Klima wandelt Portfolios
Bereits mittelfristig haben Klimarisiken starke, materielle Auswirkungen auf Rendite und Risiko und sind somit Teil der treuhänderischen Pflichten. Kurzfristig stehen Investoren vor dem Problem, geeignete Anlagen zu finden. Schon ab 2025 können jedoch nur diejenigen Investoren mit auskömmlichen Renditen rechnen, die bereits jetzt Klimarisiken in ihren Investitionsentscheidungen berücksichtigen und sich auf die anstehende Transformation vorbereiten.
In fünf Schritten zum Erfolg
Folgt man Nathan Fabian von PRI, so steht Investoren, die Klimarisiken nicht in Betracht ziehen, einiges an Ungemach ins Haus. Doch umgekehrt bieten sich auch Opportunitäten. „Das nächste Google oder Amazon ist womöglich eine Firma, die Umweltdienstleistungen erbringt“, wagt Fabian einen Blick in die Zukunft. Dabei denkt er an die massiven Bewertungen von Tesla, aber auch von Unternehmen, die veganen Fleischersatz auf Proteinbasis herstellen. So hat der Börsengang von Beyond Meat, dem Marktführer dieses Segmentes, für Furore gesorgt. Auch deshalb sagt Oliver Oehri, Gründer und Geschäftsführer von CSSP: „Nachhaltigkeit ist für mich ein Investmentstil mit starkem Fokus auf ESG.“ CO₂-arme Investitionen sind für ihn auch ein Mittel, langfristige Trends zu identifizieren und an ihnen teilzuhaben. Als solches gehe es darum, Optimierungsprobleme zu lösen, nicht Extremlösungen umzusetzen.
Für Investoren, die sich dem Thema annehmen wollen, hat Silke Stremlau von den Hannoverschen Kassen fünf Punkte parat, entlang derer sich Investoren bewegen können. Beginnen tut dies mit einem kritischen Blick auf das Portfolio. Als Referenzpunkt schlägt sie hierbei das Pariser Klimaabkommen und die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs) vor. Als zweiten Schritt hält sie es für wichtig, diese Punkte mit einer guten Ratingagentur im Einzelnen zu besprechen. Die Ratingagentur der Hannoverschen Kassen, die Imug, dient diesen nicht nur als Datenlieferant, sondern auch als Sparringspartner. Drittens muss das Thema intern verankert werden. Stärken und Schwächen des Portfolios müssen identifiziert werden, dabei sollten alle Mitarbeiter mitgenommen werden, gegebenenfalls könne ein Backing durch den Aufsichtsrat hilfreich sein. Viertens kann eine Mitgliederbefragung helfen, um Klarheit über Anlagepräferenzen der Mitglieder zu erlangen. Fünftens rät sie zum Austausch in Netzwerken, auch bilaterale Partnerschaften mit ähnlichen Investoren können weiterhelfen. „Bei unseren knappen internen Ressourcen können wir das Rad nicht neu erfinden. Das ist aber auch nicht nötig.“
Denn bei der Implementierung lässt sich inzwischen auf die Erfahrungswerte einiger Vorreiter und spezialisierter Anbieter zurückgreifen. Die zentrale strategische Entscheidung, welche für Oehri vom CSSP die Wahl einer Benchmark mit Zwei-Grad-Zielpfad ist, muss jedoch jeder Investor alleine treffen. Mit Hilfe dessen lässt sich dieses Anlageziel auch bei der Mandatierung verbindlich festhalten. „Davor schrecken aber bisher noch viele zurück.“ Als Gründe nennt er die Angst, dass sich das Universum drastisch verkleinert. Zudem gibt es hier keine Erfahrungswerte, was die Unsicherheit vergrößert. Denn diese liegen bei vielen Indizes erst für die letzten ein bis zwei Jahre vor, für die Zeit davor gibt es lediglich Back-Testing. In der Praxis beobachtet er deshalb oftmals ein schrittweises Vorgehen, welches bei der bisherigen Mainstream-Benchmark ansetzt und über den Zwischenschritt einer bereinigten Benchmark (zum Beispiel einem MSCI Low Carbon Index) hin zu einer Benchmark mit Zwei-Grad-Ziel fortschreitet. Somit lässt sich auf jeder Stufe das Portfolio hinsichtlich CO₂-Exposure im Vergleich zur Benchmark optimieren.
Erst Stellschrauben identifizieren, dann veröffentlichen
Neben dem Risikomanagement kann ESG auch in der Außendarstellung helfen. Aus seiner Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit Schweizer Pensionskassen kann Oehri berichten, dass diese oft erst ein internes Screening machen, Stellschrauben identifizieren, interne Veränderungen anstoßen und dann die – nun deutlich verbesserten Werte des Portfolios – kommunizieren. „Aktuell ist die Veröffentlichung eines Portfolioscreenings, was beispielsweise die Luzerner Pensionskasse, die VBV Vorsorgekasse und die APK Vorsorgekasse nun mittels Yoursri machen, noch Unique Selling Point. Als Vorreiter können sie sich Zeit nehmen, ihr Portfolio hinsichtlich ESG zu optimieren. In ein paar Jahren, wenn keine Pensionskasse mehr um eine Veröffentlichung herumkommen wird, wird das anders sein“, sagt er mit Blick auf den gewachsenen regulatorischen Druck. „Niemand wird nichts machen“, sagt auch Melanie Kühlborn-Ebach, Geschäftsführerin von LMM Investment Controlling. „In Ebav II und Mifid II ist schon festgehalten, dass falls ESG-Strategien verfolgt werden, diese auch offengelegt werden müssen. Die EU will hiermit die Pensionskassen, Altersversorger und Lebensversicherer zur Nachhaltigkeit verpflichten. Durch die Informationspflicht an den Endverbraucher über die Vorgehensweise zum Thema Nachhaltigkeit in der Vermögensanlage wächst der Druck auch von der anderen Seite. Dem können sich Ebavs und andere Altersversorger nicht entziehen. Gerade bei jüngeren Leuten gibt es eine große Nachfrage nach nachhaltigen Finanzprodukten. Offenlegen zu müssen, dass man keine ESG-Strategie verfolgt, wird einen starken Nachteil im Vertrieb mit sich bringen.“
Autoren: Tim BüttnerSchlagworte: Klimawandel | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren | Risikomanagement
In Verbindung stehende Artikel:
Schreiben Sie einen Kommentar