Schwarzer Schwan
13. November 2020

Güle güle, Berat!

Eine schrecklich nette Familie

Im Jahr 2018 nahm sich der türkische Präsident Erdogan ein Beispiel an Washingtoner Gepflogenheiten: Er ernannte seinen Schwiegersohn Berat Albayrak zum Finanzminister. Warum auch nicht? Wozu ist man denn Präsident, wenn man nicht mal seine Familie fördern kann? Als Protagonist der Panama Papers hat Albayrak ja auch schon Finanzmarktkompetenz bewiesen. Außerdem war es schon immer so, dass der Kalif die Wesire bestimmt.

Nun aber reichte der Schwiegersohn seinen Rücktritt ein, den der Schwiegerpapa akzeptierte. Warum nur? Nur weil die türkische Lira allein in diesem Jahr etwa ein Drittel zum Dollar verlor? Nur weil die Inflationsrate notorisch zweistellig ist? Nur weil Albayraks per Instagram veröffentlichte Rücktrittsankündigung schnell 600.000 „Likes“ bekam?

Die Gründe dürften woanders liegen. Die Presse kolportiert, dass für Erdogan Albayrak seit den US-Wahlen nutzlos ist. Dieser habe sich nämlich für höhere politische Weihen vor allem durch seine Freundschaft zu Ivanka Trump und Jared Kushner, Tochter und Schwiegersohn von Donald Trump, qualifiziert. Unter Berufs-Schwiegersöhnen funkt man eben gleich auf der derselben Wellenlänge. Die New York Times schrieb: „Mr. Albayrak’s departure may also signal a recalibration by Mr. Erdogan in reaction to the election of Joseph R. Biden Jr. in Tuesday’s U.S. presidential election. Part of Mr. Albayrak’s portfolio was to handle relations with the White House through his friendship with President Trump’s daughter Ivanka Trump and her husband, Jared Kushner.” Vielleicht gab es auch einen Familienkrach. Berat soll laut FAZ-Recherchen sein Frauen-Portfolio diversifiziert haben.

Für Investoren ist der Abgang von Berat ein echter Verlust – zumindest an Entertainment. Die Welt berichtete im vergangenen Jahr von einer Präsentation vor Investoren, die für diese die schlechteste, die sie jemals von einem hochrangigen Regierungsvertreter erlebt haben, gewesen sei. „Es war eine absolute ‚Mist-Show‘“, wetterte ein Fondsmanager für Schwellenländer laut der Zeitung gegenüber dem politischen Nachrichtendienst Axios. „Ich habe noch nie einen Regierungsvertreter gesehen, der so schlecht vorbereitet war.“ Doch der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm. Erdogan kämpft heroisch gegen eine böse Zinslobby, die tatsächlich glaubt, dass höhere Zinsen ein Mittel gegen Inflation sind.

Der türkischen Lira tat Albayraks Abgang jedoch gut. Sie verteuerte sich gegenüber Dollar und Euro.

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