Green Bonds mangelt es an Additionalität
Der Klimawandel erfordert einen deutlich reduzierten CO₂-Ausstoß. Hierbei sollen die Kapitalmärkte und insbesondere Green Bonds eine wichtige Rolle spielen. Dabei wird das Konzept der Additionalität nur selten diskutiert – obwohl es eine entscheidende Rolle spielt. Additionalität bedeutet, dass Green Bonds Projekte finanzieren, die einen positiven Umweltbeitrag leisten und (!) die ohne diese grünen Anleihen nicht durchgeführt würden. Diese Additionalität wird bei Anlageentscheidungen nur sehr selten herangezogen. Das ist problematisch, denn ohne Additionalität bleiben Green Bonds wirkungslos. Darum die simple Frage: Was bewirken Green Bonds bezüglich geringerem CO₂-Ausstoß oder ähnlichem?
Dient ein Green Bond etwa dazu, eine ohnehin bestehende Anlage zu finanzieren, ist die Additionalität und damit die Klimawirkung gleich null. Der Großteil der Green Bonds dient aber genau dieser Art der Refinanzierung bereits bestehender Technologien. Sie finanzieren damit zwar umweltfreundliche Projekte, allerdings solche, die bereits in der Welt sind und bislang ohne grüne Finanzierung auskamen. Investoren grüner Anleihen stellen sich vermutlich etwas anderes darunter vor.
Green Bonds können vor allem dann eine echte positive Umweltwirkung erzielen, wenn sie für den Emittenten spürbar niedrigere Finanzierungskosten bedeuten – so niedrig, dass sie bestimmte umweltfreundliche Projekte aus ökonomischer Sicht überhaupt erst erlauben. Niedrigere Kosten kommen zustande, weil Investoren bereit sind, für die Finanzierung grüner Projekte auf Rendite zu verzichten. Studien belegen niedrigere Renditen für Green Bonds von null bis maximal 20 Basispunkten. Aufgrund der für den Emittenten höheren Kosten durch Zertifizierung und Dokumentation werden diese – ohnehin sehr kleinen – Vorteile meist überkompensiert. Dieser Preiseffekt der Green Bonds führt jedenfalls nicht zu einem nachhaltigeren Umbau der Wirtschaft.
Zum anderen könnten bestimmte Projekte sich nur über Green Bonds finanzieren lassen. Das ist unwahrscheinlich: Die meisten Unternehmen nutzen konventionelle und grüne Anleihen. Da die Anleihen in der Regel unbesichert sind und nicht bestimmten Projekten zugeordnet werden, scheint eine konventionelle Finanzierung jederzeit möglich: Was kann ein Unternehmen mit einer grünen Anleihe tun, was es nicht auch mit einer normalen Anleihe tun könnte? Nichts. Green Bonds wirken nicht additiv. Sie werden das Klima nicht retten. Wir können auf sie verzichten.
Autoren: Prof. Dr. Michael Grote In Verbindung stehende Artikel:
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