Versicherungen
27. August 2014
Infrastruktur und der gordische Knoten
Assekuranz will Infrastrukturquote Gewicht verleihen. Stabiler Rechtsrahmen als Dreh- und Angelpunkt.
„Investitionen in Infrastruktur“, diese Alliteration geistert nun schon seit einiger Zeit durch unzählige Fachartikel und Studien. Zuletzt hat sich Standard & Poor’s zu Wort gemeldet. Glaubt man den dortigen Experten, wird die Gruppe der Versicherer bis 2030 weltweit rund 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr in Infrastruktur investieren und damit mehr als sechs Mal so viel wie heute. Bei allem Optimismus: Derzeit sind nennenswerte Investitionen auf breiter Front außerordentlich selten, und das aus gutem Grund. Jüngsten Statistiken zufolge machen Investitionen in Infrastruktur und Erneuerbare Energien hierzulande zusammen noch weniger als ein Prozent aller Kapitalanlagen der Versicherer in Höhe von knapp 1,4 Billionen Euro aus.
Bei verlässlichen Rahmenbedingungen wären die Versicherer nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bereit, ihr Engagement in dem Bereich „deutlich“ auszuweiten. GDV-Präsident Dr. Alexander Erdland begrüßt laut Pressemitteilung den Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der sich kürzlich für eine stärkere Einbindung privater Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds ausgesprochen hatte, um die Finanzierungslücke im Infrastrukturbereich zu schließen. Mit staatlichen Mitteln sei dies nicht möglich, räumte Gabriel ein. Eine von der Verkehrsministerkonferenz 2011 eingesetzte Kommission kam zu dem Ergebnis, dass allein für den Betrieb und Erhalt der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland in den nächsten 15 Jahren rund 7,2 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich benötigt werden.
Von Baustellen und Beschleunigungsstreifen
Der GDV spricht sich vor diesem Hintergrund für einen intensiven Dialog zwischen der öffentlichen Hand und privaten Investoren aus, „um Möglichkeiten zur Ankurbelung von Infrastrukturinvestitionen in Deutschland“ auszuloten. „Es wäre sinnvoll“, so GDV-Präsident Erdland, „alle wichtigen Partner an einen Tisch zu holen, um sich über die jeweiligen Interessen auszutauschen und realistische Ziele zu formulieren.“ Für die Versicherer sei vor allem Rechtssicherheit wichtig. Als langfristige Investoren müssten sie darauf vertrauen können, dass einmal aufgestellte Regeln nicht rückwirkend geändert werden.
Die Forderung nach einem stabilen Rechtsrahmen und einem engen Austausch zwischen Politik und Versicherungswirtschaft findet sich auch im aktualisierten GDV-Positionspapier zur Verbesserung der Bedingungen für Investitionen in Infrastruktur und Erneuerbare Energien wieder, das der Verband soeben veröffentlicht hat. Das Dokument enthält konkrete Vorschläge, wie aus Sicht der Assekuranz mehr privates Kapital mobilisiert werden kann. Dazu zählt beispielsweise auch eine niedrigere Eigenmittelunterlegung für Infrastrukturinvestments unter dem künftigen Aufsichtsrecht Solvency II, das ab 2016 anzuwenden ist.
Im Hinblick auf die Ankurbelung der Investitionsbereitschaft sind allerdings noch zahlreiche Steine aus dem Weg zu räumen. Erst im Mai dieses Jahres hat der Bundesverband Alternative Investments gemeinsam mit dem Datenanbieter Cepres eine Infrastrukturinitiative ins Leben gerufen. Diese verfolgt unter anderem das Ziel, den Bereich durch transparente und qualitativ hochwertige Daten besser investierbar zu machen. Nach Angaben der Initiatoren mangelt es sowohl auf der Equity- als auch der Debt-Seite häufig noch an der erforderlichen Transparenz, was Investoren vor einem Engagement zurückschrecken lässt. Der Vorstoß des BAI und von Cepres erscheint als essentieller Schritt, um den gordischen Knoten zu lösen. Sollten Politiker und Investoren auch einen gemeinsamen Nenner finden, rückt eine nennenswerte Verbreitung von Investitionen in dem Segment in greifbare Nähe.
portfolio institutionell newsflash 27.08.2014/Tobias Bürger
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