Alternative Anlagen
6. Januar 2025

Frische Energie für Infrastruktur

Wind- und PV-Parks waren mit festen Einspeisevergütungen ein ­attraktives und vergleichsweise simples Investment. Heute ­machen volatile Strompreise die Energieinfrastruktur-Welt deutlich komplexer. Energieexperten und Anleger konnten jedoch zeigen, mit welcher Umsetzung die Asset-Klasse interessant bleibt.

Investments in die Energiewende haben ökonomische und ökologische Aspekte – und aber auch soziale und juristische Implikationen. Darauf wies Professor Volker Quaschning hin, als Keynote-Speaker sozusagen der Anheizer für das Private Markets Forum. „Die Zahl der tödlichen Hitzetage wird bei weiter ungebremster Erderhitzung deutlich zunehmen, womit der Lebensraum von drei Milliarden Menschen zu heiß wird.“ Eine Folge: mehr Migration. Zudem ­verwies Quaschning auf juristischen Druck auf die Politik, mehr für den Klimaschutz zu tun. Gerichtsurteile könnten Deutschland zur Klimaneutralität bis 2040 zwingen. Bezüglich der ­ökonomischen ­Sinnhaftigkeit Erneuerbarer Energien führte der Energie­experte die Forscher des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung an. Laut der Forscher müsste man in Deutschland ungefähr drei ­Prozent des Pro-Kopf-Einkommens einsetzen, um den Worst Case zu ver­hindern – eine vergleichsweise niedrige Summe vor allem ­hinsichtlich der hohen Kosten für den Wiederaufbau, den klimabedingte Schäden nach sich ziehen. Quaschning: „Wir müssen den Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad begrenzen.“

Dem sind sich Schadenversicherer bewusst. Wie Rouzbeh Amini, Head of Infrastructure Origination der zur Talanx gehörenden ­Ampega Asset Management, ausführte, kann die Kapitalanlage durch Investments in die Energiewende dazu beitragen, dass im Klimasystem Kipppunkte nicht erreicht werden und sich somit Versicherungskunden auch künftig noch Versicherungsschutz für Naturkatastrophenschäden – ein wachsender Geschäftszweig der Assekuranz – leisten können. Das erste Infrastruktur-Asset der Talanx war übrigens die gemeinsam mit anderen Investoren ­erfolgte Beteiligung am Übertragungsnetz Amprion. Ebenfalls zum Kreis der Amprion-Eigner zählen beispielsweise Sparkassenversicherung, Meag, Swiss Life und die Ärzteversorgung Westfalen-­Lippe. Zu einem Viertel gehört das Netz dem Betreiber RWE. Für die ökonomische Sinn­haftigkeit der ökologischen ­Energieträger sprechen auch die gesunkenen Gestehungskosten und dass ­politische Subventionen nicht mehr benötigt werden. „Für das ­Privileg, eine Offshore-­Windanlage in Deutschland errichten zu dürfen, sind die Betreiber mittlerweile sogar bereit, dem Staat Geld zu geben“, so Amini mit Verweis auf ­Auktionsergebnisse. Damit investieren Anleger zunehmend nicht mehr in ­einen garantierten festen Einspeisetarif, sondern in schwankende Strompreise. Für die Branche ist das ein echter ­Gamechanger, der ein Umdenken ­erfordert. Amini: „Connect and Forget ist definitiv vorbei.“

Bedarf und Produktion stimmen nicht mehr überein

Prof. Volker Quaschning führte aus, wie Energieversorgung und -investments enkelkindertauglich werden.
Prof. Volker Quaschning führte aus, wie Energieversorgung und -investments enkelkindertauglich werden. Bild: Caroline Gerst

Der Grund für die Strompreisdiskussionen liegt im aktuellen Marktumfeld: „In der Vergangenheit hat der Strombedarf die Stromproduktion determiniert. Die Kapazitäten konnten so ­gesteuert werden, dass der Bedarf genau abgebildet wurde“, erklärte Claus-Giselher Kühne, Managing Partner der Advace Group. „Jetzt befinden wir uns in einer Welt, in der das natürliche Energieaufkommen die Stromproduktion determiniert – und ­somit besteht zwischen Produktion und Bedarf keine Übereinstimmung mehr.“ Die Folge ist ein volatiler Strompreis, welcher zu Spitzenproduktionszeiten sogar negativ sein kann. Kühne: „Für diese ­Volatilität braucht es Flexibilität und diese müssen wir durch ­beispielsweise Batterien, rauf- und runterfahrbare konventionelle Kraftwerke und Konnektoren aufbauen.“ Konnektoren verbinden nationale Strommärkte und helfen Stromkapazitäten über Ländergrenzen hinweg auszutauschen. Wasserstoff als Speichermedium ist für Kühne jedoch noch nicht ausgereift und noch zu stark von staatlichen Subventionen abhängig. Abstand hält Advace derzeit auch von Photovoltaik. Ein Grund ist der anhaltende Ausbau. Ein anderer Grund ist die beschriebene Strompreisvolatilität. „Überall in Europa produzieren PV-Parks mittags viel Strom und da hilft auch keine regionale Diversifikation. Dagegen bietet Wind mehr Möglichkeiten, regional zu streuen“, erklärt Claus-Giselher Kühne. Wenn also der PV-Ausbau anhält, müsste die Strompreis-Vola ­ebenfalls zunehmen, was wiederum für Batteriespeicher spricht. „Das Geschäftsmodell der Batterie lebt von der Volatilität und ist darum sehr interessant“, so Kühne. „Aber für wie lange?“ Wichtig ist, auch den Einfluss zu projizieren und zu modellieren, den beispielsweise Gas- und Kohlekraftwerke auf den Strompreis haben.

Ein für Rouzbeh Amini interessantes Geschäftsmodell ist die ­Geothermie. Dabei handelt es sich um eine heimische und eine, im Gegensatz zu PV und Wind, grundlastfähige Stromquelle mit zusätzlichem Potential für die Wärmewende und Gewinnung seltener Mineralien wie Lithium. „Stadtwerke sind im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung sehr interessiert an solchen Ideen.“ Auf ­diese ging auch Professor Quaschning in seiner Einführung ein: „Zwei Drittel des Öl- und Gasverbrauchs wird in Deutschland zum Heizen verbraucht. Würden wir Wärmepumpen nutzen, statt diese fossilen Energieträger zu verbrauchen, wären schon zwei Drittel des Problems gelöst.“ Verbessert hätte sich dann auch die ­Resilienz. Russisches Gas mit Fracking-Gas aus den USA zu sub­stituieren, ­erscheint nämlich auch nicht wirklich zukunftsträchtig.

Die Grundlastfähigkeit ist auch auf Portfolioebene ein Fokus der Talanx. „Über verschiedene, diversifizierende Energiequellen, Standorte und Technologien wie Speicher suchen wir komplementäre Erzeugungsprofile, um uns so auf Gesamtportfolioebene vor der Volatilität der Einzelprojekte zu schützen“, so Amini. Den ­nötigen Gestaltungsraum hat die Ampega dank eines umfassenden Mandats, das auch Freiheiten bezüglich der Kapitalstrukturen gibt. Neben der Diversifikation achtet der Versicherungskonzern stark auf den Relative Value, also darauf, wo ein Investment am meisten Mehrwert abwirft. Amini: „Es gibt immer wieder Perioden in ­denen bestimmte Regionen, Technologien oder ­Kapitalstrukturen besonders attraktive Opportunitäten bieten.“ Als vergangene Sweet-Spot-Beispiele nennt Amini Offshore-Wind-Investments vor etwa zehn Jahren, der irische PPP-Markt nach der europäischen Staatenkrise oder Erneuerbare in Spanien nach den dort erfolgten regulatorischen Änderungen.

Erst die Physik, dann die „Technologieoffenheit“

Sollten sich derzeit keine Opportunitäten auftun, hilft die Analyse, was künftig Stranded Assets sein können. Die ­gerade in der Politik propagierte Technologieoffenheit ist für ­Professor Volker Quaschning jedoch alles andere als eine Orien­tierungshilfe. Vielmehr ist es die Physik. „Alle Technologien, die nicht effizient sind, scheiden aus“, so Quaschning, der als ­Beispiele E-Fuels für Verbrenner­motoren oder Wasserstoff zur Wärmege­winnung nennt.

Ziemlich sicher ist, dass die Nachfrage nach Grünstrom steigen wird. Hinter dieser Annahme steht auch der wachsende Strombedarf für Künstliche Intelligenz, E-Mobilität und Wasserstoff. Noch sicherer ist aber die Volatilität. Hierfür braucht es passende Investments und Gesamtportfoliostrategien. Dann bleiben Renewables für Cashflow-orientierte Investoren interessant – und Deutschland ökonomisch und die ganz Welt ökologisch enkelkindertauglich.

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