Illiquidität und Impact im Stiftungsvermögen
Alles, was eine Stiftung tut, steht in einem Zusammenhang. Das gilt auch für das Vermögen und den Stiftungszweck. In Zeiten niedrigster Zinsen hat die Frage, wie Stiftungen zweckorientiert investieren, an Bedeutung gewonnen.
Auf dem diesjährigen Stiftungstag nahm die Thematik „Kapital & Wirkung“ deshalb großen Raum ein. Daneben prägten Immobilien und andere illiquide Asset-Klassen die dreitägige Veranstaltung in Osnabrück. Verschiedene Stiftungen gaben einen Einblick in ihre Strategie.
„Ohne Stiftungen ist keine freie, pluralistische und demokratische Gesellschaft möglich.“ Mit diesen Worten eröffnete Professor Dr. Michael Göring, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen (BDS), den Deutschen Stiftungstag 2017 in Osnabrück. Über drei Tage hinweg diskutierten gut 1.600 Teilnehmer in über 100 Einzelveranstaltungen über das Kongressthema „Bildung“ und über die aktuellen Herausforderungen niedriger Erträge in der Kapitalanlage. Insbesondere beim zweiten Punkt besteht Wissensdurst in der Stiftungsszene.
Denn wie eine kürzlich vorgestellte Untersuchung des Bundesverbandes zeigt, erwarten nur noch zwei Drittel der Stiftungen – und nur gut die Hälfte der kleineren Stiftungen mit weniger als einer Million Euro – Renditen über der Jahresinflationsrate. „Aber das bedeutet nicht, dass Stiftungen weniger für die Gesellschaft tun können. Im Gegenteil: Sie können zusätzlich über ihr Vermögen selbst noch viel mehr Wirkung entfalten“, sagte Felix Oldenburg, Generalsekretär des Bundesverbandes, auf dem diesjährigen Stiftungstag.
Wie Stiftungen aus ihrem Vermögen heraus Wirkung erzielen, wurde in diversen Veranstaltungen auf dem Stiftungstag thematisiert. So lud unter anderem das Center for Social and Sustainable Products (CSSP) zu einer Podiumsdiskussion ein. In seinem einleitenden Vortrag machte Oliver Oehri, Gründungspartner von CSSP, deutlich, wie wichtig es ist, dass eine Stiftung, die eine Wirkung erzielen will, dies als Einheit sieht und sich bewusst macht, dass auch aus dem Vermögen Wirkung erzielt wird. „Man kann die Verantwortung nicht wegdelegieren“, so Oehri. Nur zu vermuten, dass mit dem Vermögen keine negative Wirkung erzielt wird, reiche nicht aus. Es müsse Widerspruchsfreiheit herrschen.
Manchmal wissen Stiftungen nicht, egal welchen Zweck sie haben, ob sie mit ihrem Vermögen auch wirklich keine negative Wirkung erzielen, erläuterte der CSSP-Nachhaltigkeitsexperte. Dies sei wie Fahren auf der Autobahn, aber blind. Er plädierte in seinem Vortrag dafür, sich Klarheit zu verschaffen: „Das heißt nicht, dass man anders investieren muss, aber man muss genau hinschauen.“ Wer nicht nur keine negative Wirkung mit seinem Vermögen erzielen will, sondern eine positive Wirkung, müsse zunächst eine Selbstanalyse durchlaufen. Erst dann könne man über Neues nachdenken. Zugleich wies Oehri darauf hin: „Wirkung zu erzeugen, erfordert erheblich mehr Mut als klassische Vermögensanlage.“
Impact Investing bei der BMW-Stiftung
Diesen Mut bringt die BMW Foundation Herbert Quandt, unter deren Dach die beiden früheren BMW-Unternehmensstiftungen BMW Stiftung Herbert Quandt und Eberhard-von-Kuenheim-Stiftung seit März 2016 zusammengeführt sind, bereits seit längerem auf. Ziel dieses Zusammenschlusses war es, die Stärken und Ressourcen zu bündeln, auch im Feld des sogenannten Impact Investing. „Wir haben einen spannenden Umstrukturierungsprozess hinter uns. In beiden Stiftungen war Impact Investing ein wichtiges Thema – und das ist auch in der neuen Stiftung noch immer so“, erläuterte Mareike van Oosting, Projektmanagerin bei der BMW Foundation, während der Podiumsdiskussion von CSSP. Sie bezeichnete ihre Stiftung als Wirkungseinheit.
Mit beiden Seiten – der Fördereinheit und dem Kapital – soll eine maximale Wirkung erzielt werden. In einer Pilotphase wurde auf der Vermögensseite ein kleines Impact-Investing-Portfolio aufgebaut. „Wir sind ganz pragmatisch in kleinen Schritten vorgegangen. Wir haben inhouse Kompetenzen aufgebaut, mit externen Beratern zusammengearbeitet und über unser Netzwerk nach Organisationen gesucht, die wir schon länger begleiten und vielleicht auf der Förderseite schon unterstützt haben und bei denen wir ab einem gewissen Zeitpunkt entschieden haben, dass es eine Möglichkeit gibt, dort mit Investmentkapital in die Skalierungsphase hineinzugeben“, berichtete van Oosting. Dies sei ein spannender Prozess mit vielen „Learnings“ gewesen.
In der nächsten Phase will die BMW Foundation Herbert Quandt ihr Impact Investing stärker professionalisieren und internationalisieren. Momentan sei man in der Neuausrichtung und auf der Suche nach Partnern, die das Impact Investing von der kleinen Pilotphase in die Größe tragen. Mittelfristig sollen bis zu zehn Millionen Euro investiert werden. „Das ist der nächste große Schritt auf der Vermögensseite“, so van Oosting.
Doch ganz einfach war es nicht, die Idee des Impact Investing an die Gremien zu vermitteln. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir unser Kuratorium stark abholen und für das Thema sensibilisieren mussten“, berichtete Mareike van Oosting. Das gesamte Vermögen auf einen Schlag komplett auf Impact Investing umzustellen, wäre nicht gegangen. Deshalb wurde im Kleinen mit Organisationen, die man bereits kannte, angefangen, um die Gremien auch praktisch zu überzeugen. „Die Wirkung muss möglichst greifbar sein, nicht nur abstrakt“, so van Oosting. Eine besondere Herausforderung und ein Spagat, den es zu schaffen galt, betraf den Auswahlprozess der Impact Investments. Dieser sei ein ganz anderer als auf der Förderseite, bei der die Auswahl eher vom Herzen getrieben und idealistisch motiviert sei. Impact Investments müssen nicht vom Herzen, sondern aus der Investmentlogik heraus ausgewählt werden. Das ist für Mareike van Oosting eine der größten Herausforderungen gewesen, die Förder- und Investmentlogik miteinander zu vereinbaren.
Am Anfang stand Madagaskar
In der Schweiz gehört die Velux-Stiftung zu den Vorreitern in puncto Nachhaltigkeit. Den Ausschlag gab vor etwa zwölf Jahren ein Projekt in Madagaskar, bei dem ein Windrad gebaut wurde, das ein gesamtes Dorf mit Strom versorgt. „Wir waren sehr stolz darauf, ein Dorf mit karbonfreier Energie zu versorgen. Dann haben wir in unsere Vermögensanlagen geschaut und herausgefunden, dass wir in Ölfirmen investiert sind, die im Golf von Guinea eine riesige Sauerei veranstaltet haben. Ungefähr die gleiche Summe, die hier als Dividende geflossen ist, haben wir in das Windrad gesteckt. Das war ein Nullsummenspiel“, berichtete Lukas von Orelli, Geschäftsführer der Velux-Stiftung, während der Podiumsdiskussion mit CSSP und der BMW-Stiftung. Als umweltfördernde Stiftung, wie sie die Velux-Stiftung zum damaligen Zeitpunkt noch war, sei es nicht tragbar gewesen, Geld mit „schmutzigen“ Investments zu verdienen. „Das hat dem Stiftungsrat schnell eingeleuchtet. Doch dann fing die schwierige Reise erst an. Die Widerstände kamen vor allem intern“, erläuterte von Orelli. Bei der Frage, was man eigentlich nicht will, herrschte große Uneinigkeit. Jeder hatte eine andere Meinung, so dass zunächst nichts ausgeschlossen wurde.
