Pension Management
1. August 2012

Im Norden viel Neues

Der Rahmen für deutsche Institutionelle ist speziell und für das hiesige Geschehen bestimmend. Trotzdem wollen wir mit dieser neuen Rubrik künftig regelmäßig einen Blick über den nationalen ­Tellerrand werfen, da internationale Trends sich einmal auch in Deutschland niederschlagen können.

Satte 60 Prozent in Aktien halten, damit elf Prozent Plus machen, auf das Gesamtportfolio über sieben Prozent verdienen, und das auch noch ohne die fast obligatorischen alternativen Investments wie ­etwa Hedgefonds oder Infrastrukturbeteiligungen: Was sich für hiesige ­institutionelle Ohren wie ein Märchen aus längst vergangenen Zeiten anhört, ist dem norwegischen, 450 Milliarden Euro schweren ­Government Pension Fund Global (GPFG), bekanntlich einer der größten Staats- und Pensionsfonds der Welt, tatsächlich gelungen.
Allerdings, und das mag deutsche institutionelle Anleger wiederum versöhnen, nur im ersten Quartal dieses Jahres, und das auch nach einem­ sehr durchwachsenen Jahr 2011 (Return der Aktien: -8,8 ­Prozent, ­insgesamt -2,5 Prozent). Obwohl per Ende 2012 nur 4,4 ­Prozent der gesamten Assets externen Managern anvertraut waren, zählt das norwegische Dickschiff immerhin 51 Aktienmandate (von 52 vergebenen ­Mandaten insgesamt). Eines der 2011 vergebenen acht Mandate, ein Small- und Mid-Cap-Mandat für deutsche Aktien, ging im vierten Quartal 2011 ­übrigens an die Frankfurt Performance ­Management AG (FPM) um deren Gründer und Fondsmanager Manfred­ Piontke und Martin Wirth.
Dass der Anlagechef des GPFG, Yngve Slyngstad, ein für seinen ironischen Humor berüchtigter kahlköpfiger Baldfünfziger mit ­lebenslaufbedingtem Aktien-Tilt, sehr ähnliche Probleme hat wie die deutsche Durchschnittsinstitution, offenbarte er ausgerechnet im deutschen Magazin „Der Spiegel“, das kürzlich eine Reportage mit der Überschrift „Wohin mit all dem Geld?“ abdruckte: „In the past, we searched for risk-free returns. Today we know that what we mainly have are investments with return-free risk.“ Er weiß, wovon er spricht: Seit 2008, als Slyngstad ans Ruder kam, hat der GPFG im Schnitt ­gerade einmal ein mickriges Prozent Rendite erwirtschaftet. Von 1999 bis 2007 waren es noch stolze sechs Prozent gewesen. Auch ein Grund, ­weshalb er kürzlich vor dem norwegischen Parlament Rede und Antwort stehen musste. Zumindest das bleibt deutschen Institutionellen erspart.

Eine ziemlich schmerzhafte Antwort auf miese Renditen mit ­Dividendentiteln – im Jahr 2011 minus 9,3 Prozent – hat die Nobel-Stiftung (Kapitalanlagen in Höhe von rund 330 Milliarden Euro) vor kurzem gefunden: Wer einen ­Nobelpreis erhält, bekommt künftig 20 Prozent weniger Geld; insgesamt fließen demnach nur noch 1,1 statt 1,4 ­Millionen US-Dollar an die schlauen Köpfe der Universitäten und Forschungs­einrichtungen. Der Grund: Um eben diese 20 Prozent sind die Kapital­anlagen der Schweden seit 2008 geschrumpft, vor ­allem wegen ihres 50-­prozentigen Aktienanteils. Die 25-prozentige Hedgefondsfraktion konnte da wohl auch nicht mehr helfen. Ein Tipp von der portfolio-­institutionell-Redaktion an Lars Heikensten und den neuen Chief ­Investment ­Officer Gustav Karner (früher Länsför­säkringar), der John Vivstam ablöst: Der Home Bias der Asset Allocation­ – ­Schweden ist mit 43 Prozent ­gewichtet – widerspricht so ziemlich ­allem, was man aus der ­Finanzkrise als Investor lernen ­konnte. ­Ausgerechnet die Nobel-Stiftung ignoriert demnach eine der wenigen wissenschaftlich belegbaren Erkenntnisse der Kapitalanlage – welch eine ­Ironie! Wir empfehlen dazu eine noch recht frische ­akademische ­Arbeit zur Lektüre, aus Deutschland wohlgemerkt: ­„Globale Risiken und ihre Auswirkungen auf das Risikomanagement ­institutioneller Anleger“ von Christian Funke, Timo Gebken und Lutz Johanning aus dem ­vergangenen Jahr.

Wir bleiben bei den Wikingern und betrachten ein Land, das der Autor dieser Zeilen an anderer Stelle einmal als „Renten-­Schlaraffenland“ betitelt hat und das sicherlich gemessen an der ­Professionalität des Pensionsmarktes den Vergleich mit den so häufig gelobten ­Staaten Australien und Niederlande nicht scheuen muss: ­Dänemark, wo quasi jeder Einwohner mit einer Zusatz- oder Betriebsrente abgesichert ist. Das liegt unter anderem an der „Arbejdsmarkedets Tillaegspension“, besser bekannt als „ATP“. In den rund 100 Milliarden Euro schweren Pensionsfonds muss jeder Däne einzahlen, der ­arbeitet. Wie auch anderen dänischen ­Pensionsfonds ­beziehungsweise wie etwa AP Pension unter CEO ­Søren Dal Thomsen oder auch Sampension unter CEO Hasse ­Jørgensen, bekam der ATP das Hedging gegen fallende Zinsen sehr gut. Vor allem das Zins-Hedging bescherte ATP unter CEO Lars ­Rohde mit plus 26 Prozent die höchste jemals erzielte Rendite in der ­Geschichte der ATP.
Da rekordtiefe Renditen aber gleichzeitig den Wert der Verpflichtungen gehörig nach oben gezogen haben, hat die dänische Pensionslobby „Forsikring & Pension“ (F&P) beim Regulator ­Finans­tilsynet und dem dänischen Wirtschaftsministerium einige ­Maßnahmen durchgesetzt, damit die Asset Allocation der Pensionsfonds, trotz guter Hedging-Ergebnisse, nicht zu ­konservativ und damit­ vermeintlich „sicher“ werden muss wie beispielsweise bei deutschen Pensionskassen und Versicherern. Die wichtigste: Künftig werden Verpflichtungen mit über 20 Jahren Laufzeit mit einem deutlich ­höheren als dem realen Diskontierungssatz abgezinst, es werden ­quasi „normale“ Verhältnisse an den Kapitalmärkten fingiert. Das nimmt Druck von den Pensionsfonds und eröffnet Spielräume, nicht nur für Aktien, sondern auch für „alternative“ Investitionen in ­Infrastruktur, Landwirtschaft und Rohstoffe. 
Verhandlungsführer für F&P ist übrigens der Chef der über 20 Milliarden Euro schweren „Pensionskassernes Administration“, kurz PKA, Peter Damgaard Jensen. Ausgerechnet die PKA ­vermeldet seit ­Monaten ihr Interesse sowie konkrete Investitionen an und in, genau: alternativen Investments, wie Infrastruktur, Landwirtschaft und ­Rohstoffe! Bereits jetzt machen diese beachtliche 15 Prozent der ­gesamten Anlagen aus. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? ­Zumindest darf man wagen zu behaupten, Damgaard Jensen habe durchaus ein gewisses Eigeninteresse an den Neuerungen. Denn die PKA folgt ­unter seiner Ägide einem unter deutschen Investoren noch ziemlich unbekannten Trend: Für spezielle Investments gründen ­institutionelle Investoren, die groß genug sind, rechtlich ­eigenständige Einheiten, die ihren speziellen Erfahrungsschatz wiederum anderen Investoren anbieten – gewissermaßen erleben wir hier die ­kontrollierte ­Metamorphose vom Investor zum Anbieter.
Die ATP hat das unter ­anderem für die Segmente Real Estate, Alpha und Private Equity ­getan. Im April dieses Jahres hat die PKA nachgezogen. PKA ­Alternative Investment Partners heißt die dreiköpfige Einheit für ­Anlagen in Private Equity, Landwirtschaft, Infrastruktur (zum ­Beispiel Windinvestments) und Waldwirtschaft, der Jens Henrik Staugaard ­Johansen vorsteht und die notgedrungen dazu führen wird, dass die PKA in Zukunft viel seltener externe Spezialisten einschalten wird, als das bisher der Fall war. Der Rubel für erfolgsverwöhnte Manager ­dieser Investments könnte ­künftig also nicht mehr ganz so selbst­verständlich rollen wie bisher – zumal sich dritte Investoren hinter den großen Institutionellen ­versammeln könnten. Wie schon bei Hedgefonds ist also auch hier Druck auf die Margen der Anbieter zu erwarten.

Stichwort Hedgefonds: Laut der jüngsten vierteljährlichen ­Umfrage der FT-Publikation „nrpn“ unter 18 Pensionsfonds und ­Stiftungen aus Skandinavien inklusive Island mit insgesamt 210 ­Milliarden Euro Anlagevermögen plant kein einziger Institutioneller derzeit, mehr Geld in Hedgefonds zu investieren. Sind die als ­„riskant“ verrufenen Hedgefonds also wieder einmal die Bauernopfer des ­derzeit vorherrschenden „Risk-off“-Modus in Skandinavien? Großer Beliebtheit erfreuen sich dagegen weiterhin High Yield Bonds: Die Hälfte der Befragten wollen diese Anlageklasse aufstocken. Die ­warnenden Stimmen, die Hochverzinslichen seien schon jetzt ­überteuert, ihre Bedingungen würden unattraktiver und ­komplizierter (zum Vorteil des Emittenten) und die Emittentenstruktur sei doch sehr Small-Cap-­lastig, werden in Skandinavien noch gerne überhört. ­Hoffen wir, dass sich die meisten deutschen Investoren bereits ­ein­gedeckt haben.

portfolio institutionell, 13.07.2012

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