Strategien
26. Juni 2024

Kanadas Pensionsfonds auf Nachhaltigkeitskurs

Der größte Pensionsfondsmanager Kanadas ist Canada Pension Plan Investments. Doch der zweitgrößte, weniger bekannte Pensions­fonds des Landes, CDPQ, zeigt sich beim Thema Klimaschutz durchaus ambitionierter. So investiert der Fonds bereits zu einem großen Teil in klimafreundliche­ Unternehmen. Beide ­Dickschiffe verfolgen unterschiedliche Ansätze beim Weg in die Transformation der Wirtschaft.

Nachhaltigkeit ist in der kanadischen Pensionslandschaft ein ­großes Thema und die großen Pensionsfonds des Landes berichten ausführlich, welche Aktivitäten sie im Bereich Nachhaltigkeit und insbesondere in Sachen Net Zero unternehmen. Neben den ­Angaben in den Jahresberichten geben sie spezielle Nachhaltigkeitsberichte heraus.

Zum Hintergrund: Kanada liegt beim Volumen der dortigen ­Pension Assets im weltweiten Vergleich weit vorn. Nach der ­jüngsten Global Pension Assets Study 2024 vom Thinking Ahead ­Institute von WTW kommt der kanadische Pensionsmarkt auf ein Vermögen von insgesamt 3.105 Milliarden US-Dollar und landet damit auf Platz vier im Ranking der größten Vermögenswerte nach den USA (35.600 Milliarden US-Dollar), Japan (3.385 Milliarden US-Dollar) und UK (3.206 Milliarden US-Dollar).

Doch schaut man auf das Verhältnis von Pensionsvermögen zum Bruttoinlandsprodukt, so liegt Kanada sogar auf Platz drei, mit ­einer Abdeckung von 146,6 Prozent (!) und noch vor den USA, ­deren Pensionsanlagen „nur“ rund 132 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmachen. Ganz vorne in dieser Liste liegen die Niederlande (159 Prozent) und die Schweiz mit 150,3 Prozent. Für diesen Vergleich wurden die Pensionsvermögen und das BIP in Lokal­währung herangezogen. Verglichen mit Deutschland sind das ­riesige Summen: Deutschland kam der Studie zufolge mit rund 596 ­Milliarden US-Dollar an Pensionsvermögen im Jahr 2023 auf eine Abdeckung von gerade einmal 13,4 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts.

Das starke kanadische Pensionswesen erklärt auch die Größe der einzelnen Pensionsfonds: Hier sind die Kanadier vor allem mit zwei Pensionsfonds im Ranking der weltweit größten Asset Owner weit vorne vertreten. Der Canada Pension Plan und die Caisse de dépôt et placement du Québec ­(CDPQ) landen auf der jüngsten Liste­ der weltweit größten 100 Asset Owner (WTW Thinking Ahead Institute 2023) auf den Plätzen 14 und 19. Der ­Canada Pension Plan Investments (CPP Investments) mit Sitz in Toronto verwaltet aktuell­ umgerechnet rund 403 Milliarden Euro, sein „kleinerer“ Bruder, CDPQ mit Sitz in Montreal, managt ­umgerechnet rund 297 Milliarden Euro (Stand: Ende 2023) an ­Pensionsvermögen.

CPP Investments mit deutlich mehr Private Equity

Vergleicht man die Asset Allocation der beiden großen ­kanadischen Pensionsfonds, so fällt auf, dass CPP Investments deutlich mehr in Private Equity investiert ist. Der Anteil an der Asset Allocation liegt hier bei 33 Prozent (Stand: 31. März 2023) zu rund 18,5 Prozent bei CDPQ (Stand: 31. Dezember 2023), während CDPQ mit insgesamt 24 Prozent mehr in Infrastruktur und Immobilien investiert ist. CPP Investments hält hier insgesamt nur etwa 18 Prozent. Der Pensionsfonds aus Québec ist zudem stärker in den liquiden ­Märkten (rund 57 Prozent der Assets) unterwegs als sein Counterpart aus Toronto. Der größte Pensionsfonds Kanadas investiert an den Public Markets zu 49 Prozent. Auch hat CDPQ einen starken Home Bias: 27 Prozent seiner Assets stammen aus Kanada, bei CPP Investments sind es nur 14 Prozent. Der Fokus auf die USA als Anlageregion ist in beiden Fonds hoch (38 Prozent bei CDPQ ­respektive 36 Prozent bei CPP Investments). Nur 16 respektive 18 Prozent der Assets stammen aus Europa.

