Lebensversicherer verfeinern Asset-Liability-Management
Eine angemessene Steuerung von Kapitalanlagen, Überschüssen, Reserven und Ausschüttungen erfordert ein ausgeklügeltes ALM. LV haben im Niedrigzinsumfeld ihre Prozesse verbessert. Mittelfristig sieht Assekurata keine Gefahr einer möglichen Nicht-Bedienung der Garantien. Ähnlich schätzt Bafin-Direktor Felix Hufeld die Lage ein.
„Die Modelle zur Abbildung zukünftiger Zahlungsströme sind deutlich verfeinert worden“, sagt Tobias Vollmer, Senior-Analyst und Fachkoordinator Bonitätsrating der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur. Dazu habe auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) mit ihrem Rundschreiben 04/2011 (VA) beigetragen, in dem die Anforderungen an den Asset-Liability-Management-Prozess (ALM-Prozess) konkretisiert wurden.
Assekurata beobachtet, dass die technische Umsetzung innerhalb eines ALM-Systems und auch die Portfolioausrichtung bei den einzelnen Anbietern jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Insgesamt lassen sich bei den von Assekurata gerateten Unternehmen „mittelfristig keinerlei Gefahren einer möglichen Nicht-Bedienung der Garantien erkennen“, beruhigt Vollmer. Diese Einschätzung teilt auch Felix Hufeld, Exekutivdirektor bei der Bafin. In einem Interview mit dem Bafin-Journal im April wies er auf Ergebnisse von Stresstests und Prognoserechnungen hin, die verdeutlichen würde, dass „die deutschen Lebensversicherer ihre Leistungsversprechen kurz- bis mittelfristig werden erfüllen können. Sie erwirtschaften mit ihren Kapitalanlagen nach wie vor ausreichend hohe Renditen.“ Zugleich räumt Hufeld aber ein, dass das anhaltende Niedrigzinsumfeld „eine große Herausforderung, allen voran für Lebensversicherer“ ist.
Kritisch zeigt sich der Bafin-Mann in dem Interview hinsichtlich des Themas „Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren. Hier sieht er noch Anpassungsbedarf. Obwohl Bundestag und Bundesrat dieses Thema vorerst auf Eis gelegt haben, ist Hufeld zuversichtlich, dass „man sich in nicht allzu ferner Zukunft erneut damit befassen wird.“
Auch Assekurata sieht die aktuelle Regelung zur Beteiligung ausscheidender Kunden an den Bewertungsreserven kritisch, da diese dem ALM-Gedanken zuwiderläuft. Das Ratinghaus spricht sogar von „Mismatch zwischen Aktiv- und Passivseite“. Das heißt: Das Auszahlungsprofil für Ablaufleistungen entspricht nicht dem Zahlungsprofil der Kapitalanlagen. Probleme, Aktiv- und Passivseite zu matchen, bereiten vor allem das Fehlen hinreichend langer Laufzeiten bei Anleihen und die Optionen der Kunden auf der Passivseite, etwa Dynamiken oder Nachversicherungsgarantien. Selbst wenn ein Versicherer ein Anleiheportfolio mit der gleichen Duration wie diejenige der Passivseite hielte, sorgt die höhere Konvexität der Passivseite bei Zinsänderungen für ein Mismatch.
In der Realität sollte der Barwert des gesamten Anleiheportfolios höher sein als die Verpflichtungen, zumindest solange der aktuell erzielte Zins oberhalb des durchschnittlichen garantierten Zinses liegt. Die niedrigen Marktzinsen lassen zwar den Barwert des Anleiheportfolios steigen, jedoch steigt der Wert der Passivseite in stärkerem Maße, betont Vollmer. „Das Duration-Gap von Aktiv- und Passivseite verschärft die Problematik, da die Versicherer spätestens seit 2012 Anlagen zu deutlich weniger als vier Prozent tätigen und zudem die Durationslücke mit hohen Eigenmitteln unterlegen müssen“, so der Assekurata-Mann.
Laut Assekurata sind die Versicherer sehr unterschiedlich auf die jetzige Situation vorbereitet. Einige Gesellschaften haben, soweit es geht, in ultralange Laufzeiten investiert, um das Duration-Gap zu vermindern. Wenige Anbieter haben kurzfristiger investiert und spekulieren damit auf steigende Zinsen, „konterkarieren damit aber jegliches ALM-Denken“, so Vollmer. Letztere dürften zusätzliche Probleme bekommen, wenn zum womöglich selbst forcierten Mismatch noch weitere Faktoren wie bankenähnliches Einmalbeitragsgeschäft, viele auslaufende Verträge mit Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere und die Finanzierung der Zinszusatzreserve hinzukommen.
portfolio institutionell newsflash 08.04.2013/dpo-kbe
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