Strategien
13. März 2019

Gedämpfte Verluste

Wertsicherungskonzepte versprechen Schutz vor schwierigen Marktentwicklungen – und als solche wurden sie 2018 auf die Probe ­gestellt. Wie sie sich angesichts fallender Aktienmärkte und rarer Ausweichmöglichkeiten geschlagen haben, zeigt unser Jahresrückblick.

Von Sicherungen profitiert

Sehr datengetrieben ist das Wertsicherungsmodell der Veritas Investment. Anhand prognosefreier Simulationen auf Basis historischer Daten werden Verlustszenarien erstellt, auf Grundlage derer die ­Anlageentscheidung getroffen wird. Auf Basis von real eingetretenen Entwicklungen ließen sich so Kursentwicklungen der Zukunft antizipieren und zu einem vereinbarten Niveau mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:1 Million wertsichern, wie Veritas verspricht. Rückblickend auf 2018 stellt Hauke Hess, Geschäftsführer von Veritas Investment und dort zuständig für das Porfoliomangement, fest: „Auch ohne ­echten schwarzen Schwan war es ein dunkles Jahr.“ Dabei seien Spread-Ausweitungen bei Unternehmensanleihen 2018 besonders ­unangenehm gewesen, weil es hierfür kein liquides Sicherungs­instrument gebe und Zinsfutures auf Staatsanleihen für dieses ­Szenario keinen Schutz bieten. Gleichwohl sei auch Ende 2018 noch genügend Risikokapital vorhanden gewesen, um es aus eigener Kraft in die nächste positive Börsenphase zu schaffen. „Hilfreich war hierbei­ insbesondere das taktische Aktien-Overlay, welches die ­Aktienquote im vierten Quartal deutlich reduziert hat. So kamen die Verluste nur zu einem geringen Prozentsatz in unseren Fonds an.“

Ein ungewöhnliches Schlussergebnis konnte 2018 die Deka Investment verbuchen. Während die meisten ihrer Mandate ohne ­Sicherungen durch das Jahr gekommen seien, kam es bei Mandaten mit geringen Risikobudgets zu Sicherungen, wovon diese in 2018 ­profitierten: „Aufgrund des Marktverlaufs mit weiter fallenden ­Märkten konnten aus den Sicherungen positive Erträge generiert ­werden, ­welche die Verluste abgemildert haben. Ein geringeres ­Risikobudget war also vergangenes Jahr ein Vorteil – ein eher ­untypisches ­Ergebnis“, heißt es seitens der Deka. Langfristig zahle sich jedoch ein hohes ­Risikobudget aus, da Sicherungskosten gespart werden könnten. So habe die Deka bereits Ende 2017 basierend auf Stresstests und ­historischen Simulationen ihre Kunden trotz ­niedriger Volatilität ­dahingehend beraten, ihre Risikobudgets möglichst g­roßzügig zu wählen. Für ihre institutionellen Kunden setzt die Deka ­Investment eine dynamische Erweiterung des CPPI-Ansatzes um, welche in ­Jahren mit positiver Wertentwicklung gegenüber options­basierten Ansätzen aufgrund der niedrigeren Sicherungskosten überlegen sei. Als Nachteil nannte sie, dass Pfadabhängigkeiten aufgrund des ­dynamischen Konzeptes nicht völlig zu eliminieren seien.

Verzicht auf Wertsicherungsgrenze

Auch Allianz Global Investors setzen mit ihrem Wertsicherungs­konzept auf einen modifizierten CPPI-Ansatz, welcher über Handels­filter, intertemporale Risikobudgetierung und Crash-Puts Nachteile des klassischen CPPI-Ansatz ausgleichen soll. 2018 habe man ­Einschätzungen bezüglich italienischer Staatsanleihen, aber auch ­bezüglich des Anstiegs des Zinsniveaus revidieren müssen, sei aber ­aufgrund der eher konservativen Ausrichtung noch recht gut durch das Jahr gekommen, so Dr. Heidi Jäger-Buchholz, Leiterin des Multi Asset Protection Teams. Aus der hohen Korrelation von Aktien und Anleihen hat man bei Allianz Global Investors vor zwei Jahren seine eigenen Schlüsse gezogen und insgesamt eine defensivere ­Ausrichtung des Portfolios vorgenommen. „Unserer Auffassung nach hat im Zuge der sehr expansiven Geldpolitik der Zentralbanken und der damit ­einhergehenden niedrig bis negativen Renditen der Rentenmarkt ­weniger bis kaum noch Potenzial, einen Aktiencrash aufzufangen“, so Jäger-Buchholz. Insgesamt stellt die AGI angesichts der Niedrigzinsphase schwierige Zeiten für Wertsicherungskonzepte fest, auch wenn nach wie vor einige Anlegergruppen Sicherheitsaspekte ­priorisieren. Allerdings sei ein leichter Trend hin zu offeneren, risikokontrollierten Konzepten festzustellen, dem einzelne Investoren bei der Allianz ­gefolgt seien.