Anhand von CPP Investments und CDPQ lässt sich auch sehen, wie unterschiedlich die Wege zu einer nachhaltigen Transformation­ sein können. In Bezug auf Nachhaltigkeit berichten beide Pensionsfonds regelmäßig in eigenständigen Nachhaltigkeits­reports über die Fortschritte beim Umwelt- und Klimaschutz, dem Schutz der Biodiversität und dem Faktor Soziales sowie Governance. In Bezug auf den Klimawandel verfolgt CPP Investments zum Beispiel eine Strategie basierend auf fünf sogenannten Climate Change Principles. Diese sind erstens: Es wird in einen durch den Klimawandel bedingten Übergang der gesamten Wirtschaft investiert. Zweitens: Eine Strategie wird weiterentwickelt, wenn sich Transformationspfade abzeichnen und sich globale Standards für die ­Dekarbonisierung herausbilden. Grundsatz 3: Einfluss ­nehmen, um Werte zu schaffen und Risiken zu mindern. ­Grundsatz 4: Unterstützung eines verantwortungsvollen Übergangs auf der Grundlage eigener Investitionsüberzeugungen und eigenen ­Fachwissens, denn die Beschleunigung der globalen Energiewende erfordert ­einen ausgeklügelten, langfristigen Ansatz und keine pauschale Desinvestition. Prinzip Nr. 5: Bericht über das eigene Handeln, ­seine Auswirkungen und die Emissionen des eigenen Portfolios.

Der Pensionsfondsmanager CPP Investments setzt also vielmehr auf eine schrittweise Dekarbonisierung und einen fließenden Übergang in eine Netto-Null-Wirtschaft, denn auf Ausschlüsse. Ausdrücklich bevorzuge man eine ­verantwortliche Transition ­gegenüber dem „bloßen Divestment“, heißt es auf der Website von CPP Investments dazu. Im Report on Sustainable Investing von 2023 werden einerseits der langfristige Ansatz sowie Active Ownership und Engagements betont, andererseits werden Einblicke in die Fortschritte bei Net-Zero-Commitments gegeben. Ausgeschlossen aus dem Investmentuniversum sind lediglich Unternehmen, die die entsprechenden geltenden ­Gesetze und Verträge­ Kanadas gegen den Einsatz von Anti-­Personen-Minen und Streumunition missachten oder Unternehmen mit Sitz im Ausland, von denen ­angenommen wird, dass sie gegen diese Gesetze verstoßen würden, wenn kanadisches Recht anwendbar wäre. Ansonsten sehe CPP ­Investments von Divestments bestimmter ­Sektoren der Wirtschaft ausdrücklich ab, erklärt das Dickschiff aus Toronto.

Ganz anders geht hier CDPQ vor: Bereits in 2023 hat CDPQ seinen Ausstieg aus der Ölproduktion und dem Kohlebergbau (thermische Kohle) vollzogen, wo es in 2017 mit dem Beginn der Klimastrategie bereits begonnen hatte, hier Positionen zurückzufahren. Hier ­unterscheidet sich der Ansatz von CDPQ von dem des „großen Bruders“ CPP Investments. Das zeigt sich unter anderem darin, dass die beiden größten kanadischen Pensionsfonds, CPP Investments und ­CDPQ, durchaus sehr unterschiedliche Nachhaltigkeits­strategien fahren. Stattdessen setzt der CPP Investments als der Koloss unter den westlichen ­Pensionsfonds auf eine Reduzierung der Emissionen der von ihm gehaltenen Portfoliounternehmen. Gleichzeitig erhöht zwar CPP Investments auch den Anteil von „grünen“ und Transformations-Assets im Portfolio, der derzeit bei rund 79 Milliarden ­kanadischen Dollar liegt (umgerechnet rund 53 Milliarden Euro). Das Ziel ist eine Erhöhung auf 130 Milliarden ­kanadische Dollar im Jahr 2030. Beispiele für solche Kapitalanlagen mit niedrigem CO₂-Ausstoß liefert der Nachhaltigkeits­bericht 2023: Während ­zum ­Beispiel Investments in das nachhaltigkeits-zertifizierte Bürohochhaus RBC Waterparc Place und den Energie­anbieter Octopus ­Energy aus UK laut Nachhaltigkeitsbericht als grüne Investments ­gelten, ist das Investment in die deutsche Eon, einem der größten Energienetz- und Infrastrukturbetreiber in ­Europa als Transformations-Asset (Transition Asset) einzustufen, schreibt CPP Investments.

Auch ist CPP Investments im Rahmen seiner Real-Asset-­Allokation im großen Stil in Mautstraßen investiert: ­Investments in über 60 solcher Straßen in sieben Ländern hält der Pensionsfonds – 19 Prozent seines Real Asset Portfolios von umgerechnet über 72 Milliarden Euro. Das ist enorm. Aber sind Mautstraßen nachhaltige Investments? Im Nachhaltigkeits­bericht wird erklärt, wie der Pensionsfonds aus Toronto hierbei ­herangeht, um diese Investments klimafreundlicher zu machen: Zum ­Beispiel mit Digitalisierung, um die Verweildauer der Fahrzeuge an ­Mautstellen zu verkürzen oder mit dem Einsatz klimafreundlicherer­ Materia­lien bei der Instandhaltung der ­Straßen. Auch würden Nachhaltigkeitskriterien in Bezug auf die Betreiber hinsichtlich ­deren Unternehmenskultur und Strategie berücksichtigt. Auswirkungen des Klimawandels auf die Infrastruktur (zum Beispiel das Risiko von Überflutungen) seien außerdem ­zunehmend in den Blick zu nehmen.

Committet in der Net-Zero Asset Owner Alliance

Einen etwas anderen Ansatz als CPP Investments verfolgt ­CDPQ. Der Pensionsfondsmanager aus Québec investiert im ­Rahmen ­seiner Nachhaltigkeitsstrategie in großem Stil in Low-carbon ­Assets: Wie der Präsident und CEO von CDPQ, Charles Emond, im Vorwort zum Nachhaltigkeitsbericht 2023 ­erklärt, habe der Fonds seine in 2017 erstmals gesetzten Klimaziele in 2021 verschärft und diese zwei Jahre später nahezu erreicht – schneller als ursprünglich ­erwartet. Als Beispiel kann hier das Volumen an Low-carbon Assets gelten, das Ziel von 54 Milliarden kanadische Dollar bis 2025 wurde mit 53 Milliarden Dollar bereits 2023 fast erreicht. Zusammengenommen beliefen sich die Low-carbon und die Low-intensity ­Assets, also ­zusammengenommen Assets mit einem niedrigen CO₂-Footprint im Portfolio, bereits auf umgerechnet über 226 Milliarden Euro (330 Milliarden kanadische Dollar) und damit rund 80 Prozent (!) der ­gesamten Asset Allocation. Hierbei arbeitet CDPQ auch mit der Science Based Targets Initiative (SBTi) von CDP (ehemals Carbon Disclosure Project) zusammen. Auch im vergangenen Jahr hat man ­Assets mit niedrigem CO₂-Ausstoß erworben, zum Beispiel aus dem Sektor der Erneuerbaren Energien. Doch CDPQ ­investiert darüber hinaus auch gezielt in Branchen mit hohem CO₂-Ausstoß, um diesen in den Unternehmen dieser Sektoren schrittweise zu reduzieren. Voraussetzung für einen Einstieg in solche Unternehmen sei aber, dass diese über einen klaren ­Transformationspfad verfügten und sich selbst glaubwürdige ­Net-Zero-Ziele gesetzt haben. Außerdem hebt der Fonds neben den Klimazielen auch soziale Ziele prioritär auf seine Agenda. Insgesamt ­adressierte der Pensionsfonds dem Nachhaltigkeitsbericht 2023 ­zufolge sechs der insgesamt 17 Sustainable Development Goals, ­allen voran Gender Diversity und Climate Action. So sind 46 Prozent der Mitarbeiter Frauen und 26 Prozent gehören verschiedenen ethnischen Minderheiten an. 57 Prozent der gelisteten Unter­nehmen aus dem Portfolio verfügen über mindestens 30 Prozent Frauen im Vorstand (Board of Directors).

Die Nachhaltigkeitsstrategie von CDPQ beinhaltet auch, die Unternehmen aus der ­Region Québec in Sachen Nachhaltigkeit zu ­beraten und zu ­fördern. So ist unter dem Punkt Governance zu ­lesen, dass im ­Geschäftsjahr 2023 zehn Unternehmen aus Québec bei der Umsetzung nachhaltiger Unternehmenspraktiken unterstützt wurden. Auch Engagements und Abstimmungsergebnisse sowie Diskussionen mit Portfoliounternehmen zu ESG-Themen werden unter dem Punkt Governance gefasst. Außerdem ist CDPQ ­Mitglied der Net-Zero Asset Owner Alliance (NZAOA) – im Unterschied zu CPP ­Investments. Ein ­weiteres Klimaziel von CDPQ ist hierbei, die CO₂-Intensität des ­eigenen Portfolios bis 2030 um 60 Prozent zu verringern – auch dieses Ziel wurde 2023 bereits fast erreicht ­(minus 59 Prozent). ­Zudem hat der zweitgrößte Pensionsfonds ­Kanadas seine Dekarbonisierungs­strategie auf vier verschiedene Sektoren fokussiert: Landwirtschaft, Stromproduktion, Transport und Werkstoff-Herstellung und ­Gewinnung (Materials). CDPQ hat sich demnach verpflichtet, zehn Milliarden kanadische Dollar ­einzusetzen (Transformationsrahmen), um die Sektoren mit den höchsten Emissionen zu dekarbonisieren. Dies soll erreicht werden über Prozess­optimierung, die eine ­Reduktion der Emissionen zur Einhaltung der ­Pariser Klimaziele zum Fokus hat. Ausgehend von den Dekarbonisierungs­plänen der Unternehmen, die in den Transformationsrahmen ­einbezogen sind, schätzt CDPQ, dass das von ihm eingesetzte ­Kapital diesen Unternehmen dabei helfen kann, ihren kollektiven Fußabdruck bis 2030 um 31 Prozent und bis 2035 um 85 Prozent zu reduzieren.

Auch Beispiele für solche gezielten Dekarbonisierungs-Investments gibt es im Nachhaltigkeitsbericht von CDPQ. Alle ­Investments müssen die Kriterien entweder der SBTi oder der CBI (Climate Bonds Initiative) einhalten. So hat CDPQ eine Partnerschaft mit einer australischen Nachhaltigkeitsbank, die in staatlicher Hand ist, begonnen, der Gunn Agri Partners, die für eine Plattform Land in Australien erwerben wird, um darauf nachhaltige­ und regenerative Landwirtschaft zu betreiben. Außerdem kaufte man den australischen Energieversorger AGL Energy, den CDPQ bei seinem Transformationsplan unterstützen will, der zum Ziel hat, die Kohleverstromung mit Erneuerbaren Energien bis zum ­Juni 2035 vollständig zu ersetzen, eine Dekade früher als ­ursprünglich geplant. CDPQ erscheint in Sachen Nachhaltigkeit sehr engagiert. Auch den Faktor Soziales rückt CDPQ nun nach den großen Fortschritten beim Klimaschutz stärker in den Blick.

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