Pensionsfonds
26. März 2014

„Konkrete Vorhaben bleiben im Unklaren“

Am 27. März wurde ein neuer Entwurf zur Pensionsfondsrichtlinie vorgestellt. Alfred-E. Gohdes, Chefaktuar bAV bei Towers Watson, erläuterte vorab, was es mit den seit Jahresbeginn kursierenden inoffiziellen Entwürfen auf sich hat.

In den vergangenen zwei Jahren hat die geplante Überarbeitung der Pensionsfondsrichtlinie in Deutschland bereits viel Aufsehen erregt – und für Kopfschütteln gesorgt. Erinnert sei an die erste quantitative Auswirkungsstudie für Pensionskassen und Pensionsfonds auf europäischem Boden, die vom Oktober bis Dezember 2012 durchgeführt wurde. Betroffene, wie der Verband der Firmenpensionskassen (VFPK) oder die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Aba), äußerten sich im Nachhinein durchweg kritisch.
Der von der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa) durchgeführten Studie wurde unter anderem nachgesagt, sie habe schwerwiegende handwerkliche Mängel und enthalte grobe Missverständnisse über die Funktionsweise der deutschen betrieblichen Altersversorgung. Zudem ermittelte die Studie einen nicht zu vertretenden Mehraufwand für die Unternehmen. Die hiesigen Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) weigern sich vehement gegen ein Überstülpen des für die Versicherungsbranche konzipierten Regulierungsrahmens (Solvency II) und fordern, dass auf ihre Sonderstellung Rücksicht genommen wird. 
Richtlinie wird überholt 
Die neue Pensionsfondsrichtlinie (IORP II) soll planmäßig Ende 2016 in Kraft treten. Mit dem neuen Richtlinienvorschlag will die EU-Kommission um Binnenmarktkommissar Michel Barnier unter anderem verbliebene regulatorische Barrieren für das grenzüberschreitende EbAV-Geschäft in Europa ausräumen. Darüber hinaus soll in den Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (Institutions for occupational retirement provision, kurz: IORP) ein solides Risikomanagement und eine angemessene Governance für EbAV sichergestellt werden. Nach Ansicht von Alfred-E. Gohdes ist gegen diese Ziele dem Grunde nach nichts einzuwenden; allerdings sehr wohl gegen die Vorschläge und ihre Begründungen. In einer aktuellen Towers-Watson-Publikation erläutert der Branchenkenner: „Gerade beim Thema Pensionsfondsrichtlinie haben wir aus leidvoller Erfahrung gelernt, dass die von der EU-Kommission beziehungsweise Eiopa präsentierten Vorschläge nicht immer mit ihren zuvor geäußerten Zielsetzungen übereinstimmen.“ Die Politik in den Ländern mit dem Löwenanteil an bAV-Vermögen habe in den vergangenen Jahren die Entwicklung in Brüssel aufmerksam verfolgt und auf die zum Teil „abwegigen Vorschläge der Kommission“ reagiert, so Gohdes. „Es gilt künftig, diese Aufmerksamkeit der Politik aufrecht zu erhalten.“ 
Im Hinblick auf die bisherige Entwicklung erinnert Gohdes daran, dass die EU-Kommission zunächst die Absicht hatte, alle drei Säulen der für Versicherungsunternehmen konzipierten Richtlinie Solvency II, ergänzt um zusätzliche Anforderungen, auf die EbAV zu übertragen. Nach Durchführung der eingangs erwähnten Auswirkungsstudie wurde allerdings klar, dass die Vorstellungen der Kommission in Bezug auf die erste Säule – den Eigenkapitalanforderungen – völlig unverhältnismäßig waren, wie Gohdes erläutert. Entsprechende Signale aus dem Europäischen Parlament bewogen die EU-Kommission dazu, ihre Vorstellungen zu den Eigenkapitalanforderungen zurückzuziehen und sich auf die Implementierung der Säulen zwei und drei zu konzentrieren, die neben der Governance auch die Berichtspflichten bestimmen. Weil der neue Vorschlag sich auf die Säulen zwei und drei beschränkt, bestanden laut Gohdes Hoffnungen, dass es sich um ein „Solvency II Lite“ handeln könnte.
Die Hoffnungen dürften allerdings enttäuscht werden. Es werden offenbar so viele Hintertürchen offen gehalten, dass sich „noch nicht abschätzen lässt, ob es sich bei den Regelungen um geringfügige oder gravierende Änderungen handelt.“ Diese Sachlage dürfte bei den betroffenen Einrichtungen und ihren Verbänden auf großes Interesse stoßen. Gohdes erwartet, dass der IORP-Richtlinienentwurf in vielen wichtigen Aspekten der Säulen zwei und drei „unbestimmt“ sein wird. Dadurch bleiben konkrete Vorhaben im Unklaren, moniert der Fachmann und betont: „Sie bleiben damit einer künftigen Ausgestaltung allein durch Eiopa vorbehalten – weitgehend außerhalb der politischen Einflussnahme.“ 
Was die Governance-Regeln betrifft, rechnet der bAV-Experte damit, dass diese vornehmlich aus Solvency II abgeleitet werden. Bis auf die noch nicht spezifizierten Standards für eine eigene Risikobewertung, der sogenannten Risk Evaluation for Pensions, seien keine grundsätzlich neuen Anforderungen für deutsche EbAV vorgesehen. Problematisch sei, dass die vorgesehenen Regelungen in der Umsetzung dennoch sehr teuer werden könnten. Die gleiche Kritik richtet Gohdes auch an die Regelungen zu den Informationspflichten: Auch hier erscheine das Kosten-Nutzenverhältnis der Vorschläge fragwürdig. 
KZVK/VKPB geht voraus
In Dortmund bei den kirchlichen Versorgungskassen KZVK und VKPB bereitet man sich bereits auf die anstehenden Veränderungen vor, auch wenn diese im Detail noch nicht feststehen. Im Interview mit portfolio institutionell machte Dr. Peter-Henrik Blum-Barth klar, dass er die Vorschriften zur Eigenkapitalhinterlegung aus Solvency II für Altersvorsorgeeinrichtung als unpassend ansieht, in Sachen Transparenz jedoch keine Abstriche macht: „Auch wir werden von zusätzlichen Reporting-Anforderungen erfasst. Auf der Anbieterseite wird diese Differenzierung nicht gemacht. Wenn Versorgungskassen oder Pensionskassen bereit sind, in volatilere Anlagen zu investieren, weil sie zu ihrem Risikoprofil passen, können sie diese Volatilität auf der Aktivseite ertragen. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich nicht vergleichbar hohe Transparenz- und Reporting-Anforderungen wie Versicherungen unter Solvency II verlange.“ Blum-Barth genügt es nicht, einmal pro Jahr die Bilanzierung vorzunehmen: „Ich glaube, in diesem Punkt unterscheiden sich Versicherungen von Versorgungswerken nicht. Auch wir werden in den nächsten Jahren exponentiell wachsende Reporting-Anforderungen erfüllen müssen, die sich bei Solvency II aus den Säulen zwei und drei ergeben.“ (Lesen Sie das vollständige Interview in der März-Ausgabe, erschienen am 21.03.2014) 
portfolio institutionell newsflash 26.03.2014/Tobias Bürger und Kerstin Bendix
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