Finanztransaktionssteuer belastet Risikosteuerung
Die geplante EU-Finanztransaktionssteuer stellt neben den Banken und der Assekuranz auch Corporates vor neue Herausforderungen. Erhebliche Kosten für betriebliche Altersvorsorge erwartet.
Gegen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTS), die von elf EU-Staaten anvisiert wird und in Frankreich und Italien bereits implementiert wurde, hat sich der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, bei der Pressekonferenz seines Verbandes anlässlich der Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank in Washington ausgesprochen. In einer Mitteilung des DSGV lässt sich Fahrenschon mit den Worten zitieren: „Die Finanztransaktionssteuer würde vor allem Anlagen in Aktien und von Kleinanlegern in Wertpapierfonds treffen. Institutionelle Anleger werden schlicht ausweichen.“
Mit einer FTS seien zudem erhebliche Kosten für die deutsche Wirtschaft verbunden, die bei den Unternehmen zu Wettbewerbsbelastungen führen dürften. Laut DSGV ist es unrealistisch, weltweit den notwendigen Steueranspruch durchzusetzen. Fahrenschon erläutert: „Die deutsche Steuerverwaltung dürfte sich etwas damit übernehmen, den Handel von Chinesen und Amerikanern mit deutschen Aktien in Tokio besteuern zu wollen.“ Bestenfalls schüttelten die beiden Parteien nur den Kopf. Im schlimmsten Fall kauften sie keine deutschen Aktien mehr.
Fahrenschon appellierte an die deutsche Politik einzusehen, dass es keine Form einer Finanztransaktionssteuer gebe, die Deutschland im Schulterschluss mit nur wenigen anderen Europäern der Welt aufdrücken könne. Das Vorhaben sei deshalb nicht sinnvoll umsetzbar. Mit dieser Sichtweise steht Fahrenschon nicht allein im Raum. Anlässlich des jüngst von der Deutschen Börse veranstalteten Frankfurter Börsenforums sagte der Referent Prof. Dr. Horst Hammen, Professor für Bürgerliches Recht, Handel- und Wirtschaftsrecht, Deutsches und Europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht an der Justus-Liebig-Universität in Gießen: „Glaubt man wirklich, dass China im Wege der Amtshilfe Steuerbescheide versenden wird?“
Enorme Kostenbelastungen
Aktuelle Schätzungen geben ein Gespür dafür, welche Kosten auf die deutschen Unternehmen mit der Einführung der Steuer zurollen. Im Rahmen seiner diesjährigen bAV-Konferenz befragte das Beratungshaus Towers Watson jüngst die Teilnehmer nach aktuellen Herausforderungen für die betriebliche Altersversorgung. Dabei kristallisierte sich heraus, dass die geplante Finanztransaktionssteuer eine erhebliche Belastung für die bAV mit sich bringen wird. Laut dem Beratungshaus kommen auf die deutschen Großunternehmen Mehrkosten für die bAV in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr zu, wie 45 Prozent der rund 200 Konferenzteilnehmer zutreffend schätzen. Nach einer Überschlagsrechnung von Towers Watson betragen die Mehrkosten für die hiesigen Konzerne etwa 600 bis 1.000 Millionen Euro pro Jahr.
Globaler Anwendungsbereich
Im Rahmen der 12. Simcorp-Fachtagung für Versicherungen erläuterte Thorge Steinwede von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in der vergangenen Woche die EU-Finanztransaktionssteuer. Wie seinen Präsentationsunterlagen zu entnehmen ist, plant die EU-Kommission ein Inkrafttreten der FTS für Mitte nächsten Jahres. Neben Banken, Brokern, Asset Manager seien auch Versicherungen und gegebenenfalls Corporates betroffen, weil es zu einer kaskadenförmigen Erfassung aller Transaktionen mit Finanzinstrumenten (Aktien, Anleihen, derivative Kontrakte, strukturierte Produkte, Pensionsgeschäfte, Wertpapierleihgeschäfte, gruppeninterne Risikoübertragungen) komme. Ausnahmen bildeten bestimmte Primärgeschäfte und Transaktionen mit EU-Einrichtungen.
Die Finanztransaktionssteuer unterliege dem globalen Anwendungsbereich. Dabei müsse zwischen dem Ansässigkeitsprinzip und dem Ausgabeprinzip, das eine globale Dimension erzeuge, differenziert werden. Beispiel: Eine Bank in Frankfurt handelt Aktien mit einer Versicherung in London. Die Ansässigkeit einer Partei im FTS-Gebiet reiche für Anwendbarkeit der Steuer aus. Beispiel zwei: Ein amerikanischer Hedgefonds und eine chinesische Bank handeln spanische Anleihe in London. Auch hier greife die EU-Finanztransaktionssteuer. Denn die Emission im FTS-Gebiet fingiere die Ansässigkeit beider Parteien, so der KPMG-Experte. Das Zusammenspiel von Ansässigkeits- und Ausgabeprinzip reduziere mögliche Standortvorteile in Nicht-FTS-Mitgliedsstaaten.
Hinsichtlich der Auswirkungen der FTS auf Versicherungen erläuterte Steinwede, dass sich Steuerung der Risiken verteuere. Als strategische Handlungsalternativen für die Assekuranz nannte er unter anderem die Substitution von Finanzprodukten. So könnten Wertpapier- durch Derivategeschäfte steuermildernd substituiert werde. Im Hinblick auf Anlagestrategien zeigt er auf, dass kurzfristiges Trading sowie Arbitrage-Strategien unprofitabler werden, was auf die hohe Umschlagshäufigkeit und die jeweils anfallende FTS zurückzuführen ist. Unter Umständen sei eine Substitution durch langfristige, wertorientierte Strategien (Value, Buy-and-Hold) denkbar.
portfolio institutionell newsflash 16.10.2013/Tobias Bürger
Schlagworte: Versicherer
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