Hohes Mietausfallrisiko in ostdeutschen Großstädten
Studie untersucht unter anderem Einfluss der Energiepreise. Verband begrüßt Vorschläge zur Energieeffizienz.
Wie hoch ist mein Mietausfallrisiko? Diese Frage ist eine der wesentlichsten für Immobilieneigentümer. An einer Antwort hat sich das Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen Prea in Form einer Studie versucht. In dieser werden die makroökonomischen Einflüsse auf Mieteinnahmen für alle Landkreise in Deutschland mehrdimensional untersucht. Die Studie „Deutschland im Stresstest“ nimmt dafür vor allem die mietrelevanten Auswirkungen der gestiegenen Energiekosten für Haushalte und Industrie in den Blick.
Intuitiv nachvollziehbar ist, dass bei einkommensschwachen Haushalten ein höheres Mietausfallrisiko gegeben ist. Hinzu komme, dass die Energie maßgeblicher Bestandteil der Nebenkosten sei. Je höher der Anteil geringverdienender Haushalte pro Landkreis, umso geringer ist der Puffer, um die hohen Nebenkosten zu tragen, schlussfolgern die Autoren der Prea-Studie. Als signifikant werden darüber hinaus der Mietwohnungsanteil sowie der Wärmebedarf des Gebäudesektors pro Haushalt bestimmt.
Von sehr hohen Mietausfallrisiken sind insbesondere Großstädte im Osten Deutschlands betroffen. Das liegt unter anderem an dem größeren Mietmarkt und an dem Anteil niedrig verdienender Haushalte. Von den Top-7-Städten ist Berlin die einzige Stadt mit einem sehr hohen Mietausfallrisiko. Düsseldorf, Köln, München und Stuttgart weisen ein moderates und Hamburg und Frankfurt am Main ein hohes Mietausfallrisiko auf.
Temperaturen und die Bausubstanz
Ebenfalls eine Rolle spielen regionale Temperaturen und die Bausubstanz. Beim Wärmebedarf sind überdurchschnittliche Werte im östlichen Bayern sowie in der Vulkaneifel (> 20.500 kWh) feststellbar, während Großstädte am Rhein wie Freiburg im Breisgau (8.800 kWh), Düsseldorf (9.200 kWh) und Mannheim (9.400 kWh) je Haushalt einen deutlich geringeren Wärmeverbrauch aufweisen. Ursächlich hierfür sind die dort höheren Durchschnittstemperaturen sowie der jüngere Gebäudebestand und die dichtere urbane Bebauung.
„Alle drei Indikatoren sind wichtig, um einschätzen zu können, in welchen Kreisen und kreisfreien Städten Vermieter einem höheren oder niedrigerem Risiko ausgesetzt sind, dass sie auf einen Teil ihrer Mieteinnahmen verzichten müssen“, sagt Juri Ostaschov, Chief Data Scientist und Partner von Prea. „Aus diesem Grund haben wir die drei Indikatoren multiplikativ verknüpft und mit dem deutschlandweiten Durchschnitt normiert.“ Das höchste Mietausfallrisiko gibt es demnach in den kreisfreien Städten Chemnitz, Leipzig und Rostock, während am unteren Ende Kreise im Münchner beziehungsweise Frankfurter Umland, nämlich Rhein-Pfalz, Ebersberg und Starnberg, stehen.
Neben dem erhöhten Risiko von Mietausfällen hat die Energiekrise in vielen Regionen Deutschlands auch zu einer Eintrübung der Wachstumsaussichten geführt. Prea geht davon aus, dass ein höherer Anteil energieintensiver und ineffektiver Industrien ein höheres Rezessionsrisiko und damit ein geringeres Mietwachstum zur Folge habe.
Projektentwickler leiden
Von dieser Gemengelage sind aktuell Projektentwickler und Bauträger besonders schwer betroffen. Aufgrund der zeitlichen Verzögerung zwischen Bau und Vermarktung kalkulierten diese mit höheren Exit-Preisen, die nun nicht mehr erzielt werden können. Das lässt ihre Marge schmelzen. Hinzu kommt, dass die Zinswende die Kreditzinsen rapide erhöht hat und damit den Traum vom Eigenheim für viele Haushalte in weite Ferne gerückt hat. Demgegenüber profitieren Bestandshalter. „Trotz zuletzt erheblicher Abwertungen ihrer Immobilienbestände dürfte der Mietmarkt in vielen deutschen Städten aufgrund des sinkenden Neubauangebots und der gescheiterten Eigenheimträume angespannt bleiben. Dabei dürften, aufgrund der hohen Energiekosten, Objekte mit guter Dämmung besonders stark nachgefragt werden“, erläutert Juri Ostaschov.
Doch nicht nur aufgrund der potenziell höheren Mieten, die in Objekten mit guter Dämmung erzielt werden können, dürften sich nach Einschätzung von Prea Investitionen in energetische Sanierungen lohnen, sondern ebenfalls aufgrund der Neuregelung der CO₂-Abgabe. Diese ist seit Januar 2023 in Kraft und regelt die Aufteilung der CO₂-Kosten zwischen Mieter und Vermieter entsprechend ihrer jeweiligen Verantwortung. Objekte mit einer niedrigen Energieeffizienz könnten damit zu einem Kostenrisiko werden.
BEE begrüßt Entwurf zur Reform des Gebäudeenergiegesetzes
Derweil hat das Wirtschafts- und Bauministerium Vorschläge zur Reform des Gebäudeenergiegesetzes erlassen. Diese werden vom Bundesverband Erneuerbare Energien, BEE, begrüßt. „Die gesetzliche Festschreibung der Nutzung von 65 Prozent Erneuerbaren Energien beim Tausch bestehender und beim Einbau neuer Heizungen begrüßen wir sehr. Hinter diese Vorgabe darf die Bundesregierung nicht mehr zurückfallen“, kommentiert Dr. Simone Peter, Präsidentin BEE, den Referentenentwurf. „Fossile Heizungen müssen jetzt schnell raus aus den Kellern, damit wir die Klimaziele erfüllen und für eine nachhaltige Versorgungssicherheit sorgen. Um soziale Verwerfungen zu vermeiden und die Umrüstung zu ermöglichen, muss die Reform durch ein gezieltes Förderprogramm flankiert werden.“
Insgesamt seien die Vorschläge des Wirtschafts- und Bauministeriums ein guter erster Aufschlag, um die Wärmewende in Deutschland voranzubringen: „Trotz großer Nachfrage nach Erneuerbaren Heizungstechnologien dominieren noch immer fossile Heizungen den Markt, denn es fehlt ein verlässlicher Rahmen für den Umstieg“, so Peter. Damit sich alle die Umstellung auch leisten können, brauche die bestehende Förderung eine sozialpolitische Ausrichtung. „Der Umstieg auf Erneuerbare Wärme lohnt sich finanziell fast immer. Er ist aber zumeist mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden. Dazu benötigen viele Gebäudeeigentümer*innen neben einer ausreichend hohen Zuschussförderung angesichts fehlender Ersparnisse auch den Zugang zu Krediten und Förderkrediten.“ Dies müsse sichergestellt werden – über die Hausbanken oder direkt durch die KFW, so Peter abschließend.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren
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