Stiftungen
25. März 2015

Gerichtsurteil mit Leuchtturmcharakter: Stiftung siegt gegen die Commerzbank

Eine Stiftung hat vor dem Frankfurter Oberlandesgericht einen für den gesamten Stiftungssektor bedeutsamen Sieg davongetragen. Es geht um Falschberatung und Rückvergütungen.

Der Hildegard-Bredemann-Busch-du-Fallois-Stiftung ist es laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Ausgabe vom 24. März 2015) gelungen, sich wegen schlechter Anlageberatung vor Gericht gegen ihr Finanzinstitut durchzusetzen und Geld zurückzubekommen. Die Entscheidung zugunsten der Einrichtung fiel bereits zu Beginn dieses Jahres. 
Die Commerzbank AG muss der 1978 in Krefeld anerkannten gemeinnützigen Stiftung den Schaden ersetzen, der durch ihre Anlageberatung entstanden ist. Konkret handelt es sich um ein Investment in einen geschlossenen Immobilienfonds, der insgesamt 133 Millionen Euro in ein Büroobjekt in Frankfurt-Sachsenhausen investierte. Im Jahr 2001 hatte sich die Stiftung mit 280.000 Euro an dem Anlagevehikel beteiligt. 
Den Fonds belastete am Ende des vergangenen Jahrzehnts, dass er weitgehend durch ein Darlehen in Schweizer Franken fremdfinanziert wurde und die Währung gegenüber dem Euro aufwertete. Laut dem Zeitungsbericht steht das Objekt heute zum Verkauf; Beobachter erwarten, dass die Anleger in dem Fall ein Drittel ihrer Einlage verlieren. 
Die Bank wurde verurteilt, der gemeinnützigen Stiftung etwa 250.000 Euro zu zahlen. Außerdem wurde die Stiftung von der Nachschusspflicht befreit. Ohne das Urteil hätte sie nach Einschätzung ihres Vorstandsvorsitzenden, Christoph von Berg, fast eine halbe Million Euro weniger. Von Berg hatte die Klage begonnen und ist der Ansicht, dass das Urteil für die gesamte Stiftungswelt interessant sei, „da Banken jetzt prüfen müssen, was sie Stiftungen überhaupt anbieten können.“ Die Stiftung begründete ihre Klage damit, dass die Bank sie fehlerhaft über Risiken und Rückvergütung beraten habe. 
Erst verloren, dann doch gewonnen 
Nachdem die Commerzbank vor dem Frankfurter Landgericht zunächst einen Sieg davon getragen hat und ihr eine „anleger- und objektgerechte Beratung“ bescheinigt wurde, schlugen sich die Richter am Oberlandesgericht auf die Seite der Stiftung. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig, da die Bank diesen Monat auf eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof verzichtet hat. 
Das Gericht führt dem Zeitungsbericht zufolge im Wesentlichen zwei Gründe gegen die Commerzbank an: Die Anlageform in diesen Immobilienfonds sei mit dem Kapitalerhalt der Stiftung unvereinbar. Dazu sei die Stiftung aber rechtlich verpflichtet. Außerdem habe die beklagte Bank den Erhalt und die Höhe ihrer Provisionen verschwiegen. „Die Klägerin durfte schon aus stiftungsrechtlichen Gründen nicht das Risiko eingehen, das Stiftungskapital durch riskante Anlagegeschäfte zu mindern“, heißt es in dem Urteil des Oberlandesgerichts. 
Die Stiftung wurde von einer Mitarbeiterin der Commerzbank beraten. Vor Gericht sagte sie, dass sie um die Wichtigkeit des Kapitalerhalts gewusst habe. Doch die Anlageform war damit offenbar unvereinbar. Das Gericht urteilt: „Die Investition in den vorliegenden Fonds beschwor indessen unstreitig gewisse Verlustrisiken herauf, die sich aus der Finanzierung in einer Fremdwährung und der Unsicherheit der Entwicklung von erzielbaren Mieten und aufzubringenden Darlehenszinsen ergaben.“ Hätte die Stiftung als Anleger ein höheres Risiko eingehen wollen, hätte dies die Bank beweisen müssen. Zudem habe die Commerzbank verschwiegen, dass sie mindestens fünf Prozent der Zeichnungssumme als Rückvergütung erhalten würde. Laut Urteilsbegründung war die Empfehlung „nicht anlegergerecht, weil mit der rechtlichen Verpflichtung der Klägerin, ihr Stiftungskapital zu erhalten, unvereinbar.“ 
Keine Informationen über Rückvergütungen 
Nach Einschätzung von Prof. Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär beim Bundesverband Deutscher Stiftungen, ist das Urteil für eine sehr große Zahl von Stiftungen bedeutsam. „Denn ein Großteil der Stiftungen wird von ihren Banken bislang nicht über die teilweise sehr hohen Rückvergütungen informiert, die zu Lasten der Stiftungserträge gehen. Manch eine Entscheidung bei der Vermögensbewirtschaftung würde von Stiftungen anders getroffen, wenn sie die entsprechenden Informationen über Rückvergütungen hätten“, ist Stiftungsexperte Fleisch überzeugt. Außerdem stelle das Urteil klar, dass Banken und Sparkassen stiftungsgerecht beraten müssen und „sich nicht von vertrieblichen Interessen leiten lassen dürfen.“ 
Die Hildegard-Bredemann-Busch-du-Fallois-Stiftung wurde vor Gericht in dem Verfahren von Rechtsanwalt Dietmar Kälberer vertreten. Er ist Partner der Anwaltskanzlei Kälberer & Tittel. Nach seinen Kenntnissen habe ein Oberlandesgericht erstmals derart entschieden und das Urteil begründet. Der Jurist hält den Fall für wichtig für die Anlagepraxis der Organisationen. „Die Stiftungen sitzen hier auf einem ganzen Berg von Altproblemen. Und bei Neuanlagen sehen sich die Vorstände vor dem Hintergrund der extrem niedrigen Zinsen oft in der Zwickmühle.“ 
portfolio institutionell newsflash 25.03.2015/Tobias Bürger
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