Jenseits der Welt von MSCI
Nicht nur weil Real Assets in Europa und Nordamerika zunehmend knapp werden, zieht es inzwischen einige Investoren in Entwicklungs- und Schwellenländer. Durch Kooperationen mit Entwicklungsbanken ist dieser Gang – auch wegen der Übernahme von First-Loss-Tranchen seitens öffentlicher Institutionen – mitunter auch jenseits reiner Impact-Investitionen attraktiv.
Risikoübernahme durch öffentliche Institutionen
Diese Form der Risikoübernahme ist insbesondere in noch nicht so etablierten Bereichen üblich, so Ewald Stephan, Vorstand bei der Verka. Auch beim Mirova Land Degradation Neutrality Fund, in welchen unter anderem die BNP-Paribas-Versicherungstochter Cardif und kürzlich die französische Tochter der Allianz investiert hat, übernehmen Geberorganisationen die Risikotranche für Investitionen in die Agrarwirtschaft, welche zur nachhaltigen Landnutzung beitragen sollen. Michael Dittrich von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) sieht die Notwendigkeit der Übernahme von Garantien durch öffentliche Institutionen insbesondere dort, wo sich die Risiken nach Marktstandards nicht durch entsprechende Renditen rechtfertigen lassen. Die DBU investierte in Fonds Seite an Seite mit öffentlichen Partnern und geht im Rahmen ihres risikoaversen Ansatzes in die sichereren Tranchen. „Zwar sind die Renditen in den Juniortranchen sehr verlockend, allerdings trägt man dann auch das Risiko. Deshalb entscheiden wir uns in der Regel für die sicherere Variante“, so Dittrich. Mindestens die ersten 20 Prozent Verlust werden dabei übernommen, berichtet Dittrich aus ihm bekannten Projekten.
Laut Milena Bertram, Director bei Finance in Motion, schaffen diese unter dem Namen Blended Finance firmierenden Strukturierungen für Investoren einen Zugang zu einer risikoreduzierten Anlagemöglichkeit. „Durch die Tranchierung können Risikopuffer von oft 60 bis 70 Prozent dargestellt werden. Angesichts der deutlich verringerten Risiken sind die gezahlten Renditen marktkonform“, berichtet sie aus ihrer Erfahrung mit gemeinsam mit Entwicklungsbanken strukturierten Fonds. Finance in Motion fungiert beispielsweise als Advisor für den bereits 2009 mit der European Investment Bank und der KfW aufgelegten Green for Growth Funds, welcher über Finanzintermediäre und Direktfinanzierungen erneuerbare Energieprojekte und Energieeffizienzmaßnahmen in Südosteuropa, dem Nahen Osten und Nordafrika finanziert. Seit seiner Auflegung in 2009 musste der Fonds noch keinen der 110 vergebenen Kredite abschreiben.
Dies ist auch der Grund, weshalb die Übernahme der First-Loss-Tranche nicht immer seitens Investoren gewünscht ist, denn: „Durch eine Verlusttranche ändert sich auch das Risiko-Rendite-Profil, weil so weniger Risiken, aber eben auch geringere Renditen zu erreichen sind“, so Kees van de Kamp, Portfoliomanager bei NN Investment Partners (NN IP). Eine Verlusttranche sei aus diesem Grunde von Anfang an kein Thema gewesen. Auch der Renewables-Fonds der Evangelischen Bank, welcher in ein Portfolio der KfW-Tochter DEG investiert, kommt ohne First-Loss-Tranche aus. Wichtiger ist für Bernhard Graeber, Head of Real Assets bei der Tochter der Evangelischen Bank EB-SIM, dass Interessensgleichheit zwischen den Geldgebern gegeben sein muss. Dies sei bei der DEG der Fall, da es auch bei der DEG ein wirtschaftliches Interesse gebe. Die Zusammenarbeit mit der DEG schätzt er deshalb als Win-Win-Situation ein: „Wir profitieren enorm von der langjährigen Expertise der DEG. Alleine könnten wir das in diesen Ländern nicht machen.“ Für die DEG spreche insbesondere deren Track Record. Gerade im Bereich Erneuerbare Energien habe diese historisch sehr niedrige Ausfallraten.
Der 2014 aufgelegte Fonds investiert bislang ausschließlich Fremdkapital. Zwar könne der Fonds prinzipiell auch Eigenkapital investieren, jedoch habe man hier bislang keine geeigneten Projekte gefunden, welche sich im Rahmen des eher risikoaversen Ansatzes investieren ließen. Als ordentlichen Ertrag nach Kosten kann Graeber bisher vier bis 4,5 Prozent vermelden. Währungseffekte sind hier gesondert zu betrachten: Klassischerweise ist die Hälfte des Dollar-Portfolios nicht gehedged. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich in Hartwährung, zum Großteil ist der Fonds in Dollar investiert, zu einem kleinen Teil auch in Euro. Durch die variablen Kupons, welche als Spreads über dem Libor beziehungsweise Euribor bemessen werden, ist eine Absicherung gegenüber dem Zinsänderungsrisiko mit eingebaut.
Ganz ähnlich funktioniert die Zusammenarbeit zwischen NN Investment Partners und der niederländischen Entwicklungsbank FMO, allerdings liegt hier der Fokus neben Erneuerbaren auch auf der Finanzierung lokaler Banken sowie Unternehmen aus dem Agrarbereich. Die gemeinsame Idee, eine Investitionsmöglichkeit in ein Portfolio von Entwicklungsbanken zu schaffen, wurde aufgrund des konkreten Interesses des schwedischen Pensionsfonds Alecta umgesetzt, so van de Kamp. Wie der EB-Fonds wird ausschließlich in Hartwährungen investiert, wobei auch hier der Dollar-Anteil mit knapp 90 Prozent gegenüber zehn Prozent in Euro dominiert. Investiert wird auch nur in Unternehmungen, welche auf der Einkommensseite signifikante Zahlungsströme in Dollar nachweisen können. Die letztliche Entscheidung, ob der Fonds in die Projekte co-investiert, wird von NN IP und FMO Investment Management gemeinsam getroffen, wobei sich beide zum Teil auf die Analysen und die Expertise der FMO Bank stützen. „Wir durchlaufen zum Beispiel bei NN IP nicht noch einmal den kompletten Kreditprozess, da sich die Arbeit hier doppeln würde. Für uns ist es wichtiger zu prüfen, ob die FMO Bank die notwendigen Prozesse eingehalten hat, ob alle Investitionskriterien erfüllt werden und die finanzierten Projekte den Zielen der Investoren entsprechen“, sagt Kees van de Kamp.
Zwischen Mainstream und Impact
Aus Portfoliosicht bringen die finanzierten Unternehmungen gleich eine Reihe von interessanten Charakteristiken mit, so van de Kamp. So seien die dahinter stehenden Unternehmen meistens zu klein für eine Anleiheemission an den internationalen Kapitalmärkten. Damit gehen bestimmte Eigenschaften einher, welche die Einkünfte aus Loans recht gering mit EM-Bonds korrelieren lassen. Dafür spricht, dass die über Kredite finanzierten Vorhaben nicht so stark marktabhängig sind wie beispielsweise große Rohstoffunternehmen, welche üblicherweise in EM-Bonds-Portfolien überrepräsentiert schlummern. Als Zielrendite wird ein Aufschlag von rund 450 Basispunkten über dem US-Libor ausgegeben. Aktuell liegt der Total Return bei rund sechs Prozent, die Average Margin ein bisschen darunter. Real Assets in Schwellenländer seien dennoch keine Standardinvestition für viele Pensionsfonds und Versicherungen, gibt van de Kamp zu. Das von FMO intern geratete Profil ist stets Sub-Investment-Grade, was für regulierungsgetriebene Investoren schwierig sein kann. Das Rating unter Investment-Grade-Niveau spiegele jedoch nicht die tatsächlichen Risiken wider, so van de Kamp. Grund sei, dass die Rating-Methodologie von FMO ein nur maximal bis drei Stufen besseres Rating der Unternehmen im Vergleich zum Rating des entsprechenden Landes erlaubt. Und das Rating dieser Länder ist in der Regel relativ niedrig. „Betrachtet man die Historie von FMO hinsichtlich tatsächlich realisierter Verluste, entsprechen die Krediteigenschaften des Portfolios aber eher einem IG-Risiko-Profil.“
Autoren: Tim BüttnerSchlagworte: Emerging Markets / Schwellenländer | Infrastruktur | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren | Private Debt
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