Alternative Anlagen
15. Oktober 2013

Investmentclubs entstehen, überzogene Renditeziele verschwinden

Die weltweit größten Kapitalsammelstellen wollen sich immer häufiger zu Investmentclubs zusammenschließen, um kosteneffizient in die Zukunft zu gehen. Regionale Versorgungssysteme im Land der unbegrenzten Möglichkeiten haben indes keine so guten Aussichten.

Der kanadische Investmentmanager Aimco (Alberta Investment Management Corporation) veranstaltete jüngst ein illustres Wochenend­treffen institutioneller Investoren in den Rocky Mountains. Unter den 27 Teilnehmern befanden sich nach Angaben der New York Times  Vertreter des Staatsfonds von Abu Dhabi, des fran­zösischen Pensionssystems und weitere Branchengrößen, die zusammen für rund zwei Billionen Dollar an Pensionsvermögen verant­wortlich sind. Bei dem Investorentreffen, das ganz ohne externe Asset Manager stattfand, stand die Frage im Mittelpunkt, wie die Kapitalsammelstellen in Eigenregie in Private Equity investieren können. Traditionell werden externe Manager mandatiert, um aufwändige Anlage­strategien wie diese umzusetzen. Dabei fallen jedoch nicht ­selten ­fixe Gebühren von zwei Prozent pro Jahr an; hinzu kommen ­erfolgsabhängige Fees, die mitunter bei 20 Prozent liegen können.

Diese Kosten sind den Verantwortlichen, wie beispielsweise Leo de Bever, Vorstandschef des 70 Milliarden Dollar schweren Investmenthauses Aimco, ein Dorn im Auge. Gemeinsam mit anderen Großinvestoren will de Bever komplexe Anlagestrategien verstärkt in Eigenregie umsetzen. Obwohl er dafür erfahrene Manager einstellen muss, die unbestritten Wall-Street-Gehälter verlangen, verspricht er sich insgesamt deutlich niedrigere Kosten, als wenn er externe Asset Manager mit einem solchen Mandat beauftragt. Der New York Times zufolge wollen die Großinvestoren ihre externen Manager jedoch nicht komplett in die Wüste schicken; vielmehr will man speziell in ­jenen Bereichen weiter auf die Expertise der Anbieter zurückgreifen, bei denen man sich mangels Angebot schwertut, Anlageexperten auf die Gehaltsliste zu setzen. Als Leo de Bever vor knapp fünf Jahren die Führung der Alberta Investment Management ­Corporation übernahm, unterhielt die kanadische Pensionseinrichtung Beziehungen zu nicht ­weniger als 50 Private-Equity-Unternehmen. Seither wurden zahl­reiche dieser Verbindungen gekappt, was de Bever mit den durchschnittlichen Kosten von sechs Prozent pro Jahr für die Verwaltung der Assets begründet. Inzwischen arbeitet Aimco in diesem Strategie­universum nur noch mit einem Dutzend Managern zusammen, ­wobei alle neuen Private-Equity-Investments von ­einem internen Anlage­komitee eingefädelt werden, das Aimco nur zu diesem Zweck angeheuert hat. Finanziell hat sich dieser rigorose ­Umbau längst bezahlt gemacht. Die Verwaltungskosten für die außerbörslichen Beteiligungen sind auf knapp ein Prozent gesunken.

Private Equity in Eigenregie managen will auch der neuntgrößte Pensionsfonds der USA, die 91 Milliarden Dollar schwere Pensionseinrichtung von Wisconsin. Auch hier erhofft man sich von der Kehrtwende drastisch sinkende Verwaltungskosten, zumal der Fonds in den nächsten fünf Jahren knapp 500 Millionen Dollar investieren will. Durch den Verzicht auf externe Manager glaubt man, 19,3 Millionen Dollar einsparen zu können. Michael Williamson, Chef des Wisconsin Investment Board, argumentiert: „Der Markt gibt und der Markt nimmt, und es gibt nicht viel was wir da draußen kontrollieren können – die Gebühren sind einer der Faktoren, wo wir das können.“

Regional brodelt es

Weniger ambitioniert als die großen Kapitalsammelstellen geht es indessen bei den Pensionseinrichtungen der US-Kommunen zu; dort hat man nämlich ganz andere Sorgen. Quer durch die Vereinigten Staaten weisen die Städte und Gemeinden unterfinanzierte Pensionspläne aus. Das am 18. Juli unter einem Schuldenberg von rund 20 ­Milliarden Dollar kollabierte Detroit ist nur ein Beispiel von vielen Großstädten, die ihre Pensionsverpflichtungen nur im Ansatz aus­finanziert haben und nun eifrig nach Wegen suchen, den Umfang der ­garantierten Leistungen zu reduzieren. Nach Angaben des Pew Charitable Trust, einer Nonprofit-­Organisation mit Sitz in Washington D.C., sehen sich die 61 bevölkerungsreichsten Städte der USA mit einer Pensionslücke von schlappen 217 ­Milliarden Dollar konfrontiert. ­Davon entfallen 99 Milliarden auf Pensionszusagen und weitere 118 ­Milliarden Dollar auf Verpflichtungen im Zusammenhang mit ­Gesundheitsleistungen im Alter. Konkret haben die untersuchten Kommunen, die zusammen rund 45 Prozent aller städtischen Angestellten repräsentieren, ihren Polizisten, Feuerwehrleuten und den ­anderen im öffentlichen Sektor Beschäftigten rund eine halbe Billion Dollar an monetären Leistungen in Aussicht gestellt, denen in der ­Gegenwart viel zu niedrige Vermögens­werte zugeordnet sind.

Wie aus der aktuellen Pew-Studie „A widening gap in Cities“ hervorgeht, waren im Jahr 2009 gerade einmal 74 Prozent der 385 ­Milliarden Dollar schweren Pensionsverpflichtungen der Städte durch Pension Assets gedeckt. Auf Ebene der Bundesstaaten liegt der Aus­finanzierungsgrad immerhin bei 78 Prozent. Neben den Pensions­lasten machen den Kommunen vor allem die absehbaren Gesundheitsleistungen zu schaffen. Denn diese Verpflichtungen von besagten 118 Milliarden Dollar sind zu lediglich 6,8 Prozent mit Assets ­unterfüttert.

Vor diesem Hintergrund überrascht die Pew-­Studie mit der ­Erkenntnis, dass erst wenige Städte mit Sparen begonnen haben, um die langfristig anfallenden Kosten in den Griff zu bekommen. Von den insgesamt 61 abgeklopften Großstädten weisen 37 ­Kommunen ­einen Ausfinanzierungsgrad von unter 80 Prozent auf. Besonders prekär ist die Situation in der 50.000-Seelen-Gemeinde Charleston (West ­Virginia). Dort war im Jahr 2009 nur ein Viertel der Verbindlichkeiten von insgesamt 270 Millionen Dollar mit Vermögenswerten unter­füttert. Aber es gibt auch positive Beispiele im Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Milwaukee und Washington, D.C. hatten im Jahr 2009 mit einem Funding Status von 113 beziehungsweise 104 Prozent mehr Geld in der Hinterhand als Pensionsverbindlichkeiten im Nacken. Doch ungeachtet des finanziellen Rückhalts in der Kapitalanlage ­werden die Risiken bisweilen reduziert. So entschied das Pensions­system von Milwaukee im April, nun in Hedgefonds zu investieren, wie Chief Investment Officer Tom Rick erklärte. Rick will fünf Prozent der insgesamt 4,2 Milliarden Dollar schweren Assets in Hedgefonds- ­sowie Absolute-­Return-Strategien investieren und im Gegenzug die Aktienquote von 63 auf 55 Prozent zurückfahren. Im Gegensatz zu den eingangs ­erwähnten Großanlegern will das ­Pensionssystem von Milwaukee weiterhin Asset Manager ins Boot ­holen.

Im Rahmen seiner Untersuchung hat der Pew Charitable Trust nicht weniger als 193 Pensionspläne sowie 100 Pläne für Zusatzleistungen wie Gesundheitsvorsorge unter die Lupe genommen, darunter auch separierte Pensionspläne für Feuerwehrleute, Polizisten sowie ein gutes Dutzend Pensionspläne für Lehrer. Brisant: Städtischen ­Bediensteten stehen bemerkenswerte Möglichkeiten zum Aufbau von Pensionsansprüchen offen, wie das reale Beispiel eines Polizisten zeigt, der im Jahr 2009 nach 24 Dienstjahren in den Ruhestand ­gewechselt ist. Dem Lieutenant gelang es, in seinen letzten drei Dienstjahren so viele Überstunden anzusammeln und diese in Gehalts­zahlungen umzuwandeln, dass sein darauf basierender Pensions­anspruch von 33.000 auf 53.000 Dollar pro Jahr förmlich ­explodiert ist.

Wen kann es vor diesem Hintergrund noch überraschen, dass die untersuchten Pensionssysteme bei ihren Kapitalanlagen waghalsige Renditeerwartungen von acht Prozent per annum zugrunde legen. Dass die Annahmen vermessen sind, zeigt sich daran, dass die von den Kapitalsammelstellen durchschnittlich erzielte Rendite zwischen 2002 und 2012 bei 6,3 Prozent lag. Aber niedrigere Diskontierungssätze für die Verbindlichkeiten heranzuziehen, würden den Barwert der ausufernden Pensionslasten nur noch weiter in die Höhe treiben und den Ausfinanzierungsgrad zusätzlich schmälern, und das wollte man bislang vermeiden.

Größere Lasten für den Big Apple

Inzwischen gehen die Pensionseinrichtungen der Städte dazu über, ihre Renditeannahmen zu reduzieren. Ab Juni 2014 sollen zudem neue Regelungen des Governmental Accounting Standards Board für mehr Realismus in den Pensionsplänen sorgen. Vorgesehen sind niedrigere Renditeannahmen für jene öffentlichen Pensionsverpflichtungen, die nicht durch Vermögenswerte abgedeckt werden. Dann ­allerdings, soviel ist schon heute sicher, werden die Barwerte der ­Pensionslasten kräftig steigen. Längst hat der Aktuar der fünf New Yorker Pensionsfonds die jährlichen Renditevorgaben von acht auf sieben Prozent reduziert. Das hat allerdings zur Folge, dass der jähr­liche Aufwand um 1,8 Milliarden Dollar in die Höhe geschnellt ist. Die gesamte Pensionslast von New York beträgt übrigens geschlagene 148,6 Milliarden Dollar, von denen 70 Prozent mit Vermögenswerten unterlegt sind.

Wie die Pew-Studie weiter zeigt, haben jene Städte mit den ­größten Finanzproblemen diese auch schon vor der Finanzkrise mit sich herumgetragen. So wiesen im Jahr 2007 bereits 27 der 61 US-­Kommunen einen Ausfinanzierungsgrad von weniger als 80 Prozent auf – ein ­Niveau, von dem Experten sagen, es sei „heikel“. Gleichwohl hat die „Große Rezession“, wie die Amerikaner die jüngste Finanzkrise ­bezeichnen, die ohnehin angespannte Lage durch Kursverluste noch verschärft. Im Geschäftsjahr zum 30. Juni 2008 verzeichneten die Pension Assets im Durchschnitt Einbußen von fünf Prozent, im Jahr darauf sogar von 18 Prozent. Analog dazu rangierte bereits jede dritte Pensionseinrichtung im Jahr 2009 unterhalb der kritischen 80-Prozent-Schwelle. Einen Einfluss auf die Ausfinanzierung von Pensionsplänen ergibt sich etwa daraus, ob die Pensionspläne auf Landesebene ­verwaltet werden. Laut der Pew-Untersuchung partizipieren in sieben Bundesstaaten alle lokalen Regierungsangestellten von dem gleichen Pensionssystem, das für die jeweiligen Staatsbediensteten eingerichtet wurde. In anderen Bundesstaaten haben die Städte derweil die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen öffentlichen Arbeitgebern ­einem Pensionsplan beizutreten, der allerdings vom Staat administriert oder bundesweit gemanagt wird, etwa durch einen unabhängigen Anlageausschuss. Daneben ist es den Kommunen gestattet, ihre ­Pensionspläne unabhängig zu führen. Zahlreiche Städte unterhalten heute eine Mischung aus eigenständigem und von ihrem Bundesstaat ­betriebenem Pensionsplan. Viele Metropolen haben allerdings einen unabhängigen Weg eingeschlagen. Sie betreiben ihre Pensionspläne meist vollständig in Eigenregie. In dem Zusammenhang treffen sie auch ihre Anlageentscheidungen auf kommunaler Ebene. Ob sie allerdings auch Private-Equity- oder sogar Hedgefonds-Strategien fahren können, darf bezweifelt werden.

