Immobilien
22. August 2023

Immobilien: Regulierung bremst Transformation

Kurzfristiger Renditeverzicht für langfristige Renditeziele. Ökologische Nachhaltigkeit kann soziale Nachhaltigkeit belasten.

Nachhaltiges Investieren mag kurzfristig Renditen belasten, macht sich aber langfristig bezahlt. Auf diese Erkenntnis läuft auch eine Studie der Hochschule Luzern, HSLU, unter 180 Schweizer Investoren zu deren Anlagen in Immobilien und Hypotheken hinaus. Durchgeführt wurde diese jährliche Markterhebung mit dem Titel „Lost in Transition“ im Mai und Juni 2023 im Auftrag der UBS.

Wie in Deutschland sind Immobilien und Hypotheken für Schweizer Pensionskassen und Versicherungen ein zentraler Anlagebaustein. Die meisten Pensionskassen haben auch die gesetzliche Begrenzung des Immobilienanteils von 30 Prozent bereits ausgeschöpft. Den Anteil direkter Hypotheken wollen viele Anleger ausbauen.

Sehr relevant ist gemäß der Studie das Thema Nachhaltigkeit. Bei großen Pensionskassen mit einem verwalteten Vermögen von über 500 Millionen Franken hat sich die Bereitschaft zum kurzfristigen Verzicht von 39 auf 53 Prozent erhöht – bei kleineren Pensionskassen sogar auf 60 Prozent verdoppelt. „Das Thema Nachhaltigkeit ist im letzten Jahr definitiv bei den Pensionskassen angekommen“, betont Co-Autor Daniel Steffen. „Viele institutionelle Anleger haben erkannt, dass hohe Renditen ohne Investitionen in ökologische Nachhaltigkeit langfristig kaum noch realisierbar sind“, sagt Steffen. Für Versicherungen, Anlagestiftungen und Fonds hingegen sind der wahrgenommene politische Druck und Regulierungen ein Hauptgrund für die Bereitschaft auf Renditeverzicht.

Ökologie hat Priorität

Der weiter zunehmende Trend zur ökologischen Nachhaltigkeit zeigt sich auch in der Umsetzung der Immobilienallokation: Institutionelle Anleger investieren kaum noch in Immobilien, die gängige Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen oder bei denen diese durch Sanierungen mit vertretbarem Aufwand nicht erreicht werden können. Co-Autor Stephan Kloess ist wenig überrascht: „Bei diesen sogenannten ‚Brown Investments‘ sind die Risiken zu hoch und die ökonomische Attraktivität mangelhaft.“ Nur sieben Prozent der kleineren Pensionskassen und 19 Prozent der Anlagestiftungen würden noch in solche Immobilien investieren. Ein weiterer Grund seien gemäß Kloess aber auch die zunehmenden Regulierungen. Eine große Mehrheit der Befragten gibt an, dass Regulierungen wirtschaftlich tragbare Sanierungen verhindern würden. „Gewisse Regulierungen wirken wie ein Bremsklotz bei der grünen Transformation“, so Kloess.

Steigende Mieten

Anstelle von Sanierungen treten dann Neubauten – auf Kosten der sozialen Nachhaltigkeit. Denn grüne Sanierungen oder Neubauten sind teuer. Diese Mehrausgaben können entweder durch langfristig tiefere Rendite oder höhere Mieteinnahmen kompensiert werden. „Aufgrund ihrer treuhänderischen Verpflichtung entscheiden sich institutionelle Anleger meist für Letzteres“, weiß John Davidson, weiterer Co-Autor. Denn in der Umfrage haben diese die wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit bedeutend stärker gewichtet als die soziale Nachhaltigkeit.

„Der große wirtschaftliche und öffentliche Druck für mehr ökologische Nachhaltigkeit könnte zu Kollateralschäden bei der sozialen Nachhaltigkeit führen“, sagt Kloess. Gerade in Zeiten von steigenden Preisen und Wohnungsnot könne dies zu weiteren Anspannungen am Markt führen. Die Studienautoren sind sich aber sicher: Wenn die grüne Transformation sorgfältig und nicht in blindem Eifer umgesetzt wird, können mittelfristig alle Dimensionen der Nachhaltigkeit erfüllt werden – auch soziale Aspekte.

Autoren:

Schlagworte: | |

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert