Strategien
7. August 2017

Gemeinsam investiert es sich leichter

Der Engpass an attraktiven Assets ist in den illiquiden Asset-Klassen notorisch. Kooperationen zwischen Investorengruppen, auch zwischen regulierten Anlegern und Family Offices, erscheinen sinnvoll, da sich diese beiden Lager ergänzen können. Fallbeispiele.

Der Spielraum von Lebensversicherungen ist auf absehbare Zeit durch die Zinszusatzreserve, das Solvency-II-Meldewesen oder die Capital Requirements Regulation eingekastelt. Und mit dem Zwang zu Investments wie Bankennachränge, Locals und Multi-Asset-­Solutions ist die Assekuranz weiter zum Basispunkte-Schubsen ­verdammt. Den Kunden der klassischen Lebensversicherungen wird weniger Rendite als trügerische Sicherheit verkauft. Dagegen zeigen private Investoren, dass sich das Eingehen von unternehmerischen Risiken ­durchaus bezahlt machen kann – zum Beispiel mit einem Vermögensanstieg auf 29 Milliarden Euro.

Diese Summe schreibt das Manager Magazin in seiner Juni-Ausgabe vier Stämmen der Familie Reimann zu, deren Ahnherr Johann Adam Benckiser anno 1823 in Pforzheim mit einer Salmiakhütte startete. Zustande kam der rasante Vermögenszuwachs durch Beteiligungen an Unternehmungen in den Branchen Kaffee, wo mittlerweile über die Hälfte des Familienvermögens investiert ist, in Kosmetik, ­Hygiene- und Putzmittel und Luxusmode.

Die Vermögensverhältnisse des Clans, der laut Manager Magazin 18 Erwachsene zählt, sind also geordnet, weitere unternehmerische ­Risiken müssten nicht mehr eingegangen werden. Trotzdem: ­Vermögensverwalter Peter Harf, der aus einem mittelständischen Chemiebetrieb durch seine Beteiligungsstrategien insbesondere ein Kaffeeimperium geschaffen hat, dreht weiter ein großes Rad. Zusätzlich zum Kapital der Reimann-Stammaktionäre sammelt Harf bei ­familienfremden Investoren über die JAB-Holding große Summen ein. In den vergangenen fünf Jahren sammelte JAB über neun Milliarden Dollar bei Großanlegern ein.
Als Motiv nennt die Zeitschrift Harfs Ziel, „eine Beteiligungsgesellschaft wie die Renditemaschine Berkshire Hathaway von Warren Buffett“ zu schaffen. Weitere im ­Artikel genannte Argumente: die Verdienstmöglichkeiten der Vermögensverwalter, eine Professionalisierung der Vermögensverwaltung, eine Diversifikation des Produktportfolios, das Anzapfen der Netz­werke von Drittinvestoren und natürlich das Argument, das bei praktisch allen Empire-Building-Ambitionen genannt wird: Synergien!

Mit dieser Strategie, Gelder von Drittinvestoren für weitere unternehmerische Ambitionen einzusammeln sind diese Reimann-Familien nicht allein – trotz eines auch für die n-te Familiengeneration bereits feststehenden finanziell unbeschwerten Lebensabends. Profitieren können auch institutionelle Investoren, die nach Beteiligungsmöglichkeiten suchen, ohne die Nachteile von klassischen Private-Equity-Fonds in Kauf nehmen zu müssen.

Eine Gelegenheit, abseits der Welt der klassischen Beteiligungsfonds in Wachstumsunternehmen zu investieren, eröffnen nun Reimann-Familienmitglieder, die sich bereits Ende der 1990er-Jahre von den heutigen „JAB-Reimanns“ um Peter Harf getrennt und ihre Vermögen 2006 im in Grünwald gelegenen Family Office Reimann ­Investors gebündelt haben. Offeriert werden Co-Investments mit der Reimann Investors Management GmbH & Co. 2016 KG. Deren Investitions­fokus: Unternehmen aus der Digitalindustrie, allen voran E-Commerce-Spezialisten, Finanzdienstleistern und Fintechs Eigenkapital für die Expansion zur Verfügung zu stellen.
„Unsere deutsche Family-­Office-Lösung ist eine Alternative zum US-Venture-Capital-Fonds-Modell“, erklärt Dr. Michael Riemenschneider, der seit Gründung des Family Office 2006 als Geschäftsführer über das Vermögen der ­Reimanns wacht. „Wir sind eine deutsche Familie und kein Fondsmanager, der Management Fees vereinnahmen möchte. Wir legen auch keinen Reimann-Asien-Fonds auf, der gezeichnet werden muss, wenn man beim nächsten Core-Fonds auch dabei sein möchte.“ Zu den Nachteilen von Beteiligungsfonds zählen typischerweise auch neben den teuren Gebühren hohe Nebenkosten für Vertrieb, Regulierung und Turnovers im Beteiligungsportfolio. Letzteres treibt eher den IRR und damit die Performance-Fee an, als das für Investoren eigentlich relevantere Multiple. Zu nennen ist auch, dass unterschiedliche ­Limited Partner in der Regel unterschiedliche Ziele mit ihrem ­Investment ­verfolgen.


Evolution eines Family Office

Die Historie des Reimann Family Office ähnelt dem anderer Familien-Geldverwaltungen, die heutige Ausrichtung ist jedoch speziell. ­Klassischerweise beginnt die Evolution eines Family Office mit einem Liquiditäts-Urknall, der erst einmal mit der Schaffung eines breiten Anlageuniversums verarbeitet werden muss. Aktien und Anleihen, Beteiligungsfonds und Hedgefonds, Schiffe und Flugzeuge fanden Eingang ins Portfolio. Materialisiert haben sich bei diesem Evolu­tionsprozess – insbesondere auf der Kostenseite – viele Banken und Vermögensverwalter.
Eine wirklich greifbare Materie war eine solch breite Portfoliostruktur für die Familie jedoch nicht. Vielmehr kam es zu Phantomschmerzen. Der Unternehmerfamilie fehlte es an ­Zugang und Identifikation mit dem Fondsportfolio und sie hatte kein ­Unternehmen mehr. „Da war keine Story mehr wie bei einem Unternehmen, die das Familienoberhaupt seinen Enkeln hätte erzählen können“, so Riemenschneider. Aktienquoten, Top-10-Positionierungen und der Value-at-Risk schaffen eben anders als echte Produkte, Kunden und Märkte nur eine begrenzte emotionale Bindung. „Im ­Generationengedächtnis der Reimanns ist der Wunsch fest verankert, ein Unternehmen aufzubauen. Und da fehlte was“, erläutert der ­Geschäftsführer. Die Konsequenz war somit der Aufbau eines Kompetenzzentrums für Direktinvestitionen.

Dieses läuft parallel zu einem klassischen, liquiden Kapitalmarktportfolio aus ETFs mit Core-Satellite-Struktur und einem Overlay zur ­Risikoabsicherung. Riemenschneider: „Fungibilität ist extrem wichtig, um auf Veränderungen im Leben zu reagieren. Große Vermögen gehen auf Grund einer schlechten Entwicklung in Verbindung mit ­Illiquidität zugrunde.“ Die Aktienquote liegt bei 55 Prozent, Satelliten können einzelne Staaten oder Sektoren sein, das Anleihenportfolio besteht auf Grund des bekannten Zinsdilemmas aus Corporate Bonds und High Yields sowie Bond-Proxies auf Basis von Volatilitäts-, Long-Short- und eigenen Trading-Strategien. Riemenschneider: „Einen ­stetigen Ertrag bei überschaubarem Risiko zu erzielen ist eine ­Herausforderung. Unser Vorteil ist, dass wir nicht so unter Druck ­stehen wie andere.“ Aus diesem Kapitalmarktportfolio und den ­Direktbeteiligungen entsteht dann die Reimann-Barbell: ­„Hochliquide und illiquide, überschaubares Risiko und hohes Risiko, kalt und heiß“, beschreibt Riemenschneider die Strategie. „Und insgesamt wird es mit den beiden Pure Plays lauwarm.“

Bereits Ende 2007 startete das Family Office mit einem relativ breit ausgerichteten Beteiligungsportfolio zur Vereinnahmung hoher ­Illiquiditätsprämien. Im Laufe der Zeit wurde das Portfolio jedoch ­immer fokussierter. Heute macht Michael Riemenschneiders Team einen ­Bogen um Seed-Finanzierungen sowie Buyouts und konzentriert sich auf die Wachstumsphase. Hier finden sich Unternehmen, die den Proof of Concept bereits erbracht und erste Umsätze erzielt haben, bei denen die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells jedoch noch schwierig zu ­beurteilen ist. Vom Investor, der zwischen einer und 20 Millionen ­bereitstellt und dessen Renditeerwartung bei über 25 Prozent liegt, ­erwarten die Unternehmen nicht nur Kapital, sondern auch die ­Fähigkeit, den Unternehmensausbau zu fördern und mitzugestalten sowie ein gutes Netzwerk. Den Fokus bei den Sektoren wiederum legt das Family Office auf (E-)Commerce, Fintechs und Finanzdienstleister und digitale ­Geschäftsmodelle.