Mittlerweile hat sich dies geändert. Verschiedene Nachhaltigkeitsansätze sind implementiert. Darüber hinaus hat die Velux-Stiftung in diesem Jahr beschlossen, zehn Prozent ihres Vermögens von 200 Millionen Franken in Impact Investments zu stecken. „Ich hatte versucht, den Stiftungsrat auf 25 Prozent hochzuhandeln“, sagte von Orelli. Sein Wunsch ist es, 50 Millionen Franken bis 2025 wirkungsorientiert zu investieren. „Als Stiftung fördern wir heute die naturwissenschaftliche Forschung. Der Vorteil ist, dass viele unserer Förderpartner Patente entwickeln, aus denen irgendwann Lizenzen und vielleicht Spin-offs werden. Ich habe nie verstanden, warum wir hier nicht weiter dabei bleiben“, erläuterte von Orelli. Als Stiftung müsse man natürlich überlegen, ob es realistisch ist, dass Geld zurückfließt. Lösungen lassen sich nach seiner Ansicht aber finden. „Im Moment sind wir dabei, dies zu systematisieren. Wir sind dabei, systematisch in Spin-offs zu investieren“, fügte der Geschäftsführer der Velux-Stiftung hinzu.
Auch im Arbeitskreis „Finanzen“ des Schweizer Stiftungsverbandes wird derzeit an der Antwort auf die Frage getüffelt, wie Stiftungen wirkungsorientiert investieren können. Dabei hat sich eine Problematik offenbart, die noch dringend zu klären ist. Es geht darum, wie die Steuerbehörden, von denen es in der Schweiz immerhin 27 gibt, damit umgehen. Laut Lukas von Orelli, der auch Präsident der Swiss Foundation ist, besteht die Gefahr, dass Steuerämter die Gemeinnützigkeit nicht mehr anerkennen: „Daran müssen wir arbeiten.“ Insgesamt kam Lukas von Orelli auf dem Stiftungstag zu dem Resümee, dass in der Schweiz Stiftungen mit wirkungsorientiertem Denken keine Exotenrolle mehr einnehmen. „Jeder befasst sich damit. Es ist aber kein Selbstläufer“, so Orelli. Allerdings ist es den Stiftungen in der Schweiz seit zwei Jahren vorgeschrieben, dass ihre Anlagen nicht konträr zum Stiftungszweck stehen dürfen.
Sachwerte, Sachwerte, Sachwerte
Wie Stiftungen unmittelbar aus ihrem Vermögen heraus Wirkung erzielen können, war nicht das einzige Kapitalanlagethema, das den diesjährigen Stiftungstag geprägt hat. Ein weiteres Top-Thema kreiste um Sachwerte, zu denen es immerhin ein gutes Dutzend verschiedene Fachveranstaltungen gab. Eine davon teilten sich Dieter Lehmann, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Volkswagen-Stiftung, und Ingo Strugalla, geschäftsführender Vorstand der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau. Gemeinsam widmeten sie sich der Frage, ob eine diversifizierte Anlagestrategie neben Aktien und Renten auch Immobilien enthalten sollte.
