Gute Stimmung bei Immobilienfinanzierern
Margen erreichen Höchststände. Aber: Erwartung, dass künftig mehr Non Performing Loans.
Die Stimmung unter den deutschen Immobilienfinanzierern erreicht im zweiten Quartal den besten Wert seit neun Quartalen. Das BF-Quartalsbarometer stieg von -4,68 Zählern um 3,66 Punkte auf -1,02 Punkte. In Q4 2020 lag der Wert noch bei -8,08 Punkten. Das Panel besteht aus Vertretern unterschiedlicher Banken sowie anderen Finanzierern und berücksichtigt auch neue Finanzierungsanbieter wie Versicherungen und Versorgungswerke.
Signifikant verbessert hat sich die allgemeine Einschätzung des Marktes. Während im Q1 2021 noch mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) die Bedingungen am Finanzierungsmarkt als restriktiv einschätzten, waren es im Q2 nur noch 22,6 Prozent. Ein weiteres Zeichen der Entspannung ist, dass Kreditentscheidungen wieder stärker einvernehmlich zwischen Risikoabteilung und Neugeschäftsbereich getroffen werden. In den zurückliegenden von Corona dominierten Quartalen war die Risikoabteilung deutlich dominanter.
Francesco Fedele, CEO der BF Direkt AG, kommentiert: „Die Immobilienfinanzierer blicken derzeit optimistisch in die Zukunft und scheinen die Corona-Krise schon hinter sich gelassen zu haben. Zumindest legt dies der rasche Anstieg des Barometers in zwei aufeinander folgenden Quartalen nahe. Diese Einschätzung ist bemerkenswert, da es parallel dazu auch viel Unsicherheit am Markt gibt. Als Stichworte möchte ich hier Inflationsängste, den langsamen Impffortschritt und die Sorge um den weltweiten Fortgang der Pandemie nennen.“
Erfreuliche Margenentwicklung
Ein Stimmungsaufheller dürfte nicht zuletzt die Margenentwicklung sein. Laut Barometer erreicht sie bei der Bestandsfinanzierung den höchsten Stand seit mehr als sechs Jahren, bei Projektentwicklungen sogar seit mehr als sieben Jahren. Die durchschnittlichen Margen sind im Bestandssegment in den letzten acht Quartalen kontinuierlich gestiegen. Sie stiegen von 119 Basispunkten im Q3 2019 auf 157 Basispunkte im Q2 2021 (+38 Basispunkte). Bei Projektfinanzierungen stiegen die Margen im gleichen Zeitraum von 203 auf 239 Basispunkte (+36 Basispunkte).
Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS und wissenschaftlicher Berater des BF-Quartalsbarometers, erläutert: „Die Margen steigen, weil die Banken höhere Risikokosten haben. Dies liegt unter anderem am zunehmenden Auseinanderdriften von Beleihungswert und Marktpreis. Die Marktpreise – vor allem für Wohnimmobilien – sind während der Pandemie kontinuierlich weitergestiegen und entfernen sich immer mehr von den sehr konservativ berechneten Beleihungswerten. Die Banken können aber nur den Anteil des Darlehens, der auf den Beleihungswert entfällt, via Pfandbriefe günstig refinanzieren. Für den darüberhinausgehenden Blankoanteil müssen die Institute mehr Risikovorsorge treffen, was sich in den Margen niederschlägt.“
Die Spanne der angegebenen LTV-Werte reicht von einem Minimum von 40 Prozent bis zu einem Maximum von 100 Prozent. Der Durchschnittswert liegt bei 67,6 Prozent (+2,0 Prozentpunkte). Die durchschnittlichen LTVs der einzelnen Immobiliensegmente betragen zwischen gut 58 und 75 Prozent.
Zuwachs an NPL erwartet
Weniger erfreulich ist jedoch, dass die Hälfte der Finanzierer davon ausgeht, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zunahme von Non Performing Loans (NPL) bei bestimmten Asset-Klassen sehr hoch ist. Manuel Köppel, CFO der BF Direkt AG, sagt hierzu: „Gefährdet sind in erster Linie Finanzierungen für Immobilien in den Bereichen Hotel, Non-Food-Einzelhandel, Gastronomie und Freizeit. Allerdings ist das Ausmaß der Krisenfolgen immer noch schwer absehbar, auch da viele staatliche Stützungsmaßnahmen weiterlaufen. Ich gehe davon aus, dass wir hier in sechs Monaten mehr Klarheit haben.“
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Real Estate Debt
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