Fokus auf Expansion von (E-)Commerce und Fintechs

Warum nicht Buyouts in Cashflow-starken Sektoren wie Kaffee und Reinigungsmittel beziehungsweise Investments in fast moving ­consumer goods, Herr Riemenschneider? „Moderne Sektoren sind ­interessanter und die Familie schätzt auch den Start-up-Touch.“ Last but not least dürfte der Familie auch gefallen, dass die teils disruptiven Unternehmen im Portfolio jährliche Wachstumsraten von 30 bis 100 Prozent aufweisen. Damit sich die riskanten Investments auch auszahlen, orientiert sich das Family Office an dem Leitspruch „Age, quod agis“, was der Family Officer frei mit „machs gscheit“ übersetzt.
Riemenschneider lässt durchblicken, dass das Family Office in der Vergangenheit Lehrgeld bezahlt habe. Dieses wurde in Know-how ­investiert: „Directs lassen sich nicht nebenbei machen. Wir ­beschäftigen hierfür aktuell sieben Mitarbeiter.“ Deren Expertise liegt in einzelnen Sektoren, im Dealsourcing und vor allem in der Begleitung der Unternehmen. „Man muss helfen können“, so der Geschäfts­führer des Family Office.

Das Know-how der Mitarbeiter wird auch gebraucht, um einen USP zu entwickeln und auszubauen, den ein Unternehmen für Investoren erst interessant macht. Das ist auch nötig, weil E-Commerce allein zwar ein interessantes Wachstum aufweist, dieses aber primär auf die Amazons entfällt. Im Gegensatz zu einem digitalen Weltkonzern ist beispielsweise die Ausrichtung des Reimann-Portfoliounternehmens Alphapet mittelständisch und vertikal. „Klassischen E-Handel können Amazon oder Zalando besser. Alphapet ist dagegen nicht nur ­Premium-Online-Händler, sondern auch Entwickler eigener hochwertiger Marken.“
Dies hat den Vorteil, im oberen Preisgefüge ­unterwegs zu sein und somit höhere Margen zu erzielen, womit sich nicht nur die Tierfreunde, sondern auch die Geldhüter in der Familie identifizieren können. Zudem können um die Marke herum weitere Dienstleistungen für Haustierfreunde offeriert werden, wie zum ­Beispiel der Service „Leinentausch“. Hier wechselt nicht Bello das ­Leinenmodell, sondern das andere Ende seiner Leine, indem das ­Unternehmen den Vierbeiner, deren Besitzer beispielsweise eine Fernreise antreten möchte, mit anderen passenden Herrchen und Frauchen matcht. Alphapet kann also seine Kundendatei für ein ­Digitalthema nutzen. Zudem ist Gassigehen, zumindest bis zu einer gewissen Anzahl an Hunden, skalierbar.

Ein anderes E-Commerce-Beispiel ist Kellersports, das online Sport­artikel vertreibt. Wie Alphapet legt Kellersports Wert auf Qualität, ­konzentriert sich also auf hochwertiges Sport-Equipment. Dies ­entspricht den Wünschen von Herstellern wie Adidas und Nike, die ihre Waren nicht entgegen ihren Marketingkonzepten auf dem Wühltisch sehen wollen. Für Kellersports-Kunden wiederum ist attraktiv, dass sie für ihre Premium-Mitgliedschaften attraktive Preise, ­limitierte Produkte und exklusive Veranstaltungseinladungen bekommen.

Zu den Fintechs im Reimann-Portfolio zählt Credi². Das Unternehmen bietet unter der Marke Cashpresso Privatkunden einen Dispokredit in Höhe von bis zu 1.500 Euro an, der binnen zehn Minuten ­beantragt und abgeschlossen ist und bereits am nächsten Tag ausbezahlt wird. Für die Bonitätsprüfung und die Video-Identifikation reicht ein Handy. Das erste Fintech-Unternehmen der Reimanns war die ­Sofort GmbH mit ihrem bekannten Online-Zahlungssystem ­Sofortüberweisung. Das Investment gilt als Erfolgsgeschichte im ­Reimann-Portfolio. Sofort habe sich von einem Kleinstunternehmen zu einem der führenden Online-Zahlungssystemanbieter in Europa entwickelt. Mittlerweile mit Klarna zusammengeschlossen, generiert das Fintech heute mit über 45 Millionen Endkunden und über 65.000 Onlinehändlern im Schnitt ein jährliches Transaktionsvolumen von über zehn Milliarden Euro.

Übrigens: Einen Asset-Manager-Disruptor in Form eines „Fonds-Amazon“ sieht Michael Riemenschneider nicht – zumindest nicht im institutionellen Markt. Riemenschneider verweist auf die hauseigene Deutsche Kontor Privatbank. Diese stellt einen wichtigen Baustein in der Vermögensverwaltung von Mitgliedern der Unternehmerfamilie Reimann aber auch für das Verständnis von Fintech-Modellen dar und offeriert zudem Beteiligungen am liquiden Portfolio des Family Office. „Die Kontor-Kunden wünschen keine Performance-Daten auf dem Handy. Sie wollen über Print und Telefon informiert werden – gerade wenn es Probleme gibt. Die Orders sind aber natürlich voll ­digitalisiert.“ Riemenschneider fügt hinzu, dass Amazon auch auf kleinteiliges Geschäft mit Privatkunden spezialisiert ist. „Darum wird der institutionelle Vertrieb nicht durch Amazon disrupted.“

Qualitätssicherung, Netzwerk, mehr Volumen

Mit Blick auf die attraktiven Wachstumschancen der (E-)Commerce- und Fintech-Beteiligungen der Reimanns stellt sich bei möglichen Drittinvestoren natürlich die Frage, warum die Familie denn eigentlich den Profit ­teilen möchte. „Um langfristig gut zu bleiben, muss man sich dem Wettbewerb stellen“, argumentiert Michael Riemenschneider, der ­dabei an gute Beteiligungsfonds denkt. Die Beweisführung dafür, dass man gut ist, ist für Riemenschneider Wachstum. „Von dieser Qualitätssicherung, aber auch durch das mit den Co-­Investoren ­wachsende Netzwerk, profitiert auch die Familie ­Reimann.“
Die wirtschaftlichen Erwägungen, dass mit den Fondsgebühren – 2+20 bei ­einer Hurdle-Rate von acht Prozent – auch mehr Mitarbeiter bezahlt werden können, bezeichnet Riemenschneider lediglich als „Neben­effekt“. Wesentlicher dürfte sein, dass ein größeres Anlage­volumen mehr Diversifikation ermöglicht. Das Startportfolio von vier Unternehmen – Alphapet, Kellersports, Credi² und Spendit, ein ­Spezialist für digitale Gutscheine – soll auf acht bis zwölf Unternehmen ausgebaut werden, so dass das Fondsvolumen am Ende 50 bis 70 Millionen Euro beträgt. Je größer das Volumen, desto eher wird das Team auf Deals angesprochen, auch wenn das Family ­Office in der Venture-Szene bereits eine entsprechende Reputation hat.

Dank des Ausgangsportfolios reduziert sich auch die für Beteiligungsfonds typische Black-Box-Problematik. Mögliche Interessenskonflikte zwischen Familie, die an jedem Unternehmen 70 bis 80 Prozent ­behalten will, und Co-Investoren entschärfen sich dadurch, dass jeder Unternehmensneuzugang in das ausschüttende KG-Vehikel wandert. Das Vehikel hat eine Bafin-Lizenz, ist allerdings lediglich „registriert“, da das Anlagevolumen unter 500 Millionen Euro bleiben wird. Dass ein Family Office sich freiwillig die regulatorische Knute gibt und ­einen höheren administrativen Aufwand betreibt, erklärt sich in diesem Fall damit, dass den Reimanns als Bankeigner Regulatorik nicht fremd ist, und dass man auch bereits heute für verschiedene Familien­mitglieder verschiedene Reportings erstellt.

Family Offices schätzen an Institutionellen deren Systematik

Gegenüber institutionellen Co-Investoren hegt Riemenschneider ­keine Vorbehalte. Der damalige Talanx-Mitarbeiter Dr. Bernhard ­Graeber schilderte 2015 die Sicht von Verkäufern von Infrastrukturprojekten: „Institutionelle sind zu kompliziert und mühsam, weil sie nicht pragmatisch genug sind und für alles eine rechtliche ­Absicherung haben wollen.“ Diese Sicht teilt Riemenschneider nicht, will aber auch „keine Sonderlocken drehen“. Er geht jedoch davon aus, dass bei ­vielen Institutionellen ein Investment am fehlenden Track Record scheitert. Was er an institutionellen Investoren schätzt, und dem ­einen oder anderen Family Office abgeht, ist das eher systematische beziehungsweise weniger opportunistische Investieren. „Wichtiger als Know-how ist Disziplin. Es ist professionell, klare ­Regeln zu ­haben“, so das Credo von Riemenschneider. Dass dieser Spirit durch institutionelle Investoren im Reimann Family Office noch stärker verankert werden würde, dürfte Riemenschneider befürworten.

Ob institutionelle und andere Co-Investoren aber bei dieser Marktausrichtung auch auf ihre (2+20-)Kosten kommen werden, bezweifelt ein Private-Equity-Experte: „Es gibt nur wenige wirklich gute Assets, aber viele VC-Fonds, viele halbstaatliche Investoren und bei Corporates ­immer mehr VC-Arme. Viele Anleger sind auch noch durch Rocket Internet traumatisiert.“ Dem entgegenhalten kann Riemenschneider jedoch, dass kaum ein anderer einen so großen Erfahrungsschatz und ein so breites Netzwerk in den beiden Nischen aufgebaut hat, in ­denen das Reimann Family Office unterwegs ist.

Silverfern: Milliardärs-Club öffnet seine Pforten

Ein ähnliches Projekt, aber in ganz anderen Volumensphären dimensioniert, mit überaus internationaler Ausrichtung und mit anderen Beteiligungssegmenten, betreibt die Silverfern Group. Hinter dieser Plattform stehen als Co-Managing-Partner das Ehepaar Reeta und ­Clive Holmes. Reeta Holmes arbeitete einst nicht nur für ­Blackstone, sondern kümmerte sich auch um das Alternative-Asset-Portfolio der Familie Soros sowie weiterer großer Family Offices, die im Soros-Multi-Family-Office betreut wurden. In diesen Postionen konnte sie auch gute Beziehungen zu großen Family Offices wie zum Beispiel den Rothschilds und anderen internationalen Family Offices aufbauen, deren Patrone in der Forbes-Milliardär-Rangliste weit oben rangieren. Ein sicherlich prägendes Erlebnis war für Reeta Holmes während ihrer Soros-Zeit, dass sich das Family Office der Investorenlegende, welches sich einst für Drittinvestoren geöffnet hatte, um die Jahrtausendwende zunehmender Regulierung ausgesetzt sah.
Dies behagte George Soros offenbar nicht: Er verabschiedete die anderen Familien, und investierte lieber wieder solo. Ein ähnlicher Fall: das einstige Schweizer Finanzwunderkind Rainer-Marc Frey, das 2002 im Gegenzug für seine RMF Group, einen Anbieter von alternativen Assets, von der Man Group 500 Millionen Schweizer Franken bekam. Frey gründete daraufhin Horizon 21, ebenfalls auf alternative Finanzanlagen ­spezialisiert. Dieses war jedoch weniger erfolgreich, und 2010 ­wandelte Frey Horizon 21 in (s)ein Family Office um. Ein damaliger Artikel der Zeitschrift Bilanz zitiert CEO Reto Suter, dass „man so ­weder auf gesetzliche Auflagen noch auf die Interessen der Kunden Rücksicht nehmen“ müsse.

Zurück zu den Holmes: Reetas bessere Hälfte Clive blickt auf eine Vergangenheit als Investmentbanker an der Wall Street zurück, war zudem Co-Head of North American Mergers and Acquisitions für Deutsche Bank Securities in New York. Ursprünglich stammt Clive Holmes aus Neuseeland und arbeitete auch in Sydney. Aus diesen Zeiten wurde Clive Holmes offenbar auch eine Problematik der am anderen Ende der Welt lebenden vermögenden Familien bewusst: Wenn diese einen Deal aus den USA sehen, mussten sie davon aus­gehen, dass etwas faul ist – warum sollte der Deal auch sonst bis nach Australien und Neuseeland herumgereicht werden. Auch ließen die Angebote von Privatbanken zu wünschen übrig.
Naheliegend war ­darum, dass diese Familie Interesse zeigte bei Deals von Clive ­Holmes mit zu investieren, wenn dieser diese von New York aus steuerte und strukturierte. Dies war quasi die Ausgangsbasis, aus der ein globales Netzwerk namens Silverfern aus etwas über 20 vermögenden ­Familien wurde, berichtet Robert Spittler, Director der The Silverfern Group Europe in Frankfurt. Weitere Büros bestehen heute neben New York in Amsterdam und Sydney. Da Reeta und Clive nur Investment­möglichkeiten mit dem Netzwerk teilen, bei denen sie auch selber ­investieren, ist die Familie finanziell stark committed und ein Alignment of Interests immer sichergestellt.

Wie es der Zufall wollte, waren einige der Familien Privatbankkunde bei Citi, die sich, wenig verwunderlich, für diesen Milliardärs-Club ­interessierte. Einbringen konnte sich die Citigroup damit, dass sie das Netzwerk mit 40 ihrer versiertesten Direktinvestment-Familien ­primär aus Asien, dem Mittleren Osten und Lateinamerika ­„bereicherte“. Citi ist offenbar gerade in den Schwellenländern eine ­bekannte Marke. „Dadurch wuchs das Netzwerk auf nun 65 Familien, deren Prinzipale sich nun direkt austauschen“, so Spittler. „Wir sind von 20 Freunden auf heute über 65 erfahrene globale Anleger ­gewachsen.“ Diese haben die Möglichkeit, bei jeder einzelnen Investmentmöglichkeit zu entscheiden, in welcher Höhe sie sich – oberhalb eines Mindest-Commitments – beteiligen wollen. Die mit dem Wachstum einhergehenden nötigen Investitionen in das regulatorische Set-up waren aus der Sicht des Ehepaar Holmes gut investiertes Geld, schließlich stand mittlerweile auch die durch Madoff und andere Skandale sensibilisierte SEC auf der Matte, die erkannt hatte, dass hier viel Geld unter ihrem Radar läuft. Spätestens jetzt wurde aus dem Family Office ein großer regulierter globaler Asset Manager für ­alternative Assets.

Diese Anleger, in der Regel Multi-Milliarden-Familien, profitieren bei ihren Investments in Private Equity, Real Estate und Private Debt vom Austausch von Off-Market-Informationen mit den anderen Silverfern- Netzwerkmitgliedern. So besteht zum Beispiel für die Familien jeden Mai die Möglichkeit, sich auf dem Jahres-Meeting direkt mit Familien aus anderen Ländern zu aktuellen Fragen auszutauschen. So kann sich europäischer Geldadel direkt bei Familien aus dem Nahen Osten über Entwicklungen im Öl-Sektor informieren.
Im Gegenzug können sich die Familien aus dem Mittleren Osten mit Europäern zu deren Einschätzung von Themen wie Macron oder Brexit informieren, oder ungefilterte Feinheiten von südamerikanischen Familien zum kolumbianischen Rechtssystem erfahren sowie sich von in München ­ansässigen Familien zu Beteiligungen an einem dortigen Immobilien­projekt oder Fußballverein ins Bild setzen lassen. Robert Spittler: „Wir brachten Inseln zusammen, sind quasi Informationsdrehscheiben. Die Gretchenfrage ist immer, ob der Local aus dem Netzwerk investiert.“ Dabei ständig im Flugzeug sitzend: Clive Holmes in seiner ­Mission als oberster Silverfern-Netzwerker.

Bereichert wird das ­Familiennetzwerk auch dadurch, dass zusätzlich zu den Prinzipalen und Investmentexperten der mehr als 65 ­Familien, die sich im ­Familiennetzwerk ballen, weitere 50 Senior- ­Industrieexperten rund um den Globus im Silverfern Advisors Board als ein zweites komplementäres globales Netzwerk gemanaged werden. Wenn nun jemand in einem der Netzwerke eine Opportunität sieht, kann er oder sie diese direkt mit Silverfern teilen, um mit vereinten Ressourcen daran zu arbeiten.

Diversifikation und Directs in einem

„Im Fokus der Kapitalanlage steht eine systematische Diversifizierung. Trotzdem wollen wir aber genau wissen, wo unser Geld ­investiert ist. Der simple Grund hierfür: Es ist mein Dollar!“, erklärt Spittler, der an dieser Stelle auf missliche Erfahrungen der Mitglieder mit ­Privatbanken vor der Finanzkrise, Dachfonds, Locked-ins, divergierende Investorenziele, ausbleibende Capital Calls und so weiter ­verweist. In der Asset-Klasse Private Equity zielt Silverfern somit mit „vielen präzisen Laser-Schüssen“ auf Unternehmen des globalen ­Lower-Mid-Markets. „Schlussendlich verbinden wir die Risiko­streuung eines typischen Dachfonds mit völliger Transparenz und Flexibilität über die einzelnen Investments“, sagt Spittler. Mit Directs in Unternehmenswerte von 150 Millionen bis 1,5 Milliarden Dollar fühle man sich wohl, da mit dem unteren Wert bereits eine gewisse Unternehmensstabilität gegeben sei.
„Es geht uns primär um die Werterhaltung und dann im zweiten Schritt um Wertzuwächse“, so der Deutschland-Statthalter von Silverfern. Für das Management ­dieser Targets stehen lokale Partner aus dem Familiennetzwerk, aus der Private-Equity-Branche sowie selektiv auch Strategen bereit. Bei Immobilien liegt der Fokus auf Value-add- und opportunistischen ­Stategien, die von Häusern wie Carlyle, Orange oder Heitmann ­begleitet und gemanagt werden. Bei Private Debt wiederum zielt ­Silverfern auch direkt auf das globale Middle-Market-Segment ab und investiert in den jeweiligen Kredit typischerweise zwischen zehn und 50 Millionen Dollar.

Da die zwei geschaffenen Investment-Sourcing-Netzwerke nun global kritische Masse erreicht haben und sich die gewünschten Netzwerk­effekte zeigen, ist Silverfern seit Ende 2016 dabei, seine Investoren­basis in Richtung institutioneller Investoren auszudehnen. In einer ersten Roadshow in der Dach-Region zusammen mit dem nach ­Paragraf 32 KWG regulierten Placement Agent First Investment Partners wurden ausgewählte 60 institutionelle Investoren aus dem deutschsprachigen Raum angesprochen, von denen bereits 20 ­regulierte Anleger, darunter Versicherungen und Versorgungswerke, direkt mit der Due Diligence begonnen haben. Mit den anderen sollen die Gespräche äußerst konstruktiv laufen, so dass weitere nach den Sommerferien folgen werden.

Diese 20 Anleger haben bereits Erfahrungen mit Private-Equity-Fonds gemacht, und laut Spittler ist eine gewisse Unzufriedenheit bezüglich der Vorhersehbarkeit von Calls und Transparenz zu konstatieren. ­Silverfern trifft hier mit dem Angebot einen Nerv, erst einmal auf ­kleiner Basis mit Schnupper-Committments starten und dann mit steigendem Vertrauen die Zusagen steigern zu können. Gegenüber der Welt der Beteiligungsfonds ist dagegen das Unwohlsein mit Händen zu greifen, dass der Markt überhitzt und der auf den General Partnern (GP) lastende Investitionsdruck so groß sein könnte, dass die Disziplin dort flöten zu gehen droht.

Silverfern berechnet keine Fees auf Committed Capital, so dass ­derartiger Druck nicht entstehen kann. Attraktiv ist für Investoren auf administrativer Ebene auch, dass Managed Accounts bereits ab fünf Millionen möglich sind, und für diese auch nur die üblichen 2+20 bei einer Hurdle Rate von acht Prozent in Rechnung gestellt werden, ­wobei deutlich geringere Fees möglich sind, wenn größere ­Committments gemacht werden. Spittler: „Das kommt gut an.“ Mit steigendem Volumen reduzieren sich die Fees. Das aber womöglich wichtigste Silverfern-Asset: Dealsourcing. „Durch unsere weltweiten Netzwerke haben wir für Private Equity, Real Estate und Private Debt eine dauerhafte Pipeline an Assets, die unterhalb der üblichen Radars läuft“, erklärt Spittler.
Anzumerken ist, dass Silverfern in eher kleinen Losgrößen investiert. Nicht unwesentlich ist für Anleger, dass dieser bei jedem Deal nachfragen kann, ob ein höheres Co-Investment ­möglich sei und er nicht andersherum auf den GP warten muss, ob ein Co-Investment angeboten wird. Dies ermöglicht nicht nur den schnelleren Aufbau des Portfolios, sondern mindert auch die Black-Box-Problematik. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie, auch wenn das Netzwerk gut ist, auf Märkten mit einem notorischen Mangel an attraktiven Assets Flexibilität bezüglich der Höhe von Co-Investments möglich ist. Spittler: „Wir sind ins Fundraising gegangen, da wir im Rückblick pro Deal deutlich mehr investieren hätten können. Mit ­unserer Öffnung für weitere Anlegergruppen wollen wir dieses Gap verkleinern. Dabei liegt Silverferns Sourcing-Kapazität aktuell über ­eine Milliarde ­Dollar über den vorhandenen Mitteln. Von den ­Volumina der großen Buyout-Fonds und vor allem von deren Kapitalüberhang sind wir noch weit weg.“ Als ein Grund für diese Flexibilität nennt Spittler, dass man als Dealsourcer mehr Anteile anfordern ­könne. Ein Vorteil von mehr Kapital ist, dass die Teams besser ausgelastet werden.

Bezüglich des Vehikel-Typs hat sich Silverfern für einen Luxemburger Raif entschieden. Als Hauptvorteil eines Reserved Alternative Investment Fund (Raif) gegenüber Sicar- und Sif-Instrumenten gilt dessen Time-to-Market von nur wenigen Wochen. Für Silverfern liegt ein Vorteil vor allem darin, dass dieses erst 2016 aufgelegte Vehikel offenbar auch in Asien gut ankommt. „Investoren in zum Beispiel Singapur bevorzugen einen Raif gegenüber Delaware/Cayman-Funds“, erklärt Rober Spittler.

Unterschiede zwischen Family Offices und Institutionellen

Für das vergangene Jahr berichtete Silverfern über fünf neue Private  Equity- und Immobilien-Plattforminvestments und vier Follow-On ­Investments für bestehende Portfoliounternehmen. „Silverferns zwei großen, globalen Netzwerke – unsere Investoren sind auf fünf ­Kontinenten in 23 Staaten ansässig, und unser Industrieexperten-Netzwerk zählt über 50 operative Executives sowie unsere lokal ­operierenden Partner – verschafften uns immer wieder Zuflüsse an privaten, Off-market-Informationen, die im vergangenen Jahr einzigartige Investmentopportunitäten erschufen“, schwärmt Clive Holmes in einer Pressemitteilung. „Wir fahren damit fort, das Portfolio global zu diversifizieren und dabei jederzeit ein informierter, lokaler ­Investor zu bleiben.“

Die Gefahr eines Clash of Cultures, wenn institutionelle Investoren und Family Offices gemeinsam investieren, sieht Robert Spittler nicht. Wobei anzumerken ist, dass für die milliardenschweren „Silverfern-Familien“ allein auf Grund ihrer Größe ein strikter Investment­prozess eine Grundvoraussetzung für den Anlageerfolg ist. Prinzipiell hat Spittler, der anmerkt, dass sich auch bei einem Family Office eine Due Diligence auf drei Jahre ausdehnen könne, nur zwei Unterschiede zwischen Silverferns traditionellen Family-Office-Investoren und ­seinen neuen institutionellen Investoren ausgemacht: „Die personellen Ressourcen sind im institutionellen Lager wirklich sehr knapp. Außerdem ist die Eigenwahrnehmung weniger selbstbewusst.“
Nichts Neues ist für Silverfern auch, dass gerade in den Sommerferien die Due-Diligence-Ressourcen besonders knapp sind. Denn zu den ­Herausforderungen der globalen Investorenbasis von Silverfern zählt schließlich, dass Weihnachten, Ramadan, das 16-tägige Chinese New Year und unterschiedliche Sommerferien auf der Nord- und Südhalbkugel zu berücksichtigen sind. Spittler: „Auf all diese Ereignisse muss der Silverfern-Kalender abgestimmt werden.“ Die Hinzunahme ­zusätzlicher institutioneller Anwender hilft Silverfern, diese Dinge besser auszubalancieren und gleichzeitig die Netzwerke mit dem ­benötigten Kapital zu füttern, das diese jetzt brauchen.

Blaupause Bad Homburg?

Gemeinsam mit privatem Geld zu investieren kann für institutionelle Investoren Horizonte bezüglich Fachwissen erweitern und neue ­Zugänge zu interessanten Assets schaffen, die mit anderen Rendite-Risiko-Profilen und Investmentperioden das Portfolio bereichern ­können. Zudem sollte es sich mit Co-Investoren ohne Bilanzdruck entspannter investieren lassen. Womöglich ergibt sich auch die eine oder andere Job-Möglichkeit? Interessant ist nicht zuletzt, über solche Kontakte auch Einblick in kleine und große Finanzströme zu bekommen, was allerdings umgekehrt umso mehr gilt. Private Investoren sind auch nicht uninteressiert daran zu erfahren, welche regulatorischen Arbitrage-Möglichkeiten sich in Zukunft ergeben können.

Lernen lässt sich aus Fällen, in denen sich Family Offices für Dritt­investoren öffnen aber auch, dass die Rendite für die Familie nicht ­unbedingt nur aus den Investments kommen muss. Schließlich kann die Entwicklung einer solchen „open Architecture“ für Dritte auch ein schönes, womöglich höher rentierliches Geschäftsmodell sein – wenn am Ende der Verkauf der gemeinschaftlichen Gesamtunternehmung ansteht. Die in Bad Homburg ­ansässigen Quandts gründeten mit ­Feri – mittlerweile mehrheitlich an MLP veräußert – Auda und HQ Trust eigene Vermögensverwalter, die damit beworben wurden und werden, mit der Familie Quandt investieren zu können. Diese sammelte die Drittgelder ein, verdiente an den Gebühren und zog die ­eigenen Gelder Schritt für Schritt auf bestimmte Level zurück, um das Vermögen parallel auch wieder solo zu verwalten. Wie es in ­einigen Jahren um die Vehikel der Reimanns oder Silverfern bestellt sein wird, bleibt ­abzuwarten. Bis dahin bieten die beiden aber interessante Alternativzugänge für Beteiligungen.

Von Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 07/2017

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