5. Mai 2014

Investoren sind weniger hungrig

Der Risikoappetit nimmt noch immer zu, aber langsamer als noch vor ein paar Monaten. Aktien gelten als attraktivste Anlageform. Immobilien sind in der Gunst der Investoren gefallen.

Der Risikoappetit institutioneller Investoren in Europa ist ungebrochen, wächst allerdings langsamer als in der Vergangenheit. Als attraktivste Anlageform gelten nach wie vor Aktien, denen ein attraktives Risiko-Rendite-Profile bescheinigt wird. Dies zeigt die Risk-Rotation-Umfrage von ING Investment Management, an der im März dieses Jahres 83 institutionelle Anleger aus Europa teilnahmen, darunter auch deutsche Adressen. Laut dieser gaben 42 Prozent der befragten Investoren an, dass ihre Risikoneigung in den vergangenen sechs Monaten gestiegen sei, bei 19 Prozent ist sie gesunken. Im Vergleich mit der vorherigen Umfrage im vierten Quartal 2013 ist dies eine deutliche Verschiebung. Damals sprachen 56 Prozent von einer gestiegenen Risikoneigung und elf Prozent von einer gesunkenen. 
Getrieben ist dieser Rückgang vornehmlich durch Sorgen um die Entwicklung in China und Extremrisiken. Während sich im vierten Quartal 2013 lediglich 14 Prozent der Befragten um eine harte Landung der chinesischen Währung erheblich sorgten, sind es inzwischen 27 Prozent. Ganz ähnlich sieht es bei den Extremrisiken aus. In der vorherigen Umfrage machten sich elf Prozent erhebliche Sorgen, inzwischen sind es 27 Prozent. Wie ING anmerkt, beziehen sich die vordringlichsten Risiken auf die politische Stoßrichtung, wobei der Ausstieg aus dem Quantitative Easing und Fiskalschocks die Hauptsorgen darstellen.           
Interesse an Immobilien ist gesunken 
Obwohl also die Risikoneigung zuletzt langsamer gestiegen ist, sind für die große Mehrheit der Befragten, nämlich 70 Prozent, Aktien im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag für die nächsten drei bis sechs Monate von allen wichtigsten Asset-Klassen die attraktivste Anlageform. Für ING ist dies ein deutliches Indiz, dass der Risikoappetit immer noch ein maßgeblicher Faktor ist. Das Interesse an Immobilien ist hingegen gesunken. Zwar sind Immobilien hinter Aktien nach wie vor die zweitattraktivste Asset-Klasse. Allerdings ist der Anteil der Investoren, die vorzugsweise auf diese Anlageform setzen, von 45 Prozent im Vorquartal auf 30 Prozent gesunken. Von allen Anlageformen verzeichneten Rohstoffe den größten prozentualen Zuwachs im Hinblick auf ihre Einschätzung als bestes Risiko-Ertrags-Profil (von 13 auf 17 Prozent).
Dass die Risikoneigung nach wie vor anhält, liest ING auch aus einem weiteren Ergebnis der Studie: So erwartet etwa die Hälfte der befragten Investoren, dass sich die Emerging-Market-Asset-Klassen in den nächsten drei bis sechs Monaten erholen. Nur 22 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. Ein weiterer Hinweis auf einen ungebrochenen Risikoappetit ist laut ING die Tatsache, dass viele institutionelle Investoren aktive Maßnahmen ergriffen haben, um das Risiko in ihren Portfolios effektiver zu steuern. So haben 67 Prozent der Befragten eigenen Angaben zufolge in den vergangenen zwölf Monaten ihre Diversifikation erhöht, während 30 Prozent ihre Exposition gegenüber risikoreichen Anlageformen reduziert haben. 16 Prozent haben ihre Barpositionen ausgebaut und 15 Prozent engagieren sich jetzt stärker bei „liquideren“ Anlageformen. Auch die Investmentstrategien, die nach Meinung der Befragten in den kommenden sechs bis zwölf Monaten am besten abschneiden werden, spiegeln diese Maßnahmen wider: 56,5 Prozent nannten Multi-Asset-Strategien, gefolgt von 23 Prozent beziehungsweise 22 Prozent, die Balanced- oder Total-Return-Strategien anführten.
„Trotz der erheblichen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme, denen wir uns heutzutage gegenübersehen, zeigt sich die Anlegerschaft relativ unbeeindruckt: Viele dieser Risiken sind entweder bereits wohlbekannt oder werden als nicht systemisch wahrgenommen“, so Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Strategy Multi-Asset, bei ING Investment Management. „Insofern erwarten die Anleger hier keine bösen Überraschungen. Die Probleme in Europa zum Beispiel sind nicht verschwunden, doch da die Situation sich in den letzten Monaten beruhigt hat, geht kaum noch jemand von einem Auseinanderbrechen der EU aus. Die möglichen Konsequenzen der Krise zwischen Russland und Ukraine sind weniger klar, insofern verstärkt diese Situation die Nervosität bei Investoren und schlägt ihnen sozusagen auf den Risikoappetit“, fügt er hinzu. 
portfolio institutionell newsflash 05.05.2014/Kerstin Bendix
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