30. August 2012

Externe Asset Manager beißen bei Bundesländern auf Granit

Forscher der Universität Potsdam haben die Asset-Management-Strategien der Bundesländer unter die Lupe genommen. Die bemerkenswerten Ergebnisse zeigen eine Klientel, die aufgrund strikter Anlagerichtlinien kaum diversifizieren kann und von professionellen Vermögensverwaltern nichts wissen will.

Die Bundesländer haben bei der Verwaltung ihrer Pensionsfondsgelder großen Nachholbedarf. Diese Erkenntnisse stammt von Prof. Dr. Detlev Hummel, Inhaber des Lehrstuhls Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzierung und Banken an der Universität Potsdam, der im Interview mit der Börsen-Zeitung Einblick in die Anlagestrategie der Bundesländer gibt. Hummel wolle einen Erfahrungsaustausch der Länder ermöglichen, um die Anlagepraxis der öffentlichen Versorger zu verbessern, so das Blatt.
Im Rahmen einer aktuellen Dissertation wurden die 16 Bundesländer, die in der Regel keine Zahlen zu ihren Kapitalanlagen veröffentlichen, nach ihrer Asset-Allokation, den jeweiligen Anlagerichtlinien und konkreten Zielen befragt. Im Zentrum der Untersuchungen stand dabei insbesondere die Prüfung neuer Anlagestrategien aus Sicht der Portfoliotheorie.
Das Blatt zitiert Prof. Dr. Hummel mit den Worten: „Die Anlagepolitik der Bundesländer für doch relativ große Kapitalvermögen muss hinsichtlich der strategischen wie taktischen Asset Allocation sehr kritisch hinterfragt werden.“ Nach Berechnungen der Uni Potsdam summieren sich die Pensionsrücklagen aller Bundesländer auf 15,4 Milliarden Euro (Stand Ende 2010), wobei 8,5 Milliarden Euro auf die bundesgesetzlich vorgeschriebene Versorgungsrücklage und 6,9 Milliarden Euro auf die freiwilligen Pensionsfonds der Länder entfallen.
Schwächen im Management der Pensionsgelder
Die Entscheidungen über Anlagen sind in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich organisiert, konstatiert Hummel. So habe die Hälfte der Länder sowohl für den bundesgesetzlichen Fonds als auch für die freiwillige Rücklage keinen Anlageausschuss installiert. Dort, wo es ein solches Gremium gebe, tage dieses nur ein- bis zweimal im Jahr. Lediglich ein Land habe dafür einen Monatsrhythmus verankert.
Getätigt würden die Anlagegeschäfte vielfach über die Bundesbank oder Fachreferate in den zuständigen Ministerien der Länder. Besonders bemerkenswert ist jedoch die Erkenntnis, dass fünf Bundesländer für den bundesgesetzlichen Fonds ausschließlich in eigenen Anleihen beziehungsweise Schuldverschreibungen anlegen. Und: Kein einziges Land hat bis dato einen professionellen Asset Manager mandatiert. Dahinter verbirgt sich nicht nur der Gedanke, Verwaltungskosten zu sparen. Sondern auch „Misstrauen gegenüber Investmentbanken“, wie Hummel es formuliert. 
Bei der Geldanlage dominiere das Ziel, dass die Rendite höher sein müsse als die Zinskosten für die Kreditfinanzierung des Landes über den Kapitalmarkt. Eine absolute Zielrendite werde nur vereinzelt anvisiert. Sicherheit, Kapitalerhalt beziehungsweise Mündelsicherheit stünden im Vordergrund.
Alternative Anlagen außen vor
Das Spektrum der Anlageinstrumente der Bundesländer sei überwiegend auf Anleihen fokussiert. Sie beherrschten mit einem Anteil von um die 95 Prozent die Portfolien. Auf Aktien entfallen indes nur rund zwei Prozent der Mittel, zumal der Handel von Aktien und Unternehmensanleihen nur in wenigen Bundesländern überhaupt gestattet sei. Während vier Länder auch auf Exchange Trades Funds (ETF) setzten, spielten diese Instrumente für zehn Bundesländer keine Rolle. Derivate nutzten nur zwei Bundesländer, und das auch nur moderat. Grundsätzlich ausgeschlossen seien High-Yield-Anleihen, Immobilien, Rohstoffe und alternative Investments.
Angesichts strikter Anlagerichtlinien beklagt Hummel die mangelnde Möglichkeit, die Portfolios ausreichend diversifizieren oder mit Derivaten absichern zu können. „Damit können die angesammelten Kapitalrücklagen abzüglich der Finanzierungskosten der Bundesländer längerfristig kaum vor Inflationsverlust geschützt werden“, zitiert die Börsen-Zeitung den Uni-Professor. Doch es besteht Hoffnung, dass sich die landeseigenen Asset Manager künftig offen zeigen für neue Anlageklassen. Ein Umdenken in der Anlagestrategie der öffentlichen Versorger habe gerade erst begonnen. So würden indexorientierte Strategien, Absolute-Return-Strategien, internationale Diversifikation und auch nachhaltige Investments zumindest in Erwägung gezogen.
portfolio institutionell newsflash 29.08.2012/tbü
Autoren:

Schlagworte:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert