Alternative Anlagen
29. Juli 2018
Infrastruktur: Investoren ergreifen die Initiative
Kaputte Straßen, marode Schulen, langsames Internet: Der Infrastruktur-Investitionsbedarf in Deutschland ist mindestens so offensichtlich wie der Bedarf deutscher AV-Einrichtungen nach sicheren Kapitalanlagemöglichkeiten.
Die Förderung per EEG war für den Verbraucher aber nicht billig.
Rohm: Das ist sicherlich richtig, das EEG hat aber auch der Technologieführerschaft Deutschlands bei Renewables den Weg bereitet und tausende von Arbeitsplätzen geschaffen. Ohne das EEG und den damit verbundenen Möglichkeiten für Finanzinvestoren hätte es diese positiven Entwicklungen vermutlich nicht gegeben. Vielleicht gelingen auch in der Zukunft Technologiesprünge bei der Speicherung von Energie. Die Produktion von Erneuerbarer Energie funktioniert, es fehlen aber noch Ideen für die effiziente Energiespeicherung. Entsprechende staatliche Förderungen könnten Innovationen der Wirtschaft anregen. Wir beobachten diesen Markt intensiv. Geeignete Investitionsmöglichkeiten für institutionelle Investoren gibt es aus unserer Sicht aber noch keine.
Hörner: Die von Martin Rohm angesprochenen Punkte kann ich nur unterstreichen. Auch ich sehe keine gegensätzlichen Interessen von öffentlicher Hand und institutionellen Investoren. Eine funktionierende Altersvorsorge ist vielmehr ein gemeinschaftliches Interesse. Gerade Infrastrukturinvestitionen eignen sich wegen der Langfristigkeit und des in der Regel stabilen Cashflows ideal für die Unterstützung der Altersvorsorge. Die staatlichen Finanzierungskosten mögen zwar unterhalb unserer Renditeanforderungen liegen – aber auf der anderen Seite spielt das Thema Geschwindigkeit, zu der private Investoren einen Beitrag leisten können, eine wichtige Rolle.
Wer ist denn eigentlich die Zielgruppe? Der Bund, die Länder, die Kommunen?
Rohm: Alle. Für Autobahnen ist der Bund zuständig, Universitäten sind Ländersache und Soziale Infrastruktur ist in der Regel eine kommunale Aufgabe.
Geht es bei der Initiative mehr um eine Interessensbündelung oder um eine Asset-Bündelung, um das Dealsourcing zu erleichtern?
Rohm: Primär ist erst einmal wichtig, dass wir als mittelständische institutionelle Anleger – alle dürften Anlagevolumina im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich haben – unsere Interessen bündeln, um Gehör zu finden. Natürlich besteht auch das Ziel, mehr Opportunitäten zu haben. Die Alte Leipziger und die Hallesche liegen noch deutlich unter der jeweiligen Zielallokation für Infrastruktur. Zudem wollen wir auch nicht nur in Erneuerbare Energie investieren, sondern in weitere Infrastruktursegmente diversifizieren. Wir beobachten soziale Infrastruktur, Speicher- und Netzthemen.
Rieder: Die Initiative Deutsche Infrastruktur kann hier eine Art „weißer Ritter“ sein und einen positiven Beitrag leisten. Sie ist eine unabhängige Plattform, Branchen und Regionen übergreifend. Sie verfügt über ein Anlagevolumen von über 150 Milliarden Euro und kann daher wirklich etwas bewegen. Zuletzt und am Wichtigsten: Das Anlageziel der Mitglieder ist das Sicherstellen der deutschen privaten Altersvorsorge, womit man einem Kernanliegen der Politik nachkommt. Ein Stück weit ist die Initiative auch eine Herzenssache. Das Engagement und der Zeitaufwand, den alle Teilnehmer, inklusive derer, die hier am Tisch sitzen, für einen relativ kleinen Teil des Portfolios aufbringen, zeigt, dass es nicht nur um Investments und Renditen geht. Es besteht auch ein Bedürfnis, mit einem Unternehmensbeitrag zum Staatswohl beizutragen.
Mit diesem Volumen ist die Initiative nach Allianz und Munich Re die Nummer 3.
Schroeder: Die Initiative Deutsche Infrastruktur bietet eine gute Kombination: Wir verstärken das Augenmerk auf Infrastruktur und bringen gleichzeitig auch eine entsprechende Finanzkraft mit, mit der sich dann auch gleich etwas bewirken lässt. Viele gute Lösungen scheitern oft an Geldmangel.
Hörner: „Volumen“ ist für mich ein entscheidendes Stichwort. Unser Infrastrukturportfolio wird nach fünf Jahren reifer und wir müssen nun, um die Quote trotz der Rückflüsse zu halten, wie bei Private Equity immer wieder neu investieren. Darum: Je mehr Investmentmöglichkeiten der Markt bietet, umso besser.
Wären denn Glasfasernetze interessant?
Rieder: Wenn China strategische Infrastrukturfelder definiert, dann ist das genau der richtige Ansatz – und das wollen wir auch. Unser Ziel ist, mit der Politik strategische Felder zu definieren und zu entwickeln und so eine Win-Win-Situation schaffen. Das können zum Beispiel Glasfasernetze sein. Bei Glasfaser ist der Finanzierungsbedarf riesig und die Politik hat bereits verstanden, dass es für den flächendeckenden Ausbau und die Erreichung politischer und wirtschaftlicher Ziele privater Gelder bedarf. Glasfaserausbau, als zentraler volkswirtschaftlicher Treiber, ist ein Schwerpunktthema der Initiative Deutsche Infrastruktur für dieses Jahr. Hier gibt es einen enormen Investitionsbedarf. Zunächst müssen wir aber die Risiken verstehen und beurteilen, welche man tragen kann und welche nicht. Es gibt in diesem Feld beispielsweise keine Regulierung. Unser Ziel für 2018 ist es, Finanzierungsformen zu entwickeln, die es erlauben, risikoadäquat zu investieren und gleichzeitig einen volkswirtschaftlichen Beitrag zum dringend notwendigen Ausbau zu leisten Es gibt aber auch andere Themen, mit denen wir uns beschäftigen. Beispiele sind die Netz-, Verkehrs- und Transportinfrastruktur.
Netze und Schienen gibt es doch schon?
Schroeder: Aber nicht in der benötigten Qualität. Es geht nicht nur darum, Neues zu schaffen, sondern auch um den Erhalt von bestehender Infrastruktur.
Rohm: Neu wären, wie bereits erwähnt, Speicher für die effiziente Nutzung der Stromnetze für Erneuerbare Energie. Ich hoffe, dass sich diese Technologie weiter entwickelt und es dann tatsächlich Möglichkeiten gibt, in substanziellen Größenordnungen zu investieren. Heute wird Energie produziert, die nie in die Netze und zum Verbraucher gelangt.
Wären Sie denn bereit, auch wirtschaftliche Risiken zu nehmen?
Rohm: Schon heute ist es nicht so, dass wir keine wirtschaftlichen Risiken tragen. Beispielsweise haben wir bei Sonne und Wind ein Mengenrisiko. Es gibt Jahre, da liegen die Ertragsmengen unter den Erwartungen, in anderen darüber. Letztlich ist immer die Frage, welche Renditeerwartungen den Risiken gegenüberstehen. Auf jeden Fall sind wir aber nicht bereit, unbegrenzt wirtschaftliches Risiko zu nehmen. Auf keinen Fall würden wir Projektrisiken tragen. Dazu fehlt uns schlicht das Knowhow.
Schroeder: Wir holen uns neue Risikoarten in die Kapitalanlage. Diese muss man zum einen verstehen – da sind wir wieder beim Thema internes Know-how – und zum anderen müssen auch die neuen Risiken in sich gut diversifiziert sein. Es bleibt aber Fakt: Um auf die benötigten Renditen zu kommen, müssen wir aber bereit sein, auch neue Risiken einzugehen.
Hörner: Das Risiko ist der Preis für die Rendite. Neben der Korrelation zwischen den Asset-Klassen kommt es immer auf das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite an. Die Risiken müssen letztlich in den Gesamtkontext des Portfolios passen.
Vermute ich richtig, dass Sie sich eine Art EEG für Glasfaser und Speicher wünschen?
Rohm: Verlässlichkeit und Sicherheit sind uns wichtig. Für unsere Verpflichtungen brauchen wir sichere Cashflows. Eben deswegen investieren wir ja in Deutschland, weil wir nach wie vor daran glauben, dass es hier nicht zu Änderungen bei einmal gemachten gesetzlichen Vorgaben während der Laufzeit der Anlagen kommt. Andererseitshat der Staat auch mit uns verlässliche Investoren. Wir stehen zu unseren Verpflichtungen – und gehen davon aus, dass auch der Staat zu seinen Zusagen steht.
portfolio institutionell, Ausgabe 7/2018
Das Interview führte Patrick Eisele.
Autoren:
portfolio institutionellDas Interview führte Patrick Eisele.
Schlagworte: Infrastruktur | Initiative Deutsche Infrastruktur (IDI) | Public-Private-Partnership (PPP)
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