Pension Management
16. April 2018

Kreditversicherer sieht erhöhte finanzielle Belastung für Betriebsrenten

In der Niedrigzinsphase stellen Direktzusagen für Betriebsrenten für Mittelständler eine erhöhte finanzielle Belastung dar. Laut einer Untersuchung könnten die höheren Pensionsrückstellungen entscheidender Faktor für Zahlungsausfall sein.

In der anhaltenden Niedrigzinsphase stellen die Direktzusagen für Betriebsrenten vor allem für mittelständische Unternehmen in Deutschland eine erhöhte finanzielle Belastung dar. Das geht aus einer Analyse des international tätigen Kreditversicherers Atradius hervor, für die das Unternehmen 22.000 deutsche Abnehmer seiner Kunden analysiert hat. Bei Abnehmern, die sich bereits in einer schwierigen Lage befinden, könnten die höheren Pensionsrückstellungen laut Atradius ein entscheidender Faktor für einen Zahlungsausfall sein.
In der Analyse geht Atradius auf Betriebsrenten auf der Basis von Direktzusagen ein. Dabei bildet das Unternehmen selbst die entsprechenden Rücklagen für die Altersvorsorge seiner Mitarbeiter und legt sie an den Kapitalmärkten an. „Dieses Modell hat in der Vergangenheit gut funktioniert, in den zurückliegenden Jahren jedoch sind die Zinsen deutlich gefallen. Viele Firmen sehen sich deshalb mittlerweile einem deutlich niedrigeren Rechnungszinssatz ausgesetzt und müssen höhere Rückstellungen bilden, um ihre zukünftig fälligen Zahlungsverpflichtungen vollständig erfüllen zu können“, sagt Michael Karrenberg, Regional Director Risk Services Germany, Central, North, East Europe & Russia/CIS von Atradius. „Durch die niedrigen Rechnungszinsen verringern sich nicht nur die Erträge auf das Deckungsvermögen, sondern die betroffenen Unternehmen müssen die Finanzierungslücke mit anderen Mitteln ausgleichen. In einzelnen Fällen kann dadurch auch das Forderungsrisiko steigen.“
Mittelstand besonders betroffen 
Von der Problematik sind vor allem mittelständische Firmen betroffen, da diese den Rechnungszinssatz nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) anwenden. Dieser reagiert deutlich zeitverzögert auf steigende Zinsen, so dass auch in den kommenden Jahren noch Zusatzmittel der Unternehmen in die Bilanzen eingestellt werden müssen. Wie hoch die zusätzliche Belastung ist, hängt außerdem von der durchschnittlichen Höhe der Gehälter in einem Unternehmen und der durchschnittlichen Zugehörigkeit der Belegschaft der Unternehmen ab.
Gemäß der Analyse von Atradius sind Unternehmen aus der Finanz-, Elektro- und Lebensmittelbranche im Durchschnitt am stärksten betroffen. Hier ist der Anteil der Pensionsrückstellungen an der Bilanzsumme verhältnismäßig hoch. Innerhalb einzelner Branchen zeigen sich jedoch zum Teil auch große Unterschiede. „Große Konzerne trifft die Entwicklung bei ihren Vorsorgeversprechen meistens nicht so hart, unter anderem, weil sie in der Regel über genügend finanzielle Reserven und einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt verfügen“, erläutert Michael Karrenberg.
Atradius weist auf das Risiko hin, dass bei Abnehmern auch die Finanzierungskosten bei der Aufnahme von Krediten aufgrund der schlechteren Eigenkapitalquote steigen könnte. Notwendige Investitionen könnten dadurch verhindert werden, was sich langfristig gegebenenfalls auf die Zukunftsfähigkeit eines Abnehmers auswirkt. „Wir werden die weitere Zinsentwicklung sehr genau beobachten und auch die betroffenen Branchen im Blick behalten. Ein insgesamt gesundes Unternehmen wird nicht allein aufgrund seiner Pensionsrückstellungen zu einem Risikoabnehmer. Allerdings empfehlen wir auch unseren Kunden, sich ihre Abnehmer gut anzuschauen und sich darüber zu informieren, ob und zu welchem Zeitpunkt es zu einer größeren Auszahlung kommt, da dies die Zahlungsfähigkeit massiv beeinträchtigen kann“, sagt Michael Karrenberg. Atradius bewertet das Forderungsrisiko bei jedem Unternehmen individuell. Zusätzlich werden Unternehmen mit einem hohen Anteil der Pensionsrückstellungen an der Bilanzsumme gesondert geprüft. Eine Entspannung der Situation wird sich – insbesondere für den Mittelstand – laut Atradius erst zeitverzögert einstellen, wenn sich die steigenden Zinssätze spürbar in den Rechnungszinssätzen nach dem HGB niederschlagen.
portfolio institutionell 16.04.2018, Tobias Bürger
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