Banken
9. November 2012

Kreditwirtschaft mit der Assekuranz im Verein

Der unternehmerische Weitblick privater Banken führte im 19. Jahrhundert zur Gründung zahlreicher Versicherungsgesellschaften. Ein ­anschauliches Exempel liefert das Bankhaus Sal. Oppenheim in Köln, das an der Gründung der Colonia Kölnische Feuerversicherung beteiligt war.

_Frau Teichmann, Sal. Oppenheim war an der Gründung mehrerer Versicherungsgesellschaften beteiligt. Warum?
Für das Bankhaus Sal. Oppenheim war die Tatsache ausschlaggebend, dass Versicherungen Kapitalsammelstellen sind und nach Anlagemöglichkeiten für ihr Kapital suchen. Eine Bank muss sich refinanzieren; da ­Oppenheim als reine Familiengesellschaft nie an der Börse war, musste die Bank andere Wege finden. Die von ihr mitgegründeten ­Gesellschaften, zum Beispiel die im Jahre 1839 ins Leben gerufene Colonia Kölnische Feuerversicherung oder die 1853 gegründete Kölnische Hagelversicherung, schützten vor Kernrisiken des damaligen Lebens. Insbesondere die Hagelversicherung war überlebenswichtig in der noch sehr agrarisch geprägten Gesellschaft. Das Bankhaus Oppenheim ­bildet ein frühes und besonders gutes ­Beispiel dafür, dass Banken nicht mehr nur ­Kreditgeber aus dem Eigenkapital heraus ­waren, sondern auch Kreditvermittler.

_Wo liegt eigentlich die Schnittstelle zwischen Banken und Versicherungen?
Bei Sal. Oppenheim bestand eine Schnittstelle zunächst einmal im Aktienbesitz. Hier gab es historisch immer wieder Veränderungen in der Intensität. Seinen Höhepunkt ­erreichte das Engagement der Bank im ­Versicherungswesen von 1969 bis 1989, als unser Haus als Mehrheitsaktionär des ­Colonia-Versicherungskonzerns fungierte. Eine ­zweite Schnittstelle war die Repräsentation im Aufsichtsrat. Hier ergab sich eine ­bemerkenswerte Kontinuität. Oppenheim-Bankiers ­waren beispielsweise mehr als 150 Jahre lang lückenlos im Aufsichtsrat der ­Colonia ­vertreten, häufig als Vorsitzende. Erst mit der Übernahme der Versicherung durch die Axa löste sich diese enge Verbindung.

_Welche Emittenten haben im 19. Jahr­hundert den Markt dominiert?
Die öffentliche Hand spielte auf jeden Fall  die Hauptrolle – inklusive der Kriegs­anleihen. Denn diese Investments galten als risiko­arm. Zwar konnten auch Staaten oder Städte ­ruiniert werden, aber in Mitteleuropa war die Wahrscheinlichkeit gering. Als weitaus ­riskanter galten die Investments in ­Unternehmen. Sie finanzierten sich im ­Wesentlichen durch Aktien und Anleihen. Da ­deutsche Investoren die als wenig riskant einge­schätzte Investition in Immobilien ­vorzogen, mussten sich zahlreiche Unternehmen über ausländische Märkte Kapital ­beschaffen. Im Fall des Bankhauses ­Oppenheim und seiner zahlreichen ­Gründungen geschah dies am Pariser Kapitalmarkt. ­Eisenbahngesellschaften, Schifffahrtsunternehmen, Unternehmen der Schwerindustrie und so weiter haben ­natürlich Aktien und häufig auch Anleihen ausgegeben.

_Welche Emittenten galten zu jener Zeit als bonitätsstark?
Der Staat stand damals an der Spitze der Bonitätsskala. Staatspapiere waren daher bis weit ins 19. Jahrhundert hinein die bevor­zugte Form der Geldanlage. Eisenbahnaktien bildeten aber seit Ende der 1830er Jahre eine wichtige Konkurrenz, da sie vielfältiger und gewinnbringender waren. Die Kapitalanlage in Industrieunternehmen galt im Vergleich dazu als weitaus riskanter für den Kapital­geber. Das liegt zum großen Teil am ­zunehmenden Einsatz komplexer Techno­logien in der Industrie, deren Leistungsfähigkeit und Störanfälligkeit der Finanzfachmann allein natürlich nicht überblicken kann. Das Bankhaus Oppenheim kam wegen eines ­solchen Problems am Ende des 19. Jahrhunderts übrigens der Insolvenz gefährlich nahe.

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