San José glaubt an Absolute Return

In der Hoffnung auf höhere Renditen und anhaltende Solvenz ­gehen die Verwalter der unterfinanzierten Pensionspläne zunehmend dazu über, das Spektrum der investierten Asset-Klassen zu erweitern, wie man bei Simcorp, einem Anbieter von Software für Portfolio­manager, beobachtet hat. Für besonders hoch verschuldete Gemeinden wird es allerdings immer schwerer, passende Investments zu finden. Denn spätestens wenn die Pensionseinrichtungen erhebliche ­Liquidität vorhalten müssen, um laufenden Rentenverpflichtungen nachzukommen, kann ein größerer Batzen des Portfolios bestenfalls in geldmarktnahen Assets investiert werden und demnach nicht in ­illiquidere, höher rentierende Vermögenswerte fließen, wie Keith Branner, ­Forschungsdirektor der National Association of State Retirement ­Administrators, zu berichten weiß: „Ein größerer Cash-Anteil belastet die ­erzielbaren Renditen.“

Pensionseinrichtungen, die noch in der Lage sind, Gelder längerfristig zu investieren, setzen indes auf eine breit gestreute Kapital­anlage, wie das Beispiel der Kansas City Police Employees zeigt. ­Presseberichten zufolge hat die mit 800 Millionen Dollar ausgestattete Altersversorgungseinrichtung, die neben dem Police Retirement System von Kansas auch für die Pensionszahlungen der zivilen ­Polizeiangestellten zuständig ist, im ersten Halbjahr 2013 eine Asset-Allocation-Studie durchgeführt. Zum Stichtag 30. April lag ein Schwerpunkt auf Fixed Income und Cash (40 Prozent), ein Fünftel der Assets war jeweils in nicht näher deklarierten alternativen Investments sowie in US-Blue-Chip-Aktien investiert. Der Rest der Gelder entfiel zu ­gleichen Teilen auf internationale Aktien, einheimische Nebenwerte und Emerging-Market-Aktien. Demnach dominieren hier die Aktien.

Mit einem Ausfinanzierungsgrad seiner Pensionsverpflichtungen von 72 Prozent rangiert Kansas City im Mittelfeld der vom Pew Charitable Trust beleuchteten Kommunen und damit beispielsweise auf ­Augenhöhe mit Phoenix (Arizona). Der dortige Pensionsplan für die städtischen Beschäftigten will sich noch in diesem Jahr auf eine neue Asset-Allokation konzentrieren. Im Blickfeld liegen neben Absolute-Return-Ansätzen insbesondere höhere Private-Equity-Engagements, wie Greg Fitchet, Investment Manager der zwei Milliarden Dollar starken Einrichtung, erläuterte. Während Fitchet zeitnah knapp drei Prozent der Gelder in Private-Equity-Dachfonds allokieren will, soll die angestrebte 15-prozentige Absolute-Return-Quote die bisher verfolgte Aktienstrategie ersetzen, mit der man nicht nur auf steigende, sondern­ auch auf fallende Kurse wetten konnte. Daneben sollen in Zukunft acht statt bislang fünf Prozent der Anlagegelder auf „diversifizierte ­Inflationsstrategien“ entfallen.

Im kalifornischen San José verspricht man sich derweil von einem Ausbau der Absolute-Return-Mandate langfristigen Erfolg, um auch in der Zukunft die Rentenzahlungen der dann pensionierten Feuerwehrleute sicherstellen zu können. In einem Interview kündigte ­Finanzchefin Carmen Racy-Choy an, in dem vielschichtigen ­Anlagesegment 600 bis 800 Millionen der insgesamt knapp 5,4 ­Milliarden Dollar schweren Kapitalanlagen anzulegen. In dem ­Zusammenhang lässt Racy-Choy durch das Beratungshaus Albourne derzeit eine Shortlist von 18 bis 30 Absolute-Return-Managern aus­arbeiten. „Wir werden künftig von allem ein bisschen haben“, so die ­Finanzchefin, die Wert auf die Feststellung legt, dass Multi-Strategy-Fonds in Zukunft einen höheren Stellenwert in der Kapitalanlage einnehmen werden. Bleibt nur zu hoffen, dass man in San José mit diesem Ansatz erfolgreich sein wird, schließlich sind die Pensionslasten auch dort nur zu vier Fünfteln ausfinanziert.

portfolio institutionell, Ausgabe 9/2013

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