Immobilien
18. Januar 2016

Graue Wolken am Horizont

Am deutschen Immobilienmarkt ist die Stimmung gut – noch. Befürchtungen vor einer Überhitzung nehmen zu.

Die Stimmung unter Immobilieninvestoren in Deutschland ist seit Jahren gut und ändert sich auch in diesem Jahr nicht. Es gibt allerdings einige Fragezeichen, insbesondere in Bezug auf eine mögliche Überhitzung. Wie das aktuelle Trendbarometer „Immobilien-Investmentmarkt 2016“ von EY Real Estate zeigt, sind immerhin 95 Prozent der rund 150 Investoren, darunter institutionelle Investoren, Banken und Kapitalanlagegesellschaften, guter Dinge für den deutschen Immobilienstandort. Als Stimmungsdämpfer tritt an dieser Stelle jedoch Christian Schulz-Wulkow, Partner bei E&Y Real Estate, auf. Er geht davon aus, „dass der Höhepunkt des Transaktionszyklus allmählich erreicht ist“.
Seit 2009 hat sich das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Immobilienmarkt sukzessive erhöht und erreichte im vergangenen Jahr einen neuen Rekord: 2015 gab es im Wohn- und Gewerbesegment Immobilientransaktionen in Höhe von insgesamt 79 Milliarden Euro, was deutlich über den Erwartungen von E&Y lag. In ihrem Trendbarometer für 2015 hatten sie lediglich mit bis zu 54 Milliarden Euro gerechnet. Für 2016 erwartet E&Y einen Rückgang des Transaktionsvolumens auf 62 bis 65 Milliarden Euro. Es wird sich zeigen, ob sie dieses Mal mit ihren Prognosen besser liegen, wenngleich die Argumente plausibel klingen. „Das Angebot wird ein limitierender Faktor sein. Lediglich Großübernahmen im Wohnimmobilienbereich hätten das Potenzial, das Transaktionsvolumen in ähnliche Größenordnungen wie im Jahr 2015 zu heben“, so Schulz-Wulkow.
Auch die Mehrheit der befragten Immobilieninvestoren (85 Prozent) gehen von einer Verknappung des Angebots aus – vor allem für Immobilien mit vergleichsweise geringem Risiko zu angemessenen Preisen. In den stark nachgefragten, zentralen Lagen könnten die Preise – egal welche Nutzungsart – überhitzen, fürchten rund 80 Prozent der Umfrageteilnehmer. Aber auch abseits der Toplagen dürften die Kaufpreise steigen. Als Beispiel führt E&Y den Bürosektor an. Hier rechnet die Mehrheit der Befragten sowohl in A- Lagen (63 Prozent) als auch in B-Lagen (57 Prozent) mit weiteren Preissteigerungen. Auch für Hotels in Bestlagen erwartet gut die Hälfte Preisanstiege. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es nur 24 Prozent.
Wie aus dem Trendbarometer weiter hervorgeht, nimmt die Risikoaffinität der Investoren nochmals zu. Mit 81 Prozent erwartet die Mehrheit der Befragten eine Zunahme spekulativer gewerblicher Projektentwicklungen; im vergangenen Jahr waren es nur 62 Prozent. Offenbar ist der Markt offen für neue Projekte. „Die Nachfrage weitet sich von Core-Immobilien aus und umfasst immer häufiger auch Projektentwicklungen oder sonstige Investments mit Wertsteigerungspotenzial, das erst noch gehoben werden muss“, kommentiert Schulz-Wulkow.
Diese steigende Nachfrage erklärt sich E&Y in erster Linie mit dem Niedrigzinsumfeld, in dem es nur wenige Alternativen gibt. Daran wird sich auch 2016 nichts ändern. Denn die überwältigende Mehrheit von 92 Prozent geht davon aus, dass eine spürbare Zinswende auch in diesem Jahr ausbleiben wird. Ebenfalls eine Rolle bei der Preisfindung wird die weltpolitische Instabilität haben. Dieser Auffassung ist gut die Hälfte der Befragten, nachdem es im Vorjahr nur 44 Prozent waren. Die Preissituation auf dem deutschen Immobilienmarkt dürfte nicht zuletzt auch der zunehmenden Konkurrenz aus dem Ausland geschuldet sein, die Deutschland im internationalen Vergleich trotz ein paar Fragezeichen als wirtschaftlich und politisch stabil sehen. „Umgekehrt zieht es deutsche Immobilienanleger aber auch schon länger wieder ins Ausland“, erklärt Paul von Drygalski von E&Y Real Estate. Immerhin acht von zehn Befragten äußern Auslandsinteresse. Auch Spanien und Italien seien als Zielländer wieder attraktiv, zumindest partiell.
portfolio institutionell newsflash 18.01.2016/Kerstin Bendix

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