Die klare Antwort der beiden Stiftungsverantwortlichen: ja – auch wenn in Deutschland bereits über eine mögliche Immobilienblase diskutiert wird. Lehmann erinnerte daran, dass eine Reihe alter Stiftungen diverse Kriege und Währungsumstellung nur dank ihrer Immobilienanlagen überlebt haben. Kein Wunder also, dass auch die Volkswagen-Stiftung mit 15 Prozent einen guten Teil ihres Vermögens von 3,1 Milliarden Euro international gestreut in Betongold investiert hat. „Wir bevorzugen 1A-Lagen in deutschen und internationalen Großstädten“, merkte Dieter Lehmann an. Die Nettoanfangsrenditen hält er nur für bedingt aussagekräftig. Wenn man heute beispielsweise in Düsseldorf auf der Kö eine Büroimmobilie kauft, dann könnte dies teuer sein, räumte der Kapitalanlageleiter der Volkswagen-Stiftung ein. Allerdings sei dies auch Mitte der 1980er Jahre schon so gewesen – und seit damals seien die Preise deutlich gestiegen. Mit einer ähnlichen Entwicklung rechnet Lehmann auch in den nächsten Jahren.
Plädoyer für Anlagen ohne Endfälligkeit
Ohnehin sind Immobilien für die Volkswagen-Stiftung eine Asset-Klasse, die als werterhaltende Komponente im Portfolio extrem langfristig zu betrachten ist. „Wir müssen auch die Drei-Objekt-Grenze bedenken. Erst ab zehn Jahren gilt die Drei-Objekt-Grenze nicht mehr“, erläuterte Lehmann. Auf den liquiden Zugang zum Immobilienmarkt verzichtet die Volkswagen-Stiftung hingegen. Zwar gab es bei der Hannoveraner Stiftung Ende der 1990er Jahre einmal die Überlegung, in amerikanische Reits zu gehen. Diese Idee wurde jedoch nach einigem Hin und Her verworfen. „Wir haben uns zwei Jahre mit amerikanischen Reits befasst und in die Schublade gelegt, weil nicht klar war, wie die Ausschüttungen steuerlich zu betrachten sind. Der deutsche Fiskus hatte Probleme, dies zu klassifizieren. Umschichtungserträge sind unklar, dazu haben wir keine klare Aussage bekommen“, blickte Dieter Lehmann zurück. Das Risiko einer steuerlichen Infizierung der Gesamtanlagen erschien der Volkswagen-Stiftung zu groß.
Gegen Aktien an und für sich hat die Volkswagen-Stiftungen nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Genau wie Stiftungen seien Aktien für die Ewigkeit gemacht und würden deshalb gut zusammenpassen. Für Lehmann steht fest: „Stiftungen halten die Volatilität aus, aber sie halten keine Bonitätsrisiken aus. Wenn eine verzinste Anlage ausfällt, hat man keine Chance, dies aufzuholen. Bei Aktien besteht die Chance dazu, auch wenn es lange dauern kann.“ Der Rat von Lehmann an seine Stiftungskollegen lautete entsprechend: Anlagen, die keine Endfälligkeit haben, ins Portfolio aufzunehmen und darüber den Kapitalerhalt sicherzustellen.
Wie viel Freude Immobilieninvestments machen können, berichtete auch Ingo Strugalla in seinem Impulsvortrag. Seine Stiftung, die die Pflege der evangelischen Kirchen in Baden zum Zweck hat, weist allerdings eine Besonderheit auf, die es in diesem Zusammenhang zu bedenken gilt. Als einer von mehreren Vermögenstöpfen der Landeskirche in Baden-Württemberg ist die Evangelische Stiftung Pflege Schönau ausschließlich in illiquide Sachwerte investiert. „Traditionell sind Wald und Acker in unserem Portfolio. Wir verdienen damit ein Prozent, das ist nicht so erbaulich“, erläuterte Strugalla. Das europäische Immobilienportfolio, deren Allokation im Laufe der vergangenen acht Jahre durch die Zeichnung von zwölf Fonds aufgebaut wurde, bereitet ihm hingegen große Freude. Inklusive Wertsteigerung seien mit diesen Fonds über sechs Prozent erzielt worden.