Doch sollte man als Investor auf eine harte Wertsicherungsgrenze verzichten, um sich zusätzliche Flexibilität zu schaffen? So sieht dies naturgemäß Hayri Ulucan, Abteilungsdirektor Institutionelle Kunden bei der Privatbank Donner & Reuschel, welche mit ihren Best-of-Two- und Multi-Asset-Konzepten auf eine harte Wertsicherung verzichten. „Das ist sinnvoll, weil man sich als Investor nach Erreichen einer ­harten Untergrenze unweigerlich der Frage gegenüber sieht, wie die Kapitalanlage weitergeführt werden soll. Um einen Realkapitalverlust zu vermeiden, wird so oder so neues Risikobudget benötigt. Eine ­harte Wertsicherung ist daher oftmals nur eine ‚halbe‘ Strategie.“ Die prinzipielle Frage, wie sich mit den nahezu nicht vorhandenen Diversifikationsmöglichkeiten in den klassischen Anlageformen umgehen sollte, stellt sich freilich auch hier.

Stabil ohne zu begeistern

Mit den Erwartungen seitens der Investoren kommt man auf ­Anbieterseite überwiegend gut zurecht. Aber kleinerer Kommunika­tionsbedarf und Wunschlisten an Investoren bestehen auch hier. Schließlich ist laut der Deka „immer das Verständnis des Kunden, insbesondere für den Trade-off zwischen Risikobudget und langfristig zu erwartenden ­Sicherungskosten wichtig.“ Kunden neigten dazu, für die gegebene Asset Allokation ein eher geringes Risikobudget zu vergeben, was langfristig mit einer Minderrendite verbunden sei. Die Wahl der ­richtigen Anlagerestriktionen ist auch für Thomas Bossert von Union Investment ­entscheidend. Durch die Wertuntergrenze sei der absolute Verlust bereits begrenzt, es sei deshalb sinnvoll, die Anlagerestriktionen möglichst weit zu ­fassen. „Sofern die investierbaren Risiken nicht aus einer regulatorischen Vorschrift herrühren, ­verschenken unnötig eingeschränkte ­Anlagemöglichkeiten Ertrags­potential und Flexibilität in der Diversifikation, führen also zu ­suboptimaler Risikobudgetausschöpfung.“

Jonas Hettinger von Metzler wünscht sich dagegen, dass Investoren bei der Bewertung einen fairen Vergleichsmaßstab anlegen. „Nicht zielführend ist es, die Metzler-Wertsicherung beispielsweise mit ­einem ungesicherten Mischportfolio zu vergleichen, das rückwirkend betrachtet in einem Zeitraum ohne nennenswerte Marktrückgänge ­einen bestimmten Verlust nicht unterschritten hat.“ Und die Veritas ­Investment schließlich warnt vor großer Scheingenauigkeit, da hohe Präzision bei der Simulation von Portfolien nicht zwangsläufig genaueren Aufschluss über künftige Renditen geben könne. Ein realistisches Verständnis von Wertsicherungskonzepten macht sich bezahlt.

Wertsicherungskonzepte konnten somit ihr Versprechen einhalten, die Verluste zu begrenzen. Gleichwohl steht 2018 durchweg ein ­Verlust. In der Rückschau mag deshalb beim Anleger keine rechte ­Begeisterung aufkommen – ein Wahrnehmungsproblem von Wertsicherungskonzepten insgesamt – wofür Thomas Bossert von Union Investment eine einfache Erklärung hat: „Steigt der Markt, hätte man sich als Anleger natürlich im Nachhinein gewünscht, ohne Berücksichtigung der Risiken vollständig an der Aufwärtsbewegung ­teilgenommen zu haben. Fällt der Markt, ist man zwar froh, dass die Wertsicherung einen Teil oder gar den Großteil der Verluste verhindert hat, aber die absolute Wertentwicklung drückt dennoch aufs ­Gemüt.“ 2018 zumindest war ein Jahr der zweiten Kategorie.

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