Im Durchschnitt 28 Prozent weniger als der Net Asset Value
Immobilienaktien mit historischen Discounts. Einflüsse auf Bewertungen von Fondsanteilen am Sekundärmarkt.
Die Corona-Krise trifft unter den Immobilieninvestments die Immobilienaktien als Erstes. So notierten die aktuellen Börsenkurse europäischer Immobilienaktien im Mai 2020 durchschnittlich um 27,9 Prozent unterhalb ihres Net Asset Values (NAV) je Aktie. Dies gab die European Public Real Estate Association (EPRA) auf Basis ihres Developed-Europe-Indizes bekannt, der europaweit agierende Immobilien-AGs und REITS enthält. Wesentliche Ursachen hierfür sind einerseits die in der Corona-Krise kurzfristig stark gesunkenen Aktienkurse und andererseits die ihnen gegenüberstehende Aufwertung der Immobilienbestände in den vergangenen Jahren.
Auch bei der Bewertung von Sekundärmarkt-Anteilen von Immobilienfonds für institutionelle Anleger sollte die aktuelle Bewertungssituation von Immobilien-Aktiengesellschaften betrachtet werden, findet die Real Exchange AG (Reax). Der NAV ergibt sich aus der Summe der Immobilien-Verkehrswerte abzüglich der Verbindlichkeiten des Eigentümers und sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch die langjährigen Preissteigerungen an den Immobilienmärkten geprägt. Eine Korrektur sei hier im Gegensatz zur Kursentwicklung an den Aktienmärkten erst längerfristig zu erwarten, so die Real Exchange AG in einer Pressemitteilung. Mit den derzeitigen, historisch hohen Discounts der Immobilien-Aktienkurse gegenüber dem NAV habe sich der Immobilienaktienmarkt so stark wie kaum jemals zuvor von einer annähernden Übereinstimmung von NAV und Aktienkurs entfernt, die häufig als Idealfall einer (Immobilien-)marktnahen Bewertung von Immobilienaktien angesehen wird. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, welche Implikationen die offensichtlich verzögerte Reaktion der ermittelten NAV auf die Bewertung von am Sekundärmarkt angebotenen Anteilen an Immobilien-Spezial-AIF hat. Bereits jetzt lasse sich beobachten, dass auch beim Fondsanteilhandel am Sekundärmarkt erhebliche Unterschiede (sowohl nach oben in Form von Prämien wie auch nach unten in Form von Discounts) zwischen realisierten Transaktionspreisen und NAV auftreten. Die Real Exchange AG plädiert in diesem Zusammenhang nachdrücklich dafür, zwischen den jeweiligen Bewertungsanlässen und -verfahren zu differenzieren.
Deutlicher Hinweis auf Transaktionspreise
Jörn Zurmühlen, Vorstand der Reax, erläutert: „Die von der EPRA ermittelten massiven Differenzen in der Bewertung von Unternehmen am Aktienmarkt im Vergleich zu ihrem auf Basis gutachterlicher Immobilien-Bewertungen ermittelten NAV sind ein deutlicher Hinweis für mögliche Transaktionspreise von Immobilienfondsinvestoren am Sekundärmarkt. Nach unserer Einschätzung bieten weder der allzu volatile Aktienkurs noch der tendenziell statische NAV eine faire Preisindikation für Immobilienfondsanteile im Sekundärmarkthandel. Vielmehr sollten in die Bewertung zusätzliche Kriterien wie das jeweilige operative Ergebnis (FFO) oder langfristige Cashflow-Prognosen einfließen.“ Da die Ermittlung der Immobilienwerte nur quartals- oder gar jahresweise erfolgt, können die daraus abgeleiteten NAV die aktuellen Entwicklungen wie die Corona-Krise oder kurzfristige Einflüsse politischer Regulierungsmaßnahmen wie der Mietpreisbremse oder des Mietendeckels nicht oder allenfalls mit deutlicher Verzögerung berücksichtigen.
Prof. Dr. Matthias Thomas, Senior Director Institutional Sales der Reax, erklärt: „Der Kapitalmarkt kann im Gegensatz zum NAV und seiner zugrundeliegenden Immobilienbewertung spontan reagieren. Er antizipiert viele Entwicklungen, die den Immobilienwert beeinflussen. Aber es liegen ihm auch teils irrationale Kriterien zugrunde, die sich einer transparenten Analyse entziehen und damit für die Bewertung eines – nicht an der Börse gehandelten – Fondsanteils entfallen.“ Transaktionen mit Anteilen von Immobilien-Spezial-AIF am Sekundärmarkt müssen dagegen Faktoren berücksichtigen, die über NAV und Börsenwert hinausgehen. Sie ergeben sich aus einem Zusammenspiel von Portfolioqualität, Wachstums- sowie Renditeerwartung von Investoren. Daraus resultieren beispielsweise Cashflow-Prognosen in Zeiträumen von zehn Jahren. Der auf aktuell circa zwei Milliarden Euro Handelsvolumen geschätzte Sekundärmarkt bietet damit auch unter Bewertungsperspektive eine alternative Anlageoption zu Immobilienaktien, Fonds-Erstzeichnungen und Direktanlagen.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Immobilienaktien | Immobilienfonds
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