Infrastrukturwandel
Infrastruktur hat bereits einen langen Weg hinter sich gebracht – und noch einen langen Weg vor sich. Die Pionierphase darf endgültig als überwunden angesehen werden. Wegbegleiter ist für Investoren ein stetiger Wandel. Erkennbar ist ein Trend hin zu neuen Segmenten, größeren Volumina und zu mehr Value-add-Strategien.
Ein Trendsetter ist Allianz Capital Partners aber nicht nur bezüglich Digitalisierung, Emerging Markets und Subventionen. Im März lud man nämlich per Fonds auch Drittinvestoren ein, parallell mit Allianz-Gesellschaften zu investieren. Zudem erhält Allianz Capital Partners dadurch „die Möglichkeit, auch größere Volumina abbilden zu können“, wie eine Sprecherin mitteilt. Gründe, diese Möglichkeit zu suchen, dürften vermutlich sein, dass Infrastruktur-Assets tendenziell großvolumiger sowie teurer werden und ein wichtiger Aspekt dieser Asset-Klasse Diversifikation ist. Der Allianz European Infrastructure Fund hat eine Zielgröße von etwa 650 Millionen Euro. Die Meag hat aktuell etwa acht ihrer knapp 270 Milliarden Euro für Munich Re und Ergo in Infrastruktur investiert. Ein größerer Teil der Allokation sind FK-Finanzierungen der Verkehrsinfrastruktur. Dazu zählen Züge und Schienennetze in Deutschland und Frankreich sowie Autobahnen in den Niederlanden und in Portugal. „Transport ist in Europa ein großer Sektor“, sagt Thomas Bayerl, Meags Head of Illiquid Assets Debt. Besonders attraktiv in diesem Segment sind Projekte, welche über Verfügbarkeitszahlungen im Rahmen von PPP-Modellen alimentiert werden. Bayerl betont aber, dass die Risiken für derartige Transaktionen zwar vermeintlich gering erscheinen und gegebenenfalls auch sind, es aber dennoch eine gewisse Personalstärke brauche, um die Risiken gründlich zu beleuchten. Bezüglich des Breitbandausbaus ist die Meag europaweit und zuletzt mittels Fremdkapital in Frankreich engagiert. „Breitband ist ein wachsendes Segment und in Frankreich ist die Förderung für den Ausbau – speziell im ländlichen Raum – sinnvoll und effizient aufgesetzt. In Deutschland stockt der Ausbau im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern, da der Föderalismus keine einheitliche und ganzheitliche Vorgehensweise unterstützt“, kommentiert Bayerl. „Geld für den Ausbau wäre seitens der Versicherungswirtschaft ausreichend vorhanden.“ Wie Allianz Capital Partners offeriert auch die Meag für externe Investoren einen Fonds. Der bei der Universal-Investment aufgelegte Infrastructure Debt Fund konnte im zweiten Closing in Summe 660 Millionen Euro überwiegend von Versicherungen und Pensionskassen einsammeln. Zu zwei Dritteln handele es sich um deutsche Anleger. Die Zielduration soll in der Auflegungsphase bei mehr als zehn Jahren liegen. Bayerl: „Im Vergleich zu Co-Investments haben Fonds den Vorteil für den Portfoliomanager, schneller agieren zu können. Aus Sicht der Fondszeichner ist die Transaktionssicherheit höher.“
Die Talanx, die dritte große Versicherung in Deutschland, ist Stand April mit rund 2,1 Milliarden Euro in Infrastrukturprojekten direkt investiert. Mittelfristig soll nach Angaben der Versicherung sowohl das absolute Volumen als auch die prozentuale Allokation deutlich steigen. Beim Portfolioaufbauch machte sich die Versicherung um einige Innovationen verdient. So emittierte man den ersten Green Bond für die Finanzierung eines Offshore-Windparks und war dabei Lead Manager eines Konsortiums. Eine weitere Projektanleihe für einen anderen Offshore-Windpark kam auf 832 Millionen Euro, welche sich eine zweistellige Anzahl von Investoren aus sechs Ländern teilte. Diesen Sommer stemmte man zudem nach eigenen Angaben als größter Investor die Finanzierung von neun Solarparks in Spanien mittels einer kreditversicherten Projektanleihe. Bei dieser Transaktion handele es sich um die erste kreditversicherte Anleihe für Solaranlagen in Europa. Die amortisierende Projektanleihe weise eine durchschnittliche Laufzeit von unter zehn Jahren bei einem AA-Rating von S&P auf. Das Projekt wird ohne Kreditversicherung mit BBB bewertet. Wie die Talanx weiter erläutert, erfolgt die Transaktion, indem die Projektgesellschaft an die Anleiheinvestoren aus der erhaltenen regulierten Stromvergütung den vertraglich vereinbarten Zins sowie Tilgung bezahlt. Weitere solcher Transaktionen werden erwartet. Onshore zählt das Windkraftportfolio in Frankreich und Deutschland insgesamt 112 Anlagen. Derzeit reduziert man die Anzahl der Betriebsführer von sieben auf einen, nämlich die Baywa. Interessanterweise ist die Begründung für den Schritt sehr vergleichbar mit den Motiven von vor knapp 20 Jahren, die Mandate für liquide Wertpapiere unter einer Master-KAG zusammenzufassen: „Die Gesamtbetreuung aus einer Hand lässt uns auf Kapitalanlegerseite kostengünstiger und fokussierter arbeiten, weil wir Bearbeitungs- und insbesondere Reporting- Prozesse deutlich vereinfachen und so mehr Wertsteigerungen im Portfolio ausrichten können“, erläutert Dr. Peter Brodehser, Head of Infrastructure Investments der Talanx. Der Reifeprozess der Asset-Klasse ist also auch bezüglich der Administration erkennbar. Ein komplexes Finanzierungspaket konnte die Talanx gemeinsam mit der Meag und Berenberg 2018 zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur auf die Beine stellen, nämlich über eine Leasing Struktur, die erste Finanzierungslösung durch institutionelle Anleger im deutschen Schienenpersonennahverkehr. Dabei werden neue Züge für Nahverkehrsverbindungen im Raum Ulm finanziert. Dr. Thomas Mann, CIO der Talanx Asset Management: „Ich freue mich, dass das Angebot von Finanzierungen durch institutionelle Investoren im Bereich Infrastruktur zunehmend an Bedeutung gewinnt.“
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Energiewende | Infrastruktur | Portfoliokonstruktion/Diversifikation | Private Debt | Public-Private-Partnership (PPP)
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