Kommissionspräsident
Sonneborn for President
Ursula von der Leyen personifiziert perfekt den Schwarzen Schwan der Woche. Dass von der Leyen als Kommissionspräsidenten ausgeguckt wurde, war für das auf die im Europawahlkampf angetretenen Spitzenkandidaten fixierte breite Publikum ein höchst unwahrscheinliches Ereignis. Dies obwohl von der Leyens Qualifikation für das europäische Spitzenamt außer Frage steht. Schließlich ist sie in Brüssel geboren, spricht sowohl Englisch als auch Französisch und ist eine überzeugte Europäerin.
Für den ehemaligen Präsidenten des Europaparlaments, Martin Schulz, scheint diese Nominierung jedoch eher schwarzer Humor zu sein: „Ursula von der Leyen ist die schwächste Ministerin der Bundesregierung“, so Schulz zum Spiegel. Echt fies und gemein, der Schulz. Und das weil die Dea ex Machina aus dem Leyen-Theater das Bundesverteidigungsministerium als riesige Baustelle verlässt? Nur weil die Sanierung eines Segelschiffes statt zehn Millionen Euro etwa das Zehnfache kosten wird? Nur weil die Berliner Morgenpost schreibt, dass sich die neun zentralen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr um 12,4 Milliarden Euro oder um fast 20 Prozent verteuert haben? Wenn das ein Problem sein soll, dann spricht umso mehr dafür, von der Leyen nach oben wegzuloben.
Immerhin hat sich von der Leyen um die Beraterbranche verdient gemacht. Das Wehrressort soll bis zu 150 Millionen Euro jährlich an Berater bezahlt haben – und die Mandate etwas unorthodox vergeben haben. Der Rechnungshof berichtet nach Spiegel-Informationen in einem zusätzlichen Gutachten über freihändige Vergaben, fehlende Checks und obskure Aufträge.
Wenn Sie nach der Entscheidung für von der Leyen einen lauten Knall gehört haben, war es wahrscheinlich der von Sektkorken bei KPMG und McKinsey. Dort freut man sich bereits auf weitere lukrative Aufträge der aktuellen Bundeswehrchefin, die diesmal von ganz oben vergeben werden. Was es wohl diesmal wird? Ein Beratungsauftrag, um die Wirtschaftlichkeit des ständigen Umzugs des Parlaments zwischen Brüssel und Straßburg zu prüfen? Intern scheinen die EU-Institutionen mit den Berechnungen überfordert. Auch die „Fachexpertise in der Möbeltechnik“ (Rechnungshof), welche schon bei Bundeswehrkasernen ebenso erfolgreich wie kostspielig eingesetzt wurde, ließe sich sicher bei der Einrichtung von von der Leyens Büro in Brüssel wieder gebrauchen.
EILMELDUNG: portfolio institutionell unterstützt Martin Sonneborn!
Da kommt einem die Kandidatur von der Leyens dann doch wie Realsatire vor. Unter humoristischen Aspekten gäbe es jedoch einen noch geeigneteren Kandidaten und eine noch perfektere Personifizierung des Schwarzen Schwans der Woche: den EU-Parlamentarier Martin Sonneborn. Der GröVaZ (Größter Vorsitzender aller Zeiten) der Partei Die Partei käme den Steuerzahler wahrscheinlich auch günstiger als von der Leyen. Dem „Handelsblatt“ sagte er: „Die EU kostet im Jahr 135 Milliarden Euro. Da ist die eine Milliarde, die ich in Brüssel einstecke, gut investiert.“ Für Sonneborn spricht auch, dass er den Politikbetrieb schon vor zehn Jahren durchschaut hat. Der Zeit sagte er damals: „Politik besteht heute nicht mehr darin, Inhalte zu vertreten, es kommt nur drauf an, notfalls im Minutentakt seine Positionen zu wechseln und dabei noch irgendwie sympathisch rüberzukommen.“ Außerdem kann Sonneborn auch Großprojekte. Man erinnere sich an die erfolgreiche Bestechung von ehrenwerten Mitgliedern der Fifa-Familie mit Schwarzwälder Schinken und Kuckucksuhren, damit diese bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 für Deutschland stimmen.
Eines spricht jedoch – noch – gegen die Kandidatur Sonneborns. Laut Der Standard hat Politikfuchs Sonneborn mit seinem Parteifreund Nico Semsrott per „Schere-Stein-Papier-Spiel“ nämlich schon ausgeknobelt, dass Semsrott Kommissionspräsident und Sonneborn Parlamentspräsident wird. Europa kann sich jedoch noch Hoffnung machen: Bei seinem Einzug ins Europaparlament kündete Sonneborn nämlich eine Rotation an: „Wir werden versuchen, monatlich zurückzutreten, um 60 Parteimitglieder durchzuschleusen durch das EU-Parlament. Das heißt, dass jedes dieser Mitglieder einmal für 33 000 Euro im Monat sich Brüssel anschauen kann und dann zurücktritt und noch sechs Monate lang Übergangsgelder bezieht. Wir melken also die EU wie ein kleiner südeuropäischer Staat.“ Der Vorteil einer Rotation wäre zumindest, dass das Postengeschachere in Hinterzimmern obsolet wird.
Ein sonniges Wochenende wünscht Ihnen portfolio institutionell!
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