Strategien
1. August 2012

Interview: Nachhaltig schlägt konventionell

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) betreibt bereits seit sieben Jahren eine nachhaltige Kapitalanlage. Michael Dittrich, Abteilungsleiter Verwaltung in der DBU, ist überzeugt, dass Nachhaltigkeit keine Performance kostet. Dies bestätigte ihm ein Experiment, das die Stiftung 2007 startete.

_Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat im Mai die Principles for Responsible Investment der UN unterschrieben. Wie und wann ist es zu dieser Entscheidung gekommen? Was waren die Beweggründe dafür?
Ein Mitglied unseres Kuratoriums – Staatssekretär Becker aus dem Bundesumweltministerium – hat uns auf die Initiative­ aufmerksam gemacht. Wir haben dann in Gesprächen mit den Repräsentanten von UN PRI festgestellt, dass die Ziele der Ini­tiative weitgehend mit unseren Zielsetzungen­ im Bereich der nachhaltigen­ Kapital­anlagen übereinstimmen. So hat unser Kuratorium im Frühjahr 2012 die Entscheidung getroffen, das wir der Initiative beitreten. Das Thema „nach­haltige Kapitalanlagen“ ist in unseren Anlagericht­linien bereits seit 2005 verankert. Seither werden Aspekte­ der Nachhaltigkeit in unsere Kapitalanlageentscheidungen nach festen Regeln einbezogen.

_Welche Ansätze werden Sie verwenden?
Mindestens 80 Prozent der Aktien, die wir halten, sowie mindestens 80 Prozent der Corporates müssen in einem der von uns betrachteten Nachhaltigkeitsindizes enthalten sein. Dazu gehören der Dow Jones Sustainability Index, der ­FTSE4Good, der Advanced­ Sustainable ­Performance Index sowie­ der Ethibel Sustainability Index. Zusätz­lich lassen­ wir unsere Aktien und Corporates von spezialisierten ­Rating-Agenturen screenen. Die Grenze von 80 Prozent bedeutet dabei­ nicht, dass wir im Umkehrschluss 20 Prozent nicht-nachhaltige Titel halten. Wir halten eine ganze Reihe von Small und Mid Caps, die von den Rating-Agenturen und den großes Indizes­ nicht gecovert­ sind. Aus Kostengründen­ verzichten wir darauf, solche Unternehmen einzeln untersuchen zu lassen.­ Aktuell sind gut 83 Prozent unserer Aktien in einem der Nachhaltigkeitsindizes gelistet sowie über 93 Prozent der Corporates.

_Wie hoch ist Ihre Aktienquote derzeit?
Die strategische Asset Allocation sieht einen Aktienanteil von bis zu 21,5 Prozent vor. Aktuell liegt der Anteil bei 17,26 Prozent.­

_Inwiefern werden Sie Stimmrechte nutzen, um Einfluss auf Unternehmen auszuüben?
Wir nutzen regelmäßig das Instrument­ der Stimmrechtsweisung.

_Was sind die größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit in der Kapital­anlage?
Wir wollen in jedem Fall eine kapital­marktgerechte Rendite mit unserer Vermögens­anlage erzielen. Das heißt, wir verzichten nicht aus Gründen der Nachhaltigkeit auf Rendite, würden aber bei gleicher Rendite und gleichem Risiko eine nachhaltige­ Anlage einer nicht nachhaltigen vorziehen.

_In welchen Asset-Klassen sehen Sie die größte­ Herausforderung?
Es ist grundsätzlich ambitioniert,­ die Nachhaltigkeit von Unternehmen zu beurteilen, also die langfristige Tragfähigkeit von Geschäftsmodellen unter Einbeziehung von ökologischen, ethischen und sozialen Aspekten­ über eine ganze Wertschöpfungskette bis hin zu Vorlieferanten. Die Beurteilung der Nachhaltigkeit von Staatsanleihen ist dabei aber nicht weniger komplex.

_Wie gehen Sie im Rentenbereich das Thema­ Nachhaltigkeit an?
Über die genannte Anforderung für die Corporates screenen wir seit Sommer 2011 auch unsere Rentenanlagen im Bereich der nicht börsennotierten Finanzinstitute sowie der Staatsanleihen. Daneben sind wir auch beim Thema Microfinance engagiert.

_Wie sieht es in anderen Asset-Klassen aus? Wie steht es zum Beispiel bei Rohstoffen, Hedgefonds, Private Equity und Immobilien­?
Hedgefonds und Private Equity nutzen wir nicht. Bei Rohstoffen halten wir kleinere Positionen im Bereich von Edel- und Industriemetallen. Agrarrohstoffe nutzen­ wir aus Gründen der Nachhaltigkeit überhaupt nicht. Bei Immobilieninvestments achten­ wir auf die Energieeffizienz der Gebäude.

_Durch den Nachhaltigkeitsfilter wird das Anlageuniversum eingeschränkt. Ist das ein Problem? Ist die Diversifikation breit genug?
Die Frage ist sehr berechtigt, denn die Verkleinerung des Anlageuniver-sums führt zu einer Deformation des Portfolios­, und damit­ steigt das Risiko einer nicht markt­gerechten Performance nämlich dann, wenn die nicht-nachhaltigen Titel sich besser ent­wickeln als die nachhaltigen Werte. Auf der anderen Seite ist die Nachhaltigkeitsbetrachtung im Ergebnis nichts anderes als eine erweiterte Risikoprüfung. Das heißt, Unter­nehmen mit einem nicht-nachhaltigen Geschäftsmodell tragen ein höheres Risiko in sich, dass sie am Markt langfristig nicht erfolgreich sind. In der Praxis scheinen sich beide Effekte dagegen aufzuheben. Eine Langzeitstudie, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung für uns erstellt hat, zeigt, dass über einen langen Betrachtungszeitraum marktbreit aufgestellte Nachhaltigkeitsindizes keine schlechteren Ergebnisse zeigen als die konventionelle Benchmark.

_Lassen sich Nachhaltigkeit und Performance also unter einen Hut bringen?
Ich bin überzeugt, dass wir mit unserer Strategie durch die Einbeziehung von Aspekten­ der Nachhaltigkeit keine Performance verlieren. Wichtig ist, dass der Aspekt­ der Nachhaltigkeit bei der Investment­entscheidung nur ein Aspekt unter vielen anderen bleibt. So investieren wir zum Beispiel im Bereich der Aktien vorzugsweise in marktbreite Standardwerte und beachten auch die Fungibilität der Werte.
Wir haben im Jahr 2007 auch ein kleines Experiment gestartet und drei kleine Spezialfonds mit einem identisch ausgerichteten, globalen Anlageuniversum gemeinsam auf eine Startlinie gesetzt, wobei einer der drei Fonds unter Berücksichtigung von Aspekten der Nachhaltigkeit gemanagt wurde. Nach drei Jahren lag der nachhaltige Fonds vorn. Wir haben dann einen der konventionellen Fonds ausgetauscht und durch einen zweiten Nachhaltigkeitsfonds ersetzt­ und alle drei wieder auf eine Startlinie gesetzt. Inzwischen liegen die beiden nachhaltig gemanagten Fonds wieder vor dem konventionellen Fonds. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit bei der Kapital­anlage für die Performance nicht nachteilig ist.

_Welche Renditeziele haben Sie eigentlich?
Wir wollen zum einen angemessene Mittel­ zur Erfüllung unseres Förderzwecks erwirtschaften, im Moment etwa 45 Millionen Euro, und daneben, soweit das möglich ist, auch den realen Kapitalerhalt gewährleisten. Bei einer Inflationsrate von derzeit rund zwei Prozent bedeutet dies, dass wir eine Rendite von über vier Prozent erwirtschaften müssen. Das ist im aktuellen Umfeld der Kapitalmärkte­ nicht einfach.

_Sehen Sie sich mit Ihrem eingeschlagenen Weg in einer Vorreiterrolle?
Wir haben relativ frühzeitig begonnen, das Thema Nachhaltigkeit in unsere Ver­mögensanlagestrategie einzubeziehen und sind auch jetzt die erste gemeinnützige Organisation in Deutschland, die die UN PRI unter­zeichnet hat. Es gibt aber auch viele andere Institutionen, die in diesem Bereich sehr aktiv und engagiert sind. „Vorreiter“ ist mir daher zu viel.

_Welche Ziele haben Sie sich gesteckt? Bis wann sollen die UN PRI komplett in der Kapitalanlage umgesetzt sein?
Die UN PRI geben keine fest­gesteckten Ziele vor, die es zu erreichen gilt. Es ist eine Initiative von Institutionen, die sich engagiert mit dem Thema „Nachhaltigkeit in der Kapital­anlage“ beschäftigen. Solche­ Themen diskutieren wir laufend, sowohl generell als auch bezogen auf einzelne Produkte.­ So haben­ wir vor zwei Jahren in einer ein­wöchigen Sommerakademie das Thema „Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage“ mit 160 Teilnehmern aus dem Bereich Stiftungen und der Finanzbranche intensiv für alle Asset-Klassen diskutiert. Diesen Weg werden wir kontinuierlich weitergehen.

portfolio institutionell, 13.07.2012

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