das Zusammenspiel mit allen regulatorischen Grenzen, die gesetzt sind.
Und wo ist der Verwaltungsaufwand größer, bei Versicherungen im Run-off oder bei den Pensionskassen?
In der Kapitalanlage ist der Aufwand in etwa gleich.
Was sind die Haupttreiber Ihrer Kapitalanlagen?
Die Haupttreiber innerhalb der Versicherungsbestände sind drei Größen. Der Elefant im Porzellanladen ist der Zins. Das Zweite ist der Spread. Und das Dritte ist der Aktienmarkt.
Grundsätzlich betrachtet sind steigende Zinsen gut für Versicherungen.
Ja, langfristig ergibt sich durch die verbesserte Wiederanlage ein positiver Effekt. Kurzfristig sinken durch den Marktrückgang jedoch die stillen Reserven. Wir haben allerdings eine gute Asset-Allokation konzipiert und richten unseren Fokus auf Privatmärkte. Sie sind in der jetzigen Marktphase äußerst hilfreich. Hier sind wir im Verhältnis zu allen anderen Marktteilnehmern wesentlich stärker exponiert. Das ist unser Pluspunkt, darin unterscheiden wir uns.
Der Verkauf von Versicherungsbeständen ist eine Folge der niedrigen Zinsen. Halten Sie es für möglich, dass Versicherungskonzerne aufgrund der steigenden Zinsen künftig weniger bereits sind, geschlossene Bestände an Run-off-Plattformen zu verkaufen?
Das erwarte ich eher nicht. Denn unter den zahlreichen Versicherungsgesellschaften in der Bundesrepublik gibt es einige, die sich neu erfinden müssen. Sie müssen sich neuen Freiraum verschaffen. Und warum sollten nicht auch weiterhin Bestände, die für Neuzugänge ohnehin geschlossen sind, an uns zentral übergeben werden?
Häufig genannte Argumente für Verkäufer sind Vereinfachung der Organisationsstruktur mit weniger Kosten und die Fokussierung auf profitables Neugeschäft. Warum sollte ein Versicherungskonzern geschlossene Bestände an die Frankfurter-Leben-Gruppe geben?
Wir haben nicht nur großes Interesse daran, die Bestände abzuwickeln, sondern wir wollen auch wachsen. Die Bestandsübertragung geschlossener Bestände belebt den gesamten Markt. Man muss versuchen, verkrustete Strukturen aufzulösen. Hier bieten Run-off-Plattformen eine gute Möglichkeit. Verkäufer können sich auf Themen konzentrieren, die neue Wachstumsmöglichkeiten eröffnen.
Das vollständige Interview mit Jens Kummer lesen Sie in der Oktober-Ausgabe von portfolio institutionell. Und hier gelangen Sie direkt zu dem Interview.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Alternative Anlagen | Investoreninterview | Versicherer
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