Die Ausschüttung soll etwas unter fünf Prozent liegen. „Wir hatten großes Glück. Wir haben zum richtigen Zeitpunkt in die richtigen Manager investiert“, merkte Ingo Strugalla an. Inzwischen sei seine Stiftung nicht mehr in den „breiten Dickschiffen“ investiert, sondern setzt bei ihren Immobilieninvestments auf Themenfonds. Aus eigener Erfahrung gab Strugalla seinen Stiftungskollegen, die sich Immobilien zuwenden möchten, mit auf den Weg, einen Investitionsstau bei dieser Asset-Klasse zu vermeiden. Man müsse stetig an den Immobilien arbeiten. „Buy and hold ist der falsche Weg“, so Strugalla.
Operative Stiftungen tun sich schwer mit Schwankungen
Auch im freien Vermögen der Körber-Stiftung spielen Immobilien eine zentrale Rolle. Anleihen befinden sich hingegen nicht im Portfolio, wie Dr. Thomas Paulsen, Vorstandsmitglied bei der Körber-Stiftung, während einer Podiumsdiskussion, die M.M. Warburg initiiert hatte, verriet. „Wir brauchen planbare Erträge aus dem freien Vermögen, weil die Erträge, die wir über unsere Beteiligung an der Körber AG einnehmen, schwanken. Das Unternehmen ist zwar profitabel, aber manchmal ist es mehr, manchmal ist es weniger. Diese Schwankungen können wir als operative Stiftung schwer verkraften. Denn wir können nicht sagen, dass wir ein Projekt einfach nicht machen. Wir können Projekte nicht an- und ausschalten“, erläuterte Dr. Thomas Paulsen.
Die Funktion des freien Vermögens ist nach Ansicht des Stiftungsfachmanns, die Volatilität der Unternehmensbeteiligung – die Stiftung ist Alleineigentümer der Körber AG – auszugleichen. „Wir brauchen stabile, planbare Erträge. Deshalb haben wir schon früh sehr stark auf Immobilien gesetzt“, fügte das Vorstandsmitglied der Körber-Stiftung hinzu. Konkret heißt das: 50 Prozent des freien Vermögens von 250 Million Euro stecken in Bestandsimmobilien. Darüber hinaus entfallen rund 23 Prozent des freien Vermögens auf Mezzanine und Darlehen, die zum Teil auch an Projektentwicklungen vergeben wurden. Die Körber-Stiftung ist zudem selbst in der Projektentwicklung aktiv. Wie Paulsen erläuterte, hat sich die Stiftung mit einem Club von Investoren zusammengetan, um über diesen Eigenkapital an Projektentwicklungen zu geben.
Die Frage, ob der Markt inzwischen zu teuer ist, um in neue Immobilien zu gehen, bejahte Dr. Thomas Paulsen. Zugleich hatte er jedoch noch ein großes Aber parat. „Schon vor zehn, 20 Jahren war es teuer, in München in Immobilien zu gehen. Entscheidend ist, dass man das richtige Asset hat, nicht, zu welchem Preis es gekauft wurde“, merkte Paulsen an. Eine freie Rücklage darf die Körber-Stiftung derzeit im Übrigen nicht bilden, wie der für die Kapitalanlagen zuständige Stiftungsvorstand mit gewissem Bedauern ausführte. Dies sei erst ab 2019 wieder erlaubt.
Neben Immobilien hält die Körber-Stiftung in ihrem freien Vermögen derzeit auch eine neunprozentige Allokation in Private Equity. Diese sei historisch bedingt und keine Vermögensklasse, die strategisch und dauerhaft im Portfolio verbleiben soll. Bis 2023 will man das Private-Equity-Engagement auslaufen lassen und höchstwahrscheinlich nicht mehr neu hineingehen. Dies geschieht laut Paulsen nicht, weil man Private Equity als Asset-Klasse schlecht findet, sondern „weil diese Vermögensklasse in der Form nicht zu uns passt“.
