Administration
11. Dezember 2024

Investoren entziehen Spezialfonds Liquidität und Liebe

Nettoneugeschäft geht gegen null. Anleger lassen Geld woanders arbeiten.

Die Administration von Spezialfonds ist ein Milliarden-Business – das Nettoneugeschäft beläuft sich jedoch in Q3 nur auf 45 Milliönchen Euro. Damit war das schwächste Quartal seit der Finanzkrise zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist dem aktuellen Quarterly von Kommalpha zum Geschehen auf dem Spezialfondsmarkt zu entnehmen.

„Quarterly-Leser wissen schon länger, dass sich das Nettoneugeschäft von Spezialfonds in der jüngeren Vergangenheit abgeschwächt hat, aber dass es in diesem Berichtsquartal fast zum Erliegen kommt, ist schon bemerkenswert bis dramatisch“, kommentiert Kommalpha-Vorstand Clemens Schuerhoff. Für das schlechte Nettoneugeschäft des Berichtsquartals sind zwei Investorengruppen verantwortlich: Versicherungen und Corporates. Letztere zogen im dritten Quartal netto über fünf Milliarden Euro aus ihren Spezialfondsmandaten ab. Versicherungen weisen ein negatives Nettomittelaufkommen in Höhe von vier Milliarden Euro im Berichtsquartal auf.

Üppige frische Mittel

Kein Grund für den Rückgang ist die „frische Liquidität“. Mit 36,9 Milliarden Euro im Berichtsquartal liegt diese lediglich geringfügig unter dem langfristigen Median der Quartale der vergangenen Jahre. Versicherungen verzeichneten beispielsweise im dritten Quartal Mittelzuflüsse in Höhe von 12,4 Milliarden Euro, was im Hinblick auf die hohen Nettomittelabflüsse einen Liquiditätsentzug von sage und schreibe 16,5 Milliarden Euro im Berichtsquartal bedeutet. Versicherer weisen somit die mit Abstand höchste Dynamik im Anteilsscheingeschäft von Spezialfonds auf. Laut Clemens Schuerhoff wurden sehr viele Spezialfondsanteile gedreht, was auf Re-Allokationen beziehungsweise Neumandatierungen von Asset Managern schließen lässt. „Und natürlich auf die Tatsache, dass der enorme Liquiditätsentzug auf Verwendung außerhalb des Spezialfondsmantels hindeutet, Stichworte Direktanlage, andere Kapitalanlagevehikel sowie geschäftliche Zwecke“, so der Kommalpha-Vorstand. Bei den anderen Investorensegmenten können die Quarterly-Macher mit Blick auf die Dotierung frischer Mittel keine großen Auffälligkeiten erkennen.

Aktien und Renten wenig beliebt

Deutlich wird der Nettomittel-Rückgang nicht nur bei Versicherer und Corporates, sondern auch bei einer Anteilsklasse: Aktien! Allein im Juli 2024 flossen 5,4 Milliarden Euro netto aus Aktienspezialfonds ab. Dabei handelt es sich um einen historisch bemerkenswert hohen Wert. In Summe kommen Aktienspezialfonds im Berichtsquartal auf Nettomittelabflüsse in Höhe von 4,6 Milliarden Euro. Bei Rentenspezialfonds ist das Nettoneugeschäft des dritten Quartals ebenfalls negativ. Sie verlieren eine Milliarde Euro, was ausschließlich an den schlechten Zahlen des Augusts liegt. „Das ist angesichts der Attraktivität der Bonddirektanlage nicht überraschend, aber immerhin haben institutionelle Investoren im Juli knapp 900 Millionen Euro Rentenanlagen an externe Manager delegiert“, so Schuerhoff.

Kommalpha senkt Prognose für Gesamtjahr

Die Q3-Entwicklung lässt auch im Gesamtjahr Spuren. Das Nettomittelaufkommen beträgt per Ende September 20 Milliarden Euro und liegt damit elf Milliarden Euro unter dem entsprechenden Vergleichswert des Vorjahres. Dabei war 2023 bereits ein mittelmäßiges Jahr für das Neugeschäft von Spezialfonds. „Wir haben in der letzten Ausgabe des Quarterly die Prognose gewagt, dass das Nettomittelaufkommen von Spezialfonds am Ende dieses Jahres bei 55 Milliarden Euro liegt. Da waren wir wohl etwas zu euphorisch“, räumt Schuerhoff ein. „Angesichts der Regel, dass das Jahresendgeschäft im Spezialfondsmarkt erfahrungsgemäß immer gut ist, bleiben wir allerdings etwas „bullish“ und prognostizieren für 2024 ein Nettomittelaufkommen in Höhe von 38 Milliarden Euro.“

Bondbestand nun sehr international

Eine weitere interessante Analyse des Quarterly bezieht sich auf die langjährigen regionalen Entwicklungen bei Anleihen und Aktien. Per aktuellem Datenstichtag Ende September 2024 machen Bonds von Emittenten der übrigen Länder außerhalb der EU mit einem Anteil von 38 Prozent am gesamten Bondbestand von Spezialfonds den größten Anteil aus. Der Anteil ist in den vergangenen 15 Jahren von 15 Prozent Ende 2009 signifikant gestiegen. Die Quote der Schuldverschreibungen deutscher Emittenten hat sich innerhalb der vergangenen 15 Jahre von 27 auf 15 Prozent deutlich reduziert. Der Anteil von Bonds der EWU-Kernländer ohne Deutschland hat sich mit einigen Schwankungen leicht erhöht und stellt in dieser Betrachtung die zweitgrößte Position mit 34 Prozent des gesamten Bondbestands von Spezialfonds dar. Dagegen hat sich der Anteil von Bonds aus den EWU-Peripherieländern in den vergangenen Jahren von 17 auf sieben Prozent mehr als halbiert.

Non-EU-Aktien auf dem Einkaufszettel

Bei der Analyse von Aktien, die sich im Fondsvermögen von Spezialfonds befinden, ist der in den vergangenen Jahren stark steigende und sehr hohe Aktienanteil von Emittenten außerhalb der EU auffällig. Ende 2009 hielten Spezialfonds noch 25 Prozent aller Aktien, die von Spezialfonds im Bestand waren, in Anteilsrechten von Emittenten außerhalb der EU. Dieser Anteil stieg die vergangenen 15 Jahre relativ konstant an und betrug zum Datenstichtag Ende September satte 62 Prozent. Hier sind der Brexit und die datentechnische Umschlüsselung Anfang 2020 wieder deutlich zu sehen. Die übrigen Aktienquoten der betrachteten regionalen Emittenten-Gruppen haben sich dagegen alle rückläufig entwickelt, wobei der Rückgang des Aktienanteils, den Spezialfonds an Aktien von deutschen Emittenten halten, am signifikantesten ist. Er ist von 22 Prozent Ende 2009 auf elf Prozent gesunken. Der entsprechende Aktienanteil der EWU-Kernländer ohne Deutschland kam besser weg und befindet sich insbesondere seit 2018 auf einem deutlich höheren Niveau mit aktuell 20 Prozent. Warum die Aktienmanager von Spezialfonds deutschen Anteilsrechten so wenig Bedeutung beimessen, ist eine Frage für die besinnlichen Tage.

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