Traditionelle Anlagen
28. März 2012

ETF: Das Kostenargument ist von untergeordneter Bedeutung – Teil II

Favorit Full Replication.

Mit Blick auf die in der Expertenwelt häufig diskutierte Frage, ob ETF eher vollständig repliziert oder derivativ abgebildet werden ­sollen, scheint das Pendel 2011 eindeutig in Richtung „Full Replication“ ­ausgeschlagen zu haben, was sowohl aus den Absatzdaten für Europa 2011 als auch aus Umfragen von Morningstar hervorgeht. Hier dürfte die Debatte um die Sicherheit von derivativen (Swap)-ETF eine Rolle gespielt haben. Die Schere ist laut Masarwah besonders seit dem zweiten Halbjahr auseinandergegangen. Bis Mitte 2011 war das Bild im Vertrieb relativ ausgeglichen, ab Juli hat es sich jedoch ­voll­kommen gedreht. Gerade Lyxor, aber mit zunehmendem Verlauf des Jahres auch die anderen Anbieter von Swap-ETF, haben in der ­zweiten ­Jahres­hälfte gelitten, wohingegen I-Shares sehr stark zugelegt hat. Auch ­I-Shares-Manager Scharl betont, dass institutionelle Anleger ­eine ­hohe Präferenz für voll replizierende Produkte haben, die ­idealerweise ausschüttend sind.

Ungeachtet der großen Transparenzoffensiven in der zweiten ­Jahreshälfte 2011 und der Bemühungen, ETF sicherer zu gestalten, ­erwarten Investoren weitere Verbesserungen. Über die Hälfte der von Mornigstar Befragten zeigten sich „eher besorgt” oder „sehr besorgt” bezüglich des Kontrahentenrisikos bei Swap-basierten ETF. Jedoch zeige der Ländervergleich, dass britische Investoren diesbezüglich ­wesentlich besorgter sind als deutsche Anleger. Während 90 Prozent der Befragten in England angaben, besorgt bezüglich des ­Kontrahentenrisikos zu sein, scheinen sich 40 Prozent der in ­Deutschland ­ansässigen Investoren kaum beziehungsweise keine ­Sorgen über das Kontrahentenrisiko bei Swap-basierten ETF zu ­machen. Gleichwohl ­würden 77 Prozent der in Deutschland befragten Anleger die physische Replikation bevorzugen. „Grundsätzlich ­präferieren wir voll ­replizierende ETF gegenüber Swap-basierten ­Lösungen“, heißt es auch bei Allianz Global Investors.

Wichtig für Anleger ist auch das Reporting, zumal durch ein ­geeignetes Reporting sich für den ETF-Anleger Erkenntnisse über die Rendite-Risiko-Struktur und Korrelationseffekte im Gesamtportfolio als auch in den einzelnen Segmenten gewinnen lassen. So wird ­ex-post ersichtlich, ob getroffene Anlageentscheidungen und die ­eingeschlagene Strategie noch adäquat sind. Deshalb bietet I-Shares ihren Kunden verschiedene maßgeschneiderte Reportings, unter ­anderem Value-at-Risk- und VAG-Reportings an. 

_Reporting, Transparenz und Kosten

Standardisierte Transaktions-Reportings sind auch wegen der ­unterschiedlichen Ausweispflichten zum Handel vonnöten. Denn ­einer der Hauptgründe, warum so viele Anleger ETF einsetzen, ist die Möglichkeit, ETF tagsüber an einer anerkannten Börse zu handeln. Allerdings bestehen an den unterschiedlichen Finanzplätzen auch andere Ausweispflichten zum Handel. Eine der wichtigsten ­regulatorischen Initiativen in den USA und in Europa richtet sich ­deshalb auf die Verlagerung des Geschäfts mit außerbörslich (­over the counter, OTC) gehandelten Derivaten an eine Börse mit ­einer ­zentralen Abrechnungsstelle, womit das systemische Risiko ­gesenkt und die Transparenz erhöht werden soll, formuliert der ­Fondsmanager ­Blackrock. 

Genauso wichtig wie das Reporting sind für institutionelle ­Anleger die ­Offenlegung der Kosten und Gebühren. Insbesondere der ­professionelle Anleger benötigt vollständige Klarheit über sämtliche Kosten und Erträge, die mit dem gekauften Fonds verbunden sind. Nur so kann er die Gesamtkosten über die Haltedauer sicher bestimmen. Derzeit bieten zwar die meisten Websites von ­ETF-­Anbietern Informationen zur Gesamtkostenquote (Total Expense ­Ratio, TER) an. ­Woran es noch mangelt, sind weltweit einheitliche Standards, die ­erkennen lassen, welche Kosten und Gebühren in der TER enthalten (oder nicht enthalten) sind. Oder stehen die Kosten bei den Anlegern gar nicht einmal so im Vordergrund? Die These, ­wonach die Kosten so wichtig sind, ist durchaus zu hinterfragen, ist von ­Mornigstar zu ­hören. Letzten Endes geht es doch auch ­institu­tionellen ­Anlegern um Performance, Allokations­entscheidungen, steuerliche und ­rechtliche Fragen, aber auch um so weiche Faktoren wie Kunden­betreuung. Eine ähnliche Einschätzung vertritt Allianz Global ­Investors. Zwar sind die Kosten ein wichtiger Punkt in der ­Auswahl der geeigneten Vehikel, entscheidendes Kriterium für die ­Fonds­gesellschaft ist ­jedoch, welche Gesamterträge sie für ­ihre ­Kunden nach ­Kosten erzielen. Vor dem Einsatz von Indexfonds ­müssen zudem die steuerlichen Konsequenzen für den spezifischen Kunden geklärt ­werden. In die Kostenanalyse würden auch die ­Handelskosten und der Bid/Ask Spread, der stark von der ­Liquidität abhängt, sowie die Qualität der Replikation einbezogen. In einigen Fällen könne es für den Kunden vorteilhafter sein, ein Markt-­Exposure direkt über ­Derivate aufzubauen.

Denn wenn es nur um die Kosten ginge, dann würden solche ­Produkte mit optisch günstigem Preisetikett im Vertrieb doch am stärksten punkten, betont Masarwah anhand eines Beispiels: ­Theoretisch hätten Anleger auf den Euro-Stoxx-50-ETF der Deutschen Bank, der null Prozent Management Fee aufweist, fliegen müssen. Sind sie aber nicht, was die Deutsche Bank auch ziemlich erstaunt ­haben soll. Zudem weisen die Verfechter von Spezialfonds darauf hin, dass ­passive Spezialfonds billiger als ETF kommen. Auch dies zeigt, dass für institutionelle ETF-Investoren andere Faktoren eine ­wichtigere Rolle spielen als die Kosten. Die ETF-Branche führt die niedrigen ­Gebühren bei ETF gleichwohl gerne als Verkaufsargument an. Ob der Preis von ETF niedrig oder hoch ist, hängt stark vom Typus des ETF ab. Während zum Beispiel Indexfonds auf großkapitalisierte ­Aktien laut einer Analyse von Towers Watson zwischen neun und 40 ­Basispunkte (bps) kosten, beläuft sich die TER bei Emerging-­­­Markets-Aktien-ETF auf Werte zwischen 50 und 99 bps (siehe Tabelle).

_Bond-ETF vor Kostensenkung

Trotz der Tatsache, dass das Gebührenthema bei Investoren nicht die größte Bedeutung hat, bietet es sich an, die Kostenstruktur von ETF mit denen von aktiv gemanagten Fonds zu vergleichen. So ­können zum Beispiel Emerging-Market-Debt-ETF teurer als aktiv gemanagte Spezialfonds sein. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Boom bei den ETF auf der Bonds-Seite erst relativ spät gestartet (ab 2009) ist und manche Anbieter, wie die UBS, jetzt erst anfangen, ihre ­Bonds-Palette auszubauen. Insofern haben Aktien-ETF einen ­„Vorsprung“ von ­mehreren Jahren. Als Folge daraus sind die Kosten sukzessive ­merklich gesunken. Ein Dax-ETF hat vor sechs, sieben ­Jahren noch 50 Basispunkte an Management Fees gekostet, heute sind es zehn, zwölf, 15 Basispunkte, sagt Morningstar-Sprecher Masarwah. Deshalb ist ­davon auszugehen, dass mit dem zunehmenden ­Produktangebot auch die Kosten der Bond-ETF allmählich sinken ­werden. 

_Aspekte für einen fairen Kostenvergleich

Gleichwohl sollten Investoren beim Kostenvergleich auch ­bedenken, dass aktiv verwaltete Fonds mehr Kosten verursachen als nur Management Fees. Es gibt jede Menge Transaktionskosten, die die Rendite schmälern und die nicht in der Management Fee ausgewiesen werden. Und es gibt häufig auch Performance Fees, die in der TER ­inkludiert sind. Erfahrungen zeigen auch, dass bei Spezialfonds oft die sichtbaren Kosten nur das Ende der Geschichte sind. Auch ­Peter Scharl von I-Shares betont, dass passive Spezialfonds tendenziell ­geringere Management Fees aufweisen, wohingegen ETF geringere Ein- und Ausstiegskosten mit sich bringen. Je nach Anlagevolumen, Asset-Klasse und Haltedauer muss man deshalb die beiden Optionen ETF und Spezialfonds hinsichtlich Gesamtkosten vergleichen. In ­diesem Sinne weist Scharl darauf hin, dass I-Shares sehr stark ­propagiert, auf die „Total Cost of Ownership“ abzustellen, mit der die ­Gesamtkosten genauer berücksichtigt werden. Die gängige Kennzahl Total Expense Ratio greife zu kurz. Nicht darin enthalten sind ­beispielsweise Transaktions- und Rebalancing-Kosten, sowie bei ­derivativ replizierenden ETF die Swapkosten. Ebenso bleiben in der TER ­Zusatzerträge aus der Wertpapierleihe unberücksichtigt. Diese ­können Kosten ganz oder teilweise kompensieren. Bei Kosten­vergleichen ebenfalls zu berücksichtigen ist, inwieweit sich die ­jeweilige KAG oder ­Depotbank um Rückforderungen von im Ausland abgeschöpften ­Quellensteuern kümmert.
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portfolio institutionell 16.03.2012

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