Pension Management
12. November 2011

Kleinstaaterei beim Teilverzicht

Die Finanzämter in den Bundesländern entscheiden uneinheitlich, wenn Gesellschafter-Geschäftsführer ihre ­Pensionszusagen aus wirtschaftlichen Gründen partiell aufgeben, obwohl es dazu bereits einen Bundesbeschluss seit dem Frühjahr gibt.

Wieder einmal lässt eine Klarstellung aus dem Bundesfinanzministerium lange auf sich warten. Viele Unternehmen und deren Berater für betriebliche Altersvorsorge warten wieder einmal auf Post aus Berlin. Genauer gesagt: auf ein Schreiben des ­Bundesfinanzministeriums. Es soll endgültig Klarheit schaffen für die ­steuerliche Bewertung eines Teilverzichts auf eine­ Pensionszusage. Eigentlich glaubten im Sommer bereits viele in der Wirtschaft, die Kuh sei inzwischen vom Eis. Mitte Mai hatten sich die ­Abteilungsleiter ­Körperschaftssteuer der Oberfinanz­direktionen der Länder und des Bundes mit dem Thema befasst. Im Anschluss ­daran brachte die Oberfinanzdirektion Hannover einen ersten Erlass, in dem die ­Ergebnisse dieser Beratung eingingen. Das erweckte den Eindruck, dass eine bundeseinheitliche Regelung besteht.

Doch während der diesjährigen bAV-Tage des Consulting-Unternehmens Febs warnte dessen Geschäftsführer, Manfred Baier, vor ­verfrühtem Optimismus. Wie die Beratungen von Unternehmen rund um den Teilverzicht von Pensionszusagen zeigen, sehe die Praxis ganz anders aus, stellte ­Baier ernüchtert fest. Die Finanzämter entscheiden nämlich sehr ­unterschiedlich. Ausgelöst wurde das Dilemma durch eine Verfügung des ­­Finanzministeriums des Landes Nordrhein-­Westfalen vor rund zwei Jahren. Damit brach das Ministerium mit der jahrzehntelangen ­Praxis, wonach der Verzicht eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers auf den erst noch zu erdienenden Teil seiner Pensionszusage keine steuerlichen Implikationen auslöst.

Solche Verzichte stehen ­immer dann auf der Tagesordnung, wenn üppige Pensionszusagen, die in florierenden Konjunkturphasen ­gemacht wurden, sich später als finanzielle Bürde herausstellen. Um das eigene Unternehmen ­bilanziell zu entlasten, üben Gesellschafter-Geschäftsführer dann ­häufig einen teilweisen Verzicht auf ihre ­Pensionszusage. Doch auf die Zusagen an die Gesellschafter-­Geschäftsführer hat der Fiskus ein besonders wachsames Auge, weil er häufig steuerlichen Gestaltungsmissbrauch wittert. Bis vor rund zwei Jahren bestand allerdings für den Teilverzicht eine relativ klare Orientierung. Doch dann hielt das Finanzministerium NRW den ­isolierten Verzicht auf künftig zu ­erdienende Pensionsansprüche für nicht mehr möglich. Stattdessen fließe dem Geschäftsführer der ­Wiederbeschaffungswert der Zusage beim Zeitpunkt des Verzichts zu und sei in vollem ­Umfang ­steuerpflichtig. Daraus entsteht das ­Kuriosum, dass der Geschäftsführer zwar kein Geld erhält, aber dennoch Steuern zahlen muss.

Die Reduzierung der Pensionsverpflichtung löst auch eine ­Werterhöhung des ­Unternehmens aus. Schließlich ist ein potenzieller Käufer bereit, einen höheren Preis dafür zu zahlen, wenn er in ­Zukunft die Pensionsleistungen nicht ­aufbringen muss. Der Fiskus ­unterstellt daher, dass der ­Gesellschafter-Geschäftsführer Arbeitslohn in Höhe des Verzichts ­erhält, diesen allerdings sofort wieder als Einlage in die GmbH ­zurückgeführt hat. Auf den fiktiven Arbeitslohn muss er aus seinem Privatvermögen Steuern zahlen, weil ein gesellschaftsrechtlich ­veranlasster Verzicht zu einer verdeckten Einlage führt. Die Körperschaftssteuer-Abteilungsleiter machten mit ihrer ­Entscheidung im Frühjahr aber beim Future-Service eine Rolle ­vorwärts und stellten de facto den Zustand vor dem Erlass des Landes NRW wieder her. Albert A. Gellrich, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft „Das Institut – betriebliche Altersversorgung + Wertkonten“ in Duisburg schildert das danach mögliche Verfahren: „GmbH- und Gesellschafter-­Geschäftsführer schließen schriftlich im Rahmen einer gesonderten Änderungsvereinbarung ein weiteres Anwachsen erst in der Zukunft noch zu erdienender Pensionsanwartschaften aus. Der sogenannte Future Service wird auf null Euro herabgesetzt. Es erfolgt somit eine Minderung auf den bereits erdienten Anspruch, auf den Past Service der Pensionsanwartschaften.“ Die Bewertung erfolgt anhand eines versicherungsmathematischen Verfahrens durch einen Vergleich der Anwartschaftsbarwerte.

Der Verzicht führt dann zwar auch zu einer verdeckten Einlage in die Kapitalgesellschaft, kann aber mit dem Wert von null angesetzt ­werden, wenn der Barwert der verbleibenden, reduzierten ­Pensionsanwartschaft mindestens den bis zum Verzichtszeitpunkt ­bereits erworbenen Ansprüchen entspricht. „Aufgrund des ­Nachzahlungsverbotes für beherrschende Gesellschafter-­Geschäftsführer ist bei dem Berechnungsverfahren auf die Zeiträume ab ­Erteilung der Pensionszusage, bei nicht beherrschenden ­Gesellschafter-Geschäftsführern auf die Gesamtdienstzeit ­abzustellen“, fügt Gellrich hinzu. Allerdings traute er bereits bei Bekanntwerden des Beschlusses der Abteilungsleiter aus den obersten ­Finanzbehörden von Bund und Ländern dem Frieden noch nicht so recht, weil ein BMF-Schreiben dazu bislang noch ausstand. Seine Befürchtungen sollten eintreten, wie die Erfahrungen der Febs GmbH und anderer Consultants zeigen.

Problematisch ist es nach Einschätzung von Baier weiterhin in Nordrhein-Westfalen. Dort klammert man sich offenkundig nach wie vor an den Erlass von vor zwei Jahren. In diesem Bundesland sei eine Reduzierung ohne verdeckte Einlage größer als null kaum ­durchzukriegen, berichtet Baier. Spitze Zungen behaupten, es liege vor allem daran, dass der Urheber der Kehrtwende im NRW-­Ministerium sein Gesicht nicht verlieren will. Besser funktioniere es dagegen, so Baier, in Baden-Württemberg und Bayern, wo inzwischen flächendeckend nach dem Bundesbeschluss verfahren werde. „In ­Baden-Württemberg, Thüringen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind inzwischen eigene Erlasse veröffentlicht worden beziehungsweise werden vormals ausgegebene wieder angewandt.“ So lange jedoch das entsprechende BMF-Schreiben nicht vorliegt, empfiehlt Albert A. Gellrich die Einholung einer verbindlichen ­Anrufungsauskunft, um Rechtssicherheit zu erlangen. Aber dafür ­besteht nach den Erfahrungen von Baier oft nicht genügend Zeit, weil zum Beispiel die Gläubiger drängen oder für die Verhandlungen mit der Bank die Bilanz aufgebessert werden muss. Gellrich ist allerdings der Meinung, dass bei einem Streit mit der Finanzverwaltung die ­Unternehmen und ihre Berater gute Karten haben. „Es gibt in Deutschland doch nur ein Steuerrecht und es kann allein verfassungsrechtlich nicht zweierlei Maß beim Teilverzicht angelegt werden.“ Trotz Streits mit der Finanzverwaltung sollte die Suche nach ­einem „intelligenten Verzicht“ nicht ins Hintertreffen geraten. So weist Baier auf ­Gestaltungsvarianten hin, die über eine pauschale prozentuale ­Kappung aller Teile der Pensionszusage hinausgehen. „Bei jüngeren beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern kann etwa der zugesagte Rentenbeginn von 65 auf 67 ­verschoben werden. Das entspricht einem Verzicht von ungefähr 17 Prozent.“ Diese Veränderung habe ­einen positiven Effekt: Sie schlage­ sich nicht in der Steuerbilanz nieder, so Baier. Bei ­beherrschenden Gesellschaftern, die Jahrgang 1962 oder jünger sind, wird schon jetzt bei der Ermittlung der Rückstellungen ein fiktives Renteneintrittsalter von 67 angesetzt. „Es ergeben sich in der Steuerbilanz also keine niedrigeren Rückstellungen.“

Ein zweiter Weg ist die Streichung der Versorgungszusagen für den BU- oder Todesfall bei vollständigem Erhalt der Altersversorgung. „Daraus ergeben sich allerdings Veränderungen in den ­Rückstellungen. Außerdem muss der Gesellschafter-Geschäftsführer entstehende ­Versorgungslücken gegebenenfalls im privaten Bereich schließen. Das BU-Risiko bleibt ja bestehen. Aber die Altersversorgung kann dann häufig komplett ausfinanziert werden, weil durch den Wegfall der BU-Absicherung ein erheblicher Betrag frei wird“, schildert ­Baier eine weitere Variante. Nach seinen Erfahrungen liefern oftmals gar nicht die bilanziellen Verbesserungen den Anlass für einen ­Teilverzicht, sondern die auftretende Lücke bei der Ausfinanzierung der ­Verpflichtungen bis zum Rentenbeginn. „Der Blick auf die aktuelle ­Bilanz ist aber genauso wichtig, auch wenn sich wegen der neuen ­Bewertungsverfahren nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz in der Handelsbilanz sofort nicht so viel ändert. In den kommenden Jahren findet wegen der deutlich geringeren Zuführungen zu den Rückstellungen dann aber schon eine spürbare Entlastung statt“, ­beschreibt er die bilanziellen Auswirkungen.

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