Fachforum 2015: Zentrales zu Zins und Zinseszins
Was erfolgreiches Projektmanagement ausmacht, zeigte der ehemalige Astronaut Dr. Ulrich Walter auf dem Fachforum von portfolio institutionell am Beispiel der Reaktion auf die Katastrophe der Raumfähre „Columbia“. Seine Schlüssel zum Erfolg gelten aber auch für die Projekte in der Kapitalanlage, die auf dem Fachforum diskutiert wurden.
Mit welcher Strategie sollte man in ein Astronauten-Auswahlverfahren gehen? „Durchhalten, Zähne zusammenbeißen, weitermachen!“, empfiehlt Professor Dr. Ulrich Walter für diesen tagelangen Test. Der Professor für Raumfahrttechnik an der TU München hat ein solches Verfahren bereits einmal erfolgreich durchlaufen und war als Teilnehmer der D2-Mission neun Tage im All. Diese Ratschläge sind auch für die Mission von Dr. Uwe Siegmund, dem Zinsumfeld erfolgreich zu trotzen, passend. Allerdings ist das Handlungsspektrum für den Kapitalanlagestrategen der R+V Versicherung deutlich größer, wie Siegmund auf dem Fachforum darstellt. „Wir können es uns nicht mehr leisten, nur eine Strategie zu verfolgen. Wir feuern aus allen drei Rohren.“ Gemeint ist damit eine Strategie für die Passiva und zwei Strategien für die Aktiva. Die Astronauten-Auswahlverfahren-Strategie ist Teil der Passiva-Strategie. „Die Garantien der Altbestände sind ein Zeitproblem.“ Mit jedem Jahr, das eine Versicherung durchhält, sind wieder weniger Verträge mit einer Vier-Prozent-Verzinsung zu bedienen. „Der stärkste Effekt entsteht durch das Auslaufen alter Garantien im Zeitverlauf“, betont Siegmund. Beschleunigen lässt sich dieser Zeiteffekt durch die passenden Vertriebsaktivitäten. „Um den Garantiezins im Bestand zu senken, ist die Vermarktung von neuen, cleveren Produkten gefragt, die man dann auch in den Deckungsstock hineinbekommt“, so Siegmund. Passend sind Angebote mit niedrigeren oder anderen Garantien oder notfalls ganz ohne Garantien.
Auch in der Kapitalanlage sind Neuorientierungen angesagt. Fragten die Leute früher, warum die Zinsversprechen so stark abgesenkt wurden, werde heute gefragt, warum man denn überhaupt noch so viel zahlen könne. Umgedacht werden muss auch dahingehend, dass Inflation nun etwas Positives ist und dass es negative Zinsen gibt. Erklären lassen sich letztere nur bis etwa 30 Basispunkten mit „Tresorkosten“ der Geldaufbewahrung, so Siegmund. Mit Blick auf die Schweiz und den dortigen Negativzinsen erscheint Japan mit Positivzinsen nun nicht mehr als Problemszenario, sondern als „good case“. Im Vergleich zu Änderungen in der Produktpalette ist das Potenzial in der klassischen Kapitalanlage deutlich begrenzter beziehungsweise ausgereizter. „Peripherieanleihen und längere Durationen bieten nicht mehr viel Renditepotenziale“, so Siegmund, der dazu rät, stärker mit den Beständen zu arbeiten sowie zu diversifizieren. Dies gilt insbesondere in regionaler Hinsicht. Siegmund nennt als Beispiele Australien, Südkorea und Peru. „Man muss in die Welt hinaus – wenn nicht alleine, dann mit anderen.“ Zudem bieten Credits Potenziale.
Die zweite Aktiva-Strategie zielt auf Alternatives ab. Hier besteht mit Blick auf die Quoten noch viel Potenzial. In einem ersten Schritt sollte man aber zunächst einmal das Potenzial von benachbarten Asset-Klassen heben. Die näherliegende Ausbaustufe für Aktieninvestoren sind beispielsweise Small Caps oder Schwellenländeraktien und nicht Private Equity; für Immobilieninvestoren ist es zum Beispiel die Immobilienentwicklung und nicht Infrastruktur. „Dann ist die Know-how-Differenz weniger groß.“ Diese und die Schwierigkeit mit Alternatives laufende Erträge für die jährlichen Garantien zu erzielen, sieht Siegmund als größte Bremsen für den Alternatives-Ausbau. Um Expertisen aufzubauen, könne man Mitarbeiter einstellen oder entwickeln, was jedoch ein paar Jahre dauere. „Jede Asset-Klasse hat ihre Zyklen und um eine Asset-Klasse wirklich zu verstehen, muss man einen kompletten Zyklus durchlebt und auch mal eine kleine Krise gemeistert haben.“ Beim Alternatives-Aufbau hat die R+V für Infrastruktur eine Zielquote von zwei bis drei Prozent. Erschwert wird dieses Ziel aber durch die Passiva-Strategie: Auch durch den Vertrieb neuer Produkte wächst die R+V jedes Jahr um fünf Prozent.
Die Erfolgsformel für Private-Equity-Investments
Die Anmerkung von Uwe Siegmund, dass es lange braucht, bis man eine alternative Asset-Klasse wirklich kennt und kann, wird von einem Experten mit besonders profunder Private-Equity-Expertise bestätigt: Peter Hielscher, Abteilungsleiter Alternative Investments der Talanx. Zu Beginn seines Workshops kam Hielscher auf die Private-Equity-Erfolgsformel schlechthin zu sprechen: „Bei der Selektion geht es immer darum, einen Top-Quartile-Fonds zu finden.“ Hierbei hilft, dass bei Private Equity – insbesondere bei den weniger guten Managern – die Performance der Vergangenheit ein viel verlässlicherer Indikator für die Zukunft ist als bei Aktien. Die Spanne zwischen den guten und den restlichen Fonds ist groß. „Dies hat zur Konsequenz, dass man im Falle eines durchschnittlichen Fonds nur eine Rendite erzielt, die weit unter den Möglichkeiten dieser Anlageklasse bleibt“, warnte Hielscher. Die Mühe, sich mit Private Equity tiefgründig auseinanderzusetzen, macht sich aber durchaus bezahlt – gerade mit Blick auf die Abhängigkeit von der Zinslandschaft und auf das Beispiel der Talanx: „Private Equity orientiert sich weniger am Zins, sondern vielmehr am Marktzyklus“, präsentierte Hielscher entsprechende Statistiken. Bei der Talanx begrüßt man aber nicht nur den Diversifikationseffekt. Über zwölf bis 15 Jahre rentierte das Private-Equity-Portfolio deutlich besser als der Dax. „Private Equity zeigt im Betrachtungszeitraum stabile und hohe Renditen von im Schnitt über zehn Prozent. Dabei liegt die Volatilität von Private Equity deutlich unter der von öffentlich gehandelten Beteiligungen.“
Ein Merkmal des Beteiligungsportfolios der Talanx sei, dass es kontinuierlich über Vintage-Jahre und Anlagestile diversifiziert ist – dabei dominieren Buyout-Fonds die weiteren Segmente Venture, Secondaries, Mezzanine und Distressed. Ein anderes Merkmal sei die Größe des Private-Equity-Portfolios, das sich auf über 2,4 Milliarden Euro Commitments zum Ende 2014 belief. Mit den sogenannten CLOs, indirekten Immobilien – und seit anderthalb Jahren auch mit Direktinvestments in Infrastruktur – seien es sogar über vier Milliarden Euro. Diese Beteiligungen – 114 Managerbeziehungen, 224 Fondsbeteiligungen, 2.280 Subinvestments in 49 Ländern – müssten administrativ auch entsprechend gehegt und gepflegt sowie für verschiedene Talanx-Versicherungen quartalsweise aufbereitet werden. Hinzu kämen Aspekte wie Meldewesen, Dokumentationsmanagement oder Cashflow-Planungen. Hierfür gebe es mit zwölf Mitarbeitern plus acht Werkstudenten ein relativ kleines Team. „Mit diesen begrenzten Ressourcen zu arbeiten, funktioniert nur, wenn alles strukturiert und rationalisiert ist“, so Hielscher, der an dieser Stelle Eingabemasken und die automatisierte Erstellung von Reports erwähnt. „Was bei uns nicht in der Datenbank erfasst ist, existiert nicht.“ Ähnlich strukturiert erfolge die Fondsselektion, die auch durch hoch-formalisierte Scoring-Instrumente unterstützt werde, an deren Ende man extern „nur“ noch die rechtliche und steuerliche Prüfung hinzuziehe. Aber auch bei einem hohen Score werde naturgemäß nicht jeder so formal eingeschätzte Fonds gezeichnet. Bei diesem hohen Insourcing-Grad ist es nachvollziehbar, dass die Talanx ihre Expertise mittlerweile auch Dritten anbietet. Die nächste Ausbaustufe des Drittgeschäfts heißt Caplantic. Hierbei handelt es sich um eine Kooperation der Versicherung mit der Nord-LB und dem Bankhaus Lampe.
Zeit: die wichtigste Ressource für den Erfolg eines Projektes
Dass andere Sektoren von der Raumfahrt nicht nur in Form von Technologietransfers, sondern auch in Form von Know-how-Transfers profitieren, zeigte nicht nur die Präsentation von Dr. Uwe Siegmund, sondern auch der Infrastruktur-Workshop auf dem Fachforum: In seinem Vortrag forderte Walter das Auditorium nicht nur zur Beharrlichkeit auf. Er hatte auch „zehn Schlüssel“ für den Erfolg eines Projektes parat – Sei praktisch! Beginne der Projektgröße angemessen! Gehe Schritt für Schritt vor! – sowie „acht Kugeln“, die den Tod für ein Projekt bedeuten. Unzureichende Ressourcen und unrealistische Fristen seien für das Scheitern von zwei Dritteln aller Projekte verantwortlich. „Zeit ist die wichtigste Ressource“, so Walter. Ob der Bank für Kirche und Caritas (BKC) dies bekannt war, als sie ihr Infrastrukturprojekt vor einigen Jahren startete, ist nicht bekannt. Eines ist jedoch klar: Die BKC hat der Ressource Zeit einen hohen Stellenwert eingeräumt. „Vor unserem ersten Infrastrukturinvestment haben wir uns drei Jahre mit dem Thema befasst. Wir haben viel geredet und verschiedene Möglichkeiten durchgespielt“, erläuterte Michael Hepers, Bereichsleiter Treasury & Portfoliomanagment bei der BKC, in seinem Workshop.
Dass sich die Kirchenbank, die in ihren Kapitalanlagen überwiegend kurzfristig und in liquiden Anlageklassen unterwegs ist, einer solch illiquiden Asset-Klasse mit Laufzeiten von zehn bis 25 Jahren widmet, hat einen Grund: der Zins beziehungsweise das zinslose Risiko. „In den Standardanlageklassen haben wir so gut wie keine Zinsen mehr. Man muss sich sogar immer mehr an negative Renditen gewöhnen. Auch wenn wir als Bank keine Garantieversprechungen abgegeben haben, müssen auch wir uns der Frage stellen, wie man heute noch Renditen erwirtschaften kann“, so Hepers. In Erneuerbaren-Energien-Investments als Teilklasse von Infrastruktur meint er, eine Antwort auf diese Frage gefunden zu haben. Als Zielrendite hat sich die Kirchenbank sechs Prozent gesetzt. Bau- und Entwicklungsrisiken möchte man ganz bewusst nicht übernehmen, auch wenn sich hieraus noch eine zusätzliche Renditekomponente ergeben würde. Der Fokus der Infrastrukturinvestments liegt bei der Bank für Kirche und Caritas derzeit primär auf Erneuerbaren Energien. Das passt zum Nachhaltigkeitsansatz, den die Kirchenbank seit einigen Jahren über alle ihre Anlageklassen ausrollt. Von sozialer Infrastruktur, wie Krankenhäusern und Altenheimen, die dem Nachhaltigkeitsgedanken ebenfalls Rechnung tragen, lässt die Kirchenbank hingegen bewusst die Finger, weil hier bereits das Kreditportfolio exponiert ist und sich eine Dopplung des Risikos ergäbe. „Per se kann man sagen, dass Erneuerbare Energien nachhaltig sind“, so Hepers. Allerdings weiß er auch, dass es nicht ganz so einfach ist. Ein genauer Blick auf die Technik, die verbaut wird, ist ebenfalls erforderlich. „Was ist, wenn Module von einem chinesischen Hersteller verbaut wurden, die mit Kinderarbeit hergestellt wurden?“, führte Hepers als Beispiel an. „Auf einmal haben wir auch auf solche Dinge einen Blick. Wir müssen eine Ebene tiefer schauen und uns mit Technologie- und Produktionsprozessen beschäftigen“, fügte er hinzu. Das wiederum bedarf Know-how in der Bank, das erst aufgebaut werden musste – nicht nur im Treasury, sondern auch in der Marktfolge, dem Controlling und der Revision. „Das war eine hehre Sache. Im Nachhinein hat es sich gelohnt. Denn wir wollen eine ordentliche Summe an Euro bewegen“, so Hepers. Zum jetzigen Zeitpunkt hat die BKC rund 100 Millionen Euro in Erneuerbare Energien investiert. Zudem gebe es noch offene Zusagen. Wenn alles abgerufen ist, sollen sich die Investments 50:50 auf Wind- und Solarenergie verteilen. Im Moment liege der Schwerpunkt – zwei Drittel – aber noch auf der Solarseite. Rund 60 Prozent der Investitionssumme sind in Deutschland untergebracht. Weitere Länder sind Frankreich, Finnland, Irland und England.
Genussschein ist die beste Verpackung
Auch Investments in Schwellenländer werden hinzukommen. Die BKC beteiligt sich an einem Fonds der Evangelischen Bank, der in Erneuerbare-Energien-Projekte in Emerging Markets investiert – zum Beispiel in den Lake-Turkana-Windpark in Kenia – und dafür zu zwei Drittel über Senior-Finanzierungen geht. Maximal ein Drittel ist für Mezzanine- oder Eigenkapitalinstrumente reserviert. Der Fonds, ein FCP-SIF, wird über einen Genussschein abgebildet. Für Hepers ist das die beste Verpackung für eine Bank, die in Infrastruktur investieren will. Am Anfang habe man zwar auch über andere Alternativen nachgedacht, doch diese schieden aus verschiedenen Gründen aus. Direktinvestments hätten zu einer Satzungsänderung geführt. „Wir machen Bankgeschäft und sind kein Energieversorger“, so Hepers. Auch eine Sicav kam nicht infrage. „In der alten KWG-Regulierung wäre eine Sicav wahrscheinlich – das war eine Auslegungsfrage – aufsichtsrechtlich als Finanzunternehmen anzusehen gewesen. Das hätte bei uns zum Eigenkapitalabzug geführt, was wir natürlich nicht wollten. Begibt die Sicav einen Genussschein, sind wir hingegen Fremdkapitalgeber“, erläuterte der BKC-Treasury-Leiter. Eine weitere Hürde betraf das Risikomanagement. Die Risikosteuerung der BKC ist auf die Value-at-Risk-Welt ausgelegt. Auch wenn es bei Infrastrukturinvestments keine täglichen Marktpreise gibt, musste diese Anlageklasse in die Risikosteuerung integriert werden. „Wir brauchten einen Value at Risk (VaR), der in unsere Gesamtarchitektur passt. Das war unsere Anforderung an die Gesellschaften“, so Hepers. Mittlerweile ist diese Hürde genommen, es gibt überall einen VaR. Weniger erfreut ist der BKC-Mann allerdings darüber, dass jeder den VaR anders berechnet. Sein Plan: „Wir werden ein eigenes Modell arrangieren, das wir allen an die Hand geben.“ Infrastruktur ist allerdings nicht die einzige Asset-Klasse, für die sich eine VaR-Berechnung aufgrund des Fehlens täglicher Marktpreise schwierig gestaltet. Das gilt auch für andere Substanzwerte, wie Immobilien oder Agrikultur.
Silvius Dornier setzt auf Substanzwert „Agrar“
Zu den Pionieren in puncto Agrarlandinvestments gehört in Deutschland die Silvius-Dornier-Holding, die als Family Office natürlich keinem Regulator untersteht. Bereits 1992 hat die Familie Dornier ihr erstes Agrarinvestment in Mecklenburg-Vorpommern getätigt und ihr Portfolio seither immer weiter ausgebaut. Was dessen Attraktivität ausmacht, erklärte Dr. Dirk Rüttgers, Geschäftsführer bei Silvius Dornier, in seinem Workshop: „Agrarinvestments sind Substanzwerte, die laufende Erträge liefern und mit ihrer geringen Korrelation zu anderen Asset-Klassen eine gute Diversifikation bieten.“ In Deutschland stellte das Family Office allerdings schon vor drei Jahren den weiteren Ankauf ein. Der Grund: Die Preise sind zu sehr gestiegen. „Die Preise liegen aktuell um die 45.000 Euro pro Hektar. In manchen Regionen gehen die Preise sogar an die 100.000 Euro heran. Trotz Subventionen verdient man ab 45.000 Euro kein Geld mehr“, erläuterte Rüttgers.
Internationale Alternativen waren gefragt. Fündig wurde man im südöstlichen Teil der Europäischen Union. Seit 2007 investiert das Family Office in Rumänien – zunächst als Club Deal dreier Familien. 2012 wurde dies dann in einen Luxemburger Spezialfonds, eine Sicav-SIF-Struktur, überführt. „Rumänien ist die Kornkammer Europas. Es ist ein riesiges Agrarland, hat tolle klimatische Bedingungen und eine gute Infrastruktur“, so Rüttgers zur Attraktivität Rumäniens. Zudem habe man einen Rechtsrahmen, der sich an der EU orientiert. Das Family Office kauft dabei nur von privaten Grundbesitzern. Rüttgers warnte aber: „Das Grundbuch in Rumänien ist nur deklaratorisch. Man darf sich nicht mit dem Grundbuchausdruck zufrieden geben, sondern muss die gesamte Historie prüfen.“ Vom rumänischen Staat würde er niemals Flächen kaufen. Dieses Risiko ist ihm zu groß. Er verweist auf den Skandal um Waldinvestments deutscher Fonds, die sie dem rumänischen Staat abkauften und sich nun Restitutionsansprüchen gegenüber sehen. Obwohl Silvius Dornier bei seinen Investments in Rumänien den Staat außen vor lässt, ist für Rüttgers das politische Risiko bei der Frage nach den größten Risiken in dieser Asset-Klasse immer noch als erstes zu nennen, gefolgt vom atomaren Risiko: „Das sind unsere großen schwarzen Schwäne.“ Investiert man in ein Schwellenland, wie Rumänien, kommt auch die Frage nach Korruption auf. Rüttgers ist sich bewusst, dass dies in Rumänien trotz des neuen Präsidenten latent ein Problem ist. Für seine Investments sieht er jedoch wenig Grund zur Sorge: „Das Thema Korruption habe ich nur, wenn ich operativ tätig bin. In dem Moment, wo ich mich nur auf den Kaufprozess und die Verpachtung konzentriere, gibt es wenig Angriffspunkte für Korruption.“ Das Problem der Korruption wird sozusagen auf den Pächter verlagert. Im Gegensatz zu seinen deutschen Agrarflächen bewirtschaftet das Family Office international den Acker nicht selbst. Im Moment besteht das Pächterportolio aus 70 bis 80 Pächtern. „Wir betreiben aktives Flächenmanagement, aber keine eigene Bewirtschaftung.“
Das Zeitfenster für Investments in rumänisches Agrarland beginnt sich allmählich zu schließen. „2015 werden wir nochmals alles kaufen, was geht. Nächstes Jahr werden die Preise wohl in Richtung 6.000 bis 7.000 Euro pro Hektar gehen, dann werden wir nicht mehr kaufen, sondern würden in den Harvest-Modus umstellen und nur noch die Pacht generieren und ausschütten“, erläuterte Rüttgers. Derzeit liegt die Pachtrendite des Sicav-SIF nach Erwerbsnebenkosten bei 3,75 Prozent. „In fünf bis sechs Jahren binden wir eine Schleife drum und verkaufen an einen großen Investor, zum Beispiel an eine Versicherung, Pensionsfonds oder Stiftung. Unser klares Ziel ist eine Exit-Strategie. Wir sind kein Buy-and-hold-Investor“, fügte er hinzu. Die potenzielle Rendite bezifferte Rüttgers auf sieben bis acht Prozent. Wenn das Investitionsfenster in Rumänien geschlossen ist, will Silvius Dornier weiter auf den Megatrend „Agrar“ setzen. Wohin die Reise geht, steht bereits fest: Südamerika. „Rund 60 Prozent der Weltnahrungsmittel kommen aus Lateinamerika. Das ist ein interessanter Standort“, so Rüttgers. Dabei kommt für ihn natürlich nicht jedes Land in Betracht: „Wir schauen uns Uruguay an. Das ist ein attraktives Land, das als die Schweiz Südamerikas gilt.“
Die Scheu vor Hedgefonds schwindet
Von Agrikultur zu Absolute Return: Der Hedgefonds-Workshop von Amin Obeidi stieß bei den Besuchern – für deutsche Verhältnisse – auf überraschend großes Interesse. Obeidi ist Senior Asset Manager Pensions beim NSN Pension Trust. Dahinter verbirgt sich der Netzwerkspezialist NSN, der aus einem Gemeinschaftsunternehmen von Nokia und Siemens hervorgegangen ist. In seinem Vortrag präsentierte Obeidi die Sicht von NSN auf Hedgefonds und wie sie der Kapitalanlage des Unternehmens helfen. Er betonte, dass es sich bei Hedgefonds nicht um eine eigene Asset-Klasse handelt, sondern vielmehr um ein Universum an diversen Strategien mit großer Flexibilität für Anleger. Das ist auch der Grund, weshalb er den Anwesenden empfahl, Strategien passgenau für das eigene Portfolio zu nutzen. Hauptstrategien sind beispielsweise Long/Short in den Bereichen Equity, Fixed Income (jeweils listed und unlisted) und Commodities, Market Neutral (Equity, Fixed Income) Relative Value und Event-driven. Als Anleger diversifiziert man dabei gleichzeitig seine Risiken und Renditen. Demnach müsse man von Exposure Allocation sprechen und nicht von Asset Allocation. Obeidi betonte aber, dass die zur Verfügung stehenden Hedgefondsstrategien nicht dazu gedacht sind, als Zinsbringer des 21. Jahrhunderts zu fungieren, wie das ein Besucher fragend in den Raum stellte.
Aktuellen Zahlen zufolge sind weltweit – exklusive der stark wachsenden Ucits-Vehikel und anderer Alternative-Beta-Lösungen – inzwischen über drei Billionen Dollar in dem Bereich gebunden. Das zeigt nach Einschätzung von Obeidi, dass sich hier sehr viel tut. Und die Nachfrage sei weiterhin hoch. In Deutschland sei die Situation aber eine andere. „Es reden sehr viele darüber. Viele möchten gerne etwas machen. Aber tatsächlich umsetzen, das machen die wenigsten“, konstatierte der Experte. Als Investor stehe man ohnehin vor der Herausforderung, mögliche Investments im Hedgefondssektor den eigenen Gremien schmackhaft zu machen. Dort nehme man aber zunächst einmal wahr, dass mit traditionellen Festverzinslichen und mit Aktien im Verlauf der ersten Monate 2015 hohe Renditen erzielt werden konnten. Das sorge für Rechtfertigungsdruck, warum man nun in Hedgefonds investieren wolle. Als erfahrener Hedgefondsinvestor wies Obeidi darauf hin, wie wichtig die Managerauswahl ist: „Die Performance-Divergenz zwischen dem ersten und dem vierten Quartil ist immens hoch. Das haben wir 2014 erst wieder gesehen. Die besten Hedgefonds haben 50 Prozent Performance erzielt. Und das in einem Jahr, das für Absolute Return sehr schlecht war. Die schlechtesten haben zweistellige Prozente verloren.“ Viele der Fonds seien bei der Performance eher „flat“ gewesen. Seiner Einschätzung nach sei die Managerselektion der Schlüssel zum Erfolg. Deshalb sei auch der Due-Diligence-Prozess ein anderer als bei einem klassischen Mandat: „Der Investor muss tief in die Strategie einsteigen und beispielsweise hinterfragen, ob der Manager eine sinnvolle Strategie verfolgt und an dieser auch festhält, oder ob er tendenziell eher nach Bauchgefühl handelt.“ Investoren sollten sich außerdem bewusst sein, dass traditionelle Risikomanagementsysteme auf der Grundlage der Mean-Variance-Ansätze das mit Hedgefonds einhergehende Risiko mitunter nicht vollständig abbilden können. Deshalb seien operative Umstellungen unvermeidlich. Beispielhaft nannte Obeidi das dritte und vierte Verteilungsmoment: die Schiefe und Wölbung der Renditeverteilung. „Aber es lohnt sich“, so der Hedgefondsverfechter mit Blick auf die damit einhergehenden Kosten.
Aufruhr um Gebühren
Die Umsetzungsmöglichkeiten sind vielfältig: Klassische Offshore-Vehikel sind nach Einschätzung Obeidis zum Teil nicht mehr zeitgemäß. Immer mehr Investoren kritisierten die klassische Gebührenstruktur (zwei Prozent Managementgebühr und 20 Prozent Performance Fee). „Warum soll ich für etwas bezahlen, das nicht performt?“ Obeidi griff in dem Zusammenhang die Entscheidung eines nicht näher genannten Schweizer Großinvestors auf, dessen Anlagechef seit Kurzem nicht mehr bereit ist, Managementgebühren zu zahlen. „Allen Hedgefonds, mit denen er verhandelt, will er nur noch Performance-abhängige Gebühren zahlen“, so Obeidi. Diese Entscheidung habe die Branche in Aufruhr versetzt. Auch Obeidi vertritt eine ähnliche Sichtweise. Er zeigte sich bereit, Performance-abhängige Gebühren von 30 Prozent zu bezahlen – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. „Wir sind auch gerne bereit, beispielsweise 0,5/30 zu bezahlen, wenn wir von der Strategie überzeugt sind und der Manager auch bewiesen hat, dass er performt. Dann soll er auch an der Performance partizipieren. Den Scheck unterschreibe ich gerne.“
Mit Blick auf die AIFM-Richtlinie und Alternative Investment Funds strich Obeidi heraus, dass sich hier sehr viel getan habe. Es müsse sich aber erst noch zeigen, wie sich das Segment entwickelt. Zudem stünden Investoren Ucits und Fund of Hedge Funds zur Verfügung. Vor allem der Ucits-Bereich ist bereits sehr stark gewachsen. Darüber hinaus sind Fonds- und Strategie-Plattformen (Ucits und Offshore) denkbar. Sie seien für jene Investoren interessant, die den Markt nicht ständig allein sondieren, sondern eine vorselektierte Auswahl betrachten möchten. Gerade im Ucits-Bereich kommen laut Obeidi praktisch täglich neue Produkte auf den Markt. Er sprach von einer wahren Flut, die zu einem steigenden Analyseaufwand führt, gerade was die Auswahl der zu analysierenden Manager betrifft.
Von Kerstin Bendix, Tobias Bürger und Patrick Eisele
portfolio institutionell, Ausgabe 5/2015
Autoren: Kerstin Bendix In Verbindung stehende Artikel:
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