Kämmerer und Investor kommen bei Schuldscheinen zusammen
Deutsche Kommunen sehen sich gut für Kapitalmarktfinanzierungen aufgestellt. Investoren sehen dies anders.
Investoren zeigen großes Interesse an kommunalen Schuldscheinen und sehen in der konkreten Finanzlage einer deutschen Kommune kein Ausschlusskriterium, da Kommunen nach wie vor als Teil der föderalen Haftungskette wahrgenommen werden. Dies und weiteres ergibt eine von der Kommunikationsberatung IR.on AG und der IKB Deutsche Industriebank AG durchgeführte Studie zu alternativen Formen der Kommunalfinanzierung. Befragt wurden 20 Kämmerer aus der Gruppe der 150 größten deutschen Kommunen und 20 Investoren und Finanzinstitute mit einer Bilanzsumme von mindestens 300 Millionen Euro. Ziel der qualitativen Umfrage sei es, die unterschiedlichen Motive und Bedürfnisse von Kommunen und Investoren in der Kommunalfinanzierung abzugleichen.
Viele deutsche Kommungen tragen eine erhebliche Schuldenlast und haben einen deutlichen Investitionsstau, der nach Schätzungen des Deutschen Städtetages mittlerweile rund 132 Milliarden Euro beträgt. Gleichzeitig sehen sich viele Kommunen verschlechterten Finanzierungsbedingungen gegenüber. So gaben rund zwei Drittel der befragten Kämmerer an, dass sie heute von Banken weniger Angebote für Kommunaldarlehen erhalten als vor fünf Jahren. Insbesondere hoch verschuldete Kommunen sehen sich als abhängig vom Kreditmarkt und sind deshalb offen für alternative Formen der Kommunalfinanzierung.
Für die Mehrheit der Kämmerer sind dabei Schuldscheindarlehen das interessanteste alternative Finanzierungsinstrument. Wichtigste Vorteile des Schuldscheins sind für die Befragten die derzeit günstigen Konditionen, verbunden mit längeren Laufzeiten, sowie die Verbreiterung der Investorenbasis. Auch 90 Prozent der teilnehmenden Investoren haben bereits kommunale Schuldscheine gezeichnet oder können sich weitere Zeichnungen vorstellen. Als alternatives Projektfinanzierungsinstrument sind Public Private Partnerships (PPP) in den deutschen Kommunen fest etabliert. Ebenfalls potenziell geeignet für eine Projektfinanzierung hält die Mehrheit der befragten Kämmerer den Bürgerkredit. Obwohl zwei Drittel der Befragten einen Bürgerkredit aus wirtschaftlicher Perspektive für nicht attraktiv halten, könne diese Form des Crowdfunding politisch sinnvoll sein, um die Bürger in kommunale Projektvorhaben einzubinden.
Kommunalanleihen: Kämmerer scheuen Aufwand – Gemeinschaftsanleihen bevorzugt
Wie aus der Studie weiter hervorgeht, kann sich die Hälfte der befragten Kämmerer die Begebung einer Gemeinschaftsanleihe (Städteanleihe) vorstellen oder hat bereits eine solche Emission durchgeführt. Kämmerer sehen hier den Vorteil, gemeinsam ein marktgängiges Volumen zu erreichen. Große Kommunen bevorzugen dagegen Einzelanleihen. Negativ zu Buche schlägt der hohe Aufwand für die Emission von Kommunalanleihen. Die befragten Investoren aus dem Sparkassenumfeld stehen dem Instrument eher ablehnend gegenüber, während die befragten Versicherungsinstitute offen für Investitionen in Kommunalanleihen sind. Gefragt nach den wichtigsten Investitionskriterien nannten die Investoren vor allem Emissions- und Ordervolumen, Laufzeit und Rendite des Kommunalinvestments. Die konkrete Finanzlage einer deutschen Kommune ist für die Mehrheit der Investoren zwar kein Ausschlusskriterium, da Kommunen nach wie vor als Teil der föderalen Haftungskette wahrgenommen werden. Gleichzeitig findet bei dieser Asset-Klasse eine verstärkte Ausdifferenzierung der Bonität statt. Wollen Kommunen den Kapitalmarkt nutzen, fordert daher ein Teil der befragten Investoren externe Ratings zur Erleichterung der Bonitätseinschätzung.
Ratings, Reportings oder Investorenpräsentationen, wie am Kapitalmarkt üblich, werden von den Kämmerern bislang jedoch kaum bereitgestellt. In Zukunft werden sich deutsche Kommunen, so die Erwartung der Studienmacher, aber verstärkt einem „Schönheitswettbewerb“ um die besten Konditionen stellen müssen, so dass die Finanzmarktkommunikation zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil avancieren wird.
Autoren: portfolio institutionellSchlagworte: Deutschland | Fixed Income | Public-Private-Partnership (PPP)
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