Recht, Steuer & IT
24. Juni 2022

ESG-Berichterstattungspflichten nehmen Gestalt an

Vorläufige Einigung von Rat und EU-Parlament auf finalen Richtlinientext zur CSRD. Früheste Geltung ab 2024.

Die EU-Mitgliedstaaten haben sich mit dem EU-Parlament auf neue Regeln für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen geeinigt. Der Rat und das Europäische Parlament verabschiedeten hierfür am Dienstag vorläufig einen finalen Richtlinientext. Mit der so genannten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die die „alte“ Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (Non-financial Reporting Directive, NFRD) ablösen soll, werden deutlich mehr Unternehmen aus der EU als bisher zur ESG-Berichterstattung verpflichtet. Auch werden die Berichtspflichten detaillierter. So müssen Großunternehmen sowie kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Unternehmen (börsennotierte KMU) künftig einen standardisierten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen.

Aufnahme in den Lagebericht

Außerdem wird mit der CSRD eine Zertifizierungspflicht für die Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt. Deren Veröffentlichung werde in einem gesonderten Abschnitt der Lageberichte von Unternehmen vorgeschrieben, so der Rat in einer Pressemitteilung. Zudem werde die Europäische Beratergruppe für Rechnungslegung (European Financial Reporting Advisory Group, EFRAG) nach fachlicher Beratung durch mehrere europäische Agenturen für die Festlegung europäischer Standards zuständig sein.

Vorläufig Ausnahmen für KMU

Auch Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU, die in der EU einen Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro erzielen und mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU haben, sollen zur Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet werden. Diese Unternehmen müssen einen Bericht über ihre ESG-Auswirkungen vorlegen, das heißt über ökologische, soziale und Governance-Aspekte im Sinne der Richtlinie.

Die Berichterstattungs-