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27. Oktober 2023

Taxonomien als globales Phänomen

Als in der EU 2018 die Arbeiten an der Taxonomie starteten, ­verfügte China bereits über Erfahrung mit einem ähnlichen Vor­haben. Das Land veröffentlichte drei Jahre zuvor eine Liste von ­Projekten, die für grüne Anleihen in Frage kommen. Dieser seither als chinesische Taxonomie bezeichnete Katalog erfuhr 2021 eine Aktualisierung, die mit einem gesteigerten Umweltanspruch und einer Annäherung an internationale Standards einherging. ­Ähnlich der EU-Taxonomie beinhaltet das chinesische Pendant ökologisch-nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten, etwa den Bau und Betrieb von Solaranlagen. Elemente, die dem Do-No-Harm-Prinzip aus dem EU-Klassifikationssystem entsprechen, sind lediglich in Einzel­fällen enthalten und soziale Mindestkriterien mit Bezug auf menschenrechtliche Normen gar nicht.

Weil beide Wirtschaftsregionen bedeutend und die Finanzmärkte ­international sind, wurde daran gearbeitet, die Inter­operabilität beider Ansätze zu fördern. Dies ist auch deshalb relevant, weil die vielen Klassifikationssysteme weltweit meist die chinesischen und europäischen Vorarbeiten als Basis nutzen. Während einige Länder sich eher an China orientieren, etwa die Mongolei, oder wie im Fall von Bangladesch Elemente beider Taxonomien aufweisen, basieren ­beispielsweise das südafrikanische oder kolumbianische System stark auf den EU-Vorarbeiten.

Weit mehr als ein Dutzend Länder oder supranationale Organisa­tionen verfügen derzeit über eine Taxonomie. Dazu zählen auch Russland, Kasachstan, Sri Lanka, Südkorea, Malaysia, Indonesien, Georgien und die Vereinigung südostasiatischer Länder. Im Ent­stehen sind Taxonomien unter anderem in Singapur, Thailand, Australien, dem Vereinigten Königreich, dem Senegal, der Dominikanischen Republik, Kanada, Mexiko, Brasilien und Chile. Klassifikationssysteme für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten sind damit ein wahrlich globales Phänomen.

Ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit kann jedoch nur dann entstehen, wenn weitere Arbeit in die Entwicklung von ­Standards und in das Zusammenspiel der verschiedenen Systeme investiert wird. Der Weg dorthin beinhaltet weit über das ­Technische hinaus Potenziale. Denn er kann dazu beitragen, Dialoge zu Nachhaltigkeit zwischen Ländern und Kulturen zu fördern und zugleich Synergien zwischen Entwicklungspolitik, Sustainable Finance und Menschenrechtsdiskursen zu schaffen. Gerade in Zeiten globaler Polarisierung könnte darin ein Schimmer Hoffnung liegen.

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