Am schwäbischen Erfolg partizipieren
Ganz anders fällt die Einschätzung der Karl-Schlecht-Stiftung zu Private-Equity-Investments aus. Im vergangenen Jahr wurde entschieden, einen Teil des Stiftungsvermögens, das sich auf etwas mehr als 400 Millionen Euro beläuft, in Private Equity als alternative Beimischung zu investieren. Zu den Beweggründen erläuterte Dr. Uwe Dyk, der als Mitglied der Geschäftsführung für die Kapitalanlagen bei der Karl-Schlecht-Stiftung zuständig ist: „Unsere Stiftung sitzt in der Nähe von Stuttgart. Um uns herum sehen wir viele Global Player, an deren Erfolg wir über den Aktienmarkt nicht herankommen. Private Equity stellt für uns als unternehmerisch denkende Stiftung eine Möglichkeit dar, um am Erfolg dieser Mittelständler zu partizipieren. Wir erzielen eine Hebelwirkung bei einem überschaubaren Risiko. Für uns ist das als Beimischung eine kalkulierbare Alternative.“
Dass diese Asset-Klasse dennoch gewisse Risiken birgt, dessen ist sich Dyk bewusst. Um diese zu begrenzen, investiert die Stiftung in verschiedene Formen von Private-Equity-Fonds: Dachfonds, Fonds mit direkter Beteiligung und einen Secondary Fonds. Auf Venture-Capital-Beteiligungen wird hingegen verzichtet. Nach Ansicht von Geschäftsführer Dyk sind derartige Investment für eine Stiftung nicht geeignet. Zu Vorsicht rät er auch bezüglich einer gewerblichen Infizierung der Stiftungserträge. „Wir prüfen ständig, welche Art von Erträgen wir erzielen“, so Dyk.
Wie wichtig die Vehikelfrage ist, weiß auch Dieter Lehmann von der Volkswagen-Stiftung. Ihm stellte sich diese Frage im Rahmen einer Diskussionsrunde, die das Bankhaus Lampe zum Thema Infrastruktur auf dem Stiftungstag initiiert hatte. Grundsätzlich dürfe eine Stiftung natürlich in Infrastruktur investieren, müsse aber auf das Vehikel achten. Insbesondere bei auf Erneuerbare Energien spezialisierte Infrastrukturfonds, die seit 2004 verstärkt aufgelegt wurden, haben Stiftungen, die dort investieren wollten, wegen der Private-Equity-ähnlichen Struktur aufpassen müssen. „Gewerbliche Einnahmen bergen grundsätzlich eine Gefahr, weil sie die Steuerfreiheit gefährden“, so Lehmann. Bei klassischen Infrastrukturfonds mit breiter Streuung sei dies anders. „Man muss aber genau hinschauen und sich das bestätigen lassen“, sagte Lehmann. „Wenn Zweifel bestehen, ob gewerblich geprägte Erträge ausgeschüttet werden, gibt es Verpackungen, wie zum Beispiel die Luxemburger Sicav, die geeignet sind, die Gewerblichkeit zu heilen. Aber alle zusätzlichen Strukturen kosten Geld. Man muss sich überlegen, ob sich dies lohnt. Aber nicht alle Infrastrukturfonds haben dieses Problem“, führte er aus.
Nicht mit dem Kopf in den Sand
Strafzinsen, negativ rentierende Bundesanleihen, steigende Volatilität und aufkeimende Inflation: Dieses Umfeld erschwert Stiftungen das Vermögensmanagement mehr denn je. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist keine Option. Dass Sachwertinvestments einen Ausweg aus dem Zinsdilemma bieten können, haben große Stiftungen auf dem Stiftungstag in Osnabrück mehrfach thematisiert. Auch die Möglichkeit, aus dem Kapital heraus Wirkung zu erzielen, wurde vielfach diskutiert. Deutschland ist ein Stiftungsland – und das soll es auch bleiben. Denn wie sagte es Professor Dr. Michael Göring zur Eröffnung des Stiftungstages so treffend: „Ohne Stiftungen ist keine freie, pluralistische und demokratische Gesellschaft möglich.“
Von Kerstin Bendix
portfolio institutionell, Ausgabe 06/2017
Autoren: Kerstin Bendix In Verbindung stehende Artikel:
Schreiben Sie einen Kommentar