„Investoren werden eher risikoarme Anleihen kaufen“
Auf Immobilienprojektentwicklern lastet derzeit enormer Druck. Schuld daran sind nicht nur die gestiegenen Zinsen.
Entwickler von Büroimmobilien stehen derzeit unter erheblichem Druck und blicken in eine ungewisse Zukunft. Sorgen bereiten einerseits die gestiegenen Zinsen. Auch das Interesse von Investoren ist zurückgegangen. Hinzu kommt die anhaltende Verunsicherung, ob sich der Trend zu mehr Heimarbeit von Angestellten verfestigt.
Die Umstände führen dazu, dass künftig weniger Büros gebaut werden und die Entwicklerbranche insgesamt in einer wirtschaftlich schwierigen Situation ist. Das wurde bei einer vom PR-Berater Rueckerconsult organisierten Pressekonferenz mit Vertretern der Branche in Berlin herausgearbeitet.
Es werden weniger Büros geplant
Die Projektvolumina für neue Büros in den bedeutsamsten deutschen Städten gehen seit 2021 zurück. Dieser Trend werde auch in diesem Jahr anhalten. Vor allem klassische Trading-Developer – Spezialisten, die Grundstücke und Immobilienobjekte entwickeln und die Liegenschaften vor der Fertigstellung an den Endinvestor übergeben – bauen derzeit weniger. Bei ihnen erschwerten anhaltende Probleme auf der Verkaufsseite die Kalkulation.
Doch es gibt auch positive Aspekte in der insgesamt schwierigen Situation: Investoren, die für den eigenen Bestand Gebäude entwickeln, würden nahezu konstant weiter realisieren, berichtet Ruckerconsult. Besonders Akteure mit besserer Eigenkapitalausstattung seien weiter „handlungsfähig“.
Da die Planungstätigkeit nach einer Spitze im Jahr 2020 zurückgehe, werde aber perspektivisch die Flächen in Bau- und Fertigstellung spürbar abnehmen. Weil sich an der aktuellen Konstellation auf absehbare Zeit nichts ändere, gehe er von tendenziell fallenden Grundstückspreisen aus, sagte Alexander Fieback, Niederlassungsleiter Berlin bei der bulwiengesa AG.
Reinhold Knodel, Vorstandvorsitzender des Immobilienunternehmens Pandion, fasste die Entwicklerperspektive wie folgt zusammen: „Die Branche steht momentan unter großem Druck. Sowohl finanzierungsseitig als auch nachfrageseitig hat sich das Marktumfeld binnen kürzester Zeit radikal verändert.“
Kaufpreise sind kräftig gefallen
Die Kaufpreise seien um etwa sechs Jahresnettokaltmieten zurückgegangen, so Knodel. „Dem gegenüber stehen zwar auch perspektivische Mietsteigerungen durch die Indexierung der Verträge. Doch es wird dauern, bis die Differenz ausgeglichen ist und man bei einem rechnerisch gleichen Kaufpreis ankommen wird“, meint der Experte.
Knodel zufolge liegen die Transaktionsmärkte am Boden. Bei seiner Pandion AG, einer Holding, die auch Projektentwicklungen durchführt, gehen sie davon aus, dass dieser Zustand bis zum kommenden Jahr anhalten wird. „Denn die Zinsen werden weiter steigen und die Investoren werden eher risikoarme Anleihen kaufen, als den ohnehin schon hohen Immobilienanteil in ihren Portfolios noch weiter zu erhöhen“, erwartet Knodel.
Projektentwickler verbreiten Zuversicht
Roland Köppe, Prokurist und Leiter Akquisition & Projektentwicklung Berlin der Becken Development GmbH, wies darauf hin, dass die Zahlungsbereitschaft bei Investoren „dem Zinsumfeld geschuldet stark rückläufig” sei. Für einen Trader-Developer wie Becken sei ein Verkauf seiner Projektentwicklungen zwar zielführend, aber nicht um jeden Preis.
„Spekulativer Neubau findet praktisch nicht mehr statt“, resümierte Pandion-Vorstand Knodel, der aber auch Zuversicht verbreiten wollte: „Mittelfristig führt all dies zu einem Angebotsengpass bei modernen Büroflächen in den City-Lagen. Dabei signalisieren steigende Spitzenmieten und kaum rückläufige Vermietungsumsätze einen weiterhin hohen Bedarf an hochwertigen Flächen.“ Zentralität und Qualität des Arbeitsplatzes blieben wichtige Kriterien im Kampf um Fachkräfte und „deshalb können sich viele Unternehmen Sparsamkeit nicht leisten“.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Büroimmobilien | Immobilienkrise
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