Leitzinssenkungen hellen Venture-Capital-Stimmung auf
Im dritten Quartal 2024 flossen 2,5 Milliarden Euro in deutsche Start-ups. Das waren 50 Prozent mehr als im Vorjahresturnus.
Deutsche und internationale Geldgeber haben im dritten Quartal 2024 erstmals seit mehr als einem Jahr wieder mehr als zwei Milliarden Euro in deutsche Start-ups investiert. Das Volumen lag nach Angaben der Förderbank KfW bei 2,5 Milliarden Euro, ein Plus von 50 Prozent zum Vorquartal – und den Angaben zufolge der höchste Wert seit dem zweiten Quartal 2022.
Auch die Zahl der Finanzierungsrunden wuchs im Vergleich zum Vorquartal deutlich um 40 Prozent auf 280, wie das KfW-Venture-Capital-Dashboards zeigt. Insgesamt zählte die Förderbank in den ersten drei Quartalen 885 Transaktionen, bei denen Investoren Wagniskapital (Venture Capital) in Start-ups gaben. Damit ist die Zahl der Deals im Vergleich zu den ersten drei Quartalen 2023 mit damals 922 zwar nicht erreicht worden. Das Gesamtvolumen liegt jedoch dieses Jahr leicht über dem Vergleichszeitraum (Abbildung 1). Besonders Investoren aus den USA interessierten sich im dritten Quartal 2024 für deutsche Start-ups, gefolgt von deutschen Investoren, wie die KfW mitteilte.
Abbildung 1: Anzahl der Deals und das Dealvolumen
Gesundheit und Energy ziehen Investoren an
Mit insgesamt 42 abgeschlossenen Finanzierungsrunden machten Start-ups des Industriezweigs Health im dritten Quartal 2024 den größten Anteil an Deals im deutschen VC-Markt aus. Diesem Industriezweig gehören junge Unternehmen aus dem Bereich Life-Science an, die digitale Gesundheitsanwendungen und neue Medikamente entwickeln und im Bereich Biotechnologie an Innovationen mit lebenden Organismen arbeiten. Zweitwichtigste Industrie war mit 35 Deals und einem Marktanteil von 13 Prozent der Bereich Energy. Hier sind Start-ups zu verorten, die an einer nachhaltigen und effizienteren Energiegewinnung arbeiten sowie an Lösungen für Recycling und Abfallbehandlung.
Abbildung 2: Anteil Deals je Industrie (in Prozent)
KfW richtet den Fokus auf Artificial Intelligence
Start-ups, die im Technologiebereich Artificial Intelligence (AI) aktiv sind, haben im dritten Quartal 2024 in 43 Finanzierungsrunden 924 Millionen Euro eingeworben. Im Vergleich zum bereits volumenstarken zweiten Quartal (Abbildung 3) hat der Marktbereich AI gemessen am Dealvolumen somit nochmals zugelegt, wie die KfW hervorhebt. Einen maßgeblichen Beitrag zum Dealvolumen von AI-Start-ups im Q3 2024 habe eine Megarunde im Scale-up Bereich (Series C) des AI-Sicherheits- und Verteidigungsunternehmens Helsing über 450 Millionen Euro geleistet.
Abbildung 3: Anzahl Deals und Dealvolumen
„Der deutsche VC-Markt sendet zu Beginn der zweiten Jahreshälfte ein positives Signal und macht Hoffnung auf einen starken Jahresabschluss im kommenden Quartal“, sagte Dr. Steffen Viete, Experte für Venture Capital bei KfW Research. „Zwar sollte ein freundlicher VC-Sommer in Deutschland noch nicht überbewertet werden. Mit weiteren Leitzinssenkungen durch die EZB und dem sehr deutlichen Einstieg der Fed in den Zinssenkungszyklus in den USA im September hat sich das VC-Marktumfeld jedoch deutlich verbessert.“
Der deutsche VC-Markt war im Vergleich zu den wichtigen Vergleichsmärkten USA, Frankreich und Großbritannien der einzige, der im dritten Quartal das Transaktionsvolumen zum Vorquartal steigern konnte. „In absoluten Zahlen hinkt der deutsche VC-Markt im internationalen Vergleich aber weiterhin hinterher“, heißt es bei der KfW. So standen dem deutschen Dealvolumen von umgerechnet 2.761 Millionen US-Dollar im dritten Quartal 2024 1.662 Millionen US-Dollar in Frankreich, 3.065 Millionen US-Dollar im Vereinigten Königreich und 40.174 Millionen US-Dollar in den USA gegenüber.
Institutionelle Investoren und Geld vom Bund
Wagniskapital beziehungsweise Venture Capital gewinnt unter deutschen Großanlegern an Bedeutung. Im vergangenen Jahr kündigte die Gothaer an, 100 Millionen Euro in die Asset-Klasse zu investieren. Auch andere Investoren und Banken wollen jungen Unternehmen zusätzliches Wagniskapital zu Verfügung stellen. Am 17. September 2024 haben Olaf Scholz, Christian Lindner, Robert Habeck sowie Unternehmen und Verbände in Berlin eine gemeinsame Absichtserklärung zur sogenannten Win-Initiative unterzeichnet. Zu den Geldgebern gehören unter anderem die Allianz, Axa Deutschland, die Barmenia-Gothaer, die Bayerische Versorgungskammer und die Debeka.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Venture Capital
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