„Ich wollte doch nur etwas Gutes tun“
Solche oder ähnliche Aussprüche eines Stiftungsverantwortlichen sind erfahrenen Beratern bekannt. Wer sich für einen guten Zweck engagiert, kennt die lästigen Schattenseiten eines Ehrenamts: Formalien, wie die alljährliche Gremiensitzung, Protokollpflichten oder die Schrecken der Buchhaltung. Unter anderem diese Pflichten gelten für jeden Stiftungsvorstand, ob ehrenamtlich oder hauptberuflich. Unabhängig, ob er oder sie diese Aufgaben selbst wahrnimmt oder delegiert, Verantwortung und Haftung liegen bei ihm oder ihr. Das gilt erst recht für die Kernaufgabe jeder Stiftung, das Vermögensmanagement mit dem summenmäßig größtem Haftungsrisiko.
Deshalb ist kaum etwas Unbeliebter für Stiftungsgremien als Entscheidungen im Asset Management oder das Aufsetzen einer konformen Anlagestrategie. Zumal weder die Stiftungsgesetze noch die Rechtsprechung eine Entscheidungshilfe sind. Wenn selbst der Gesetzgeber anlässlich der Stiftungsrechtsreform konzediert, dass die Gesetzeslage „unübersichtlich“ ist und die wenigen Urteile wegen der verschiedenen Landesrechte nicht vergleichbar sind, ist dazu genug gesagt.
Warum die recht große Freiheit, die die Rechtslage Stiftungen – anders als fast allen institutionellen Investoren – gewährt, in der Praxis wenig genutzt wird, ist unbegreiflich. Wenn eine Anlagestrategie rechtlich sauber aufgesetzt ist und mit ihren Nebenpflichten im Tagesgeschäft konsequent umgesetzt wird, können Stiftungen recht frei agieren – wenn sie nach ihren vorgegebenen vier Anlagezielen handeln. Typisch Deutsch scheint es zu sein, dass wir zwar gesetzliche Regulierung instinktiv ablehnen, uns aber ohne verbindliche Leitplanken schwer tun. Wobei es für Stiftungen binnenstiftungsrechtliche Vorgaben gibt, wie das Vermögen zu managen ist. Dies sind primär stiftungsindividuelle Governance- und Compliance-Richtlinien, die jeweils auf Gremienstruktur und -kompetenz sowie Vermögensgröße und -komplexität maßgeschneidert sein müssen, um Schutz vor der Haftung zu gewährleisten.
Viele warten nun auf die Gesetzesreform und die Einführung der Business Judgement Rule ins BGB, die gewisse Standards fordert, aber hohe Haftungssicherheit bietet. Besser ist aber, sich bereits jetzt mit wasserdichten Prozessen und guter Governance aufzustellen. Schließlich warten weder haftungsrelevante Fehlallokationen noch der Kapitalmarkt auf das Inkrafttreten eines neuen Stiftungsrechts. Schon heute sollte man den Vermögen-Resilienzfaktor oder den Legitimationsgrad der Beschlusssammlung kennen.
Schreiben Sie einen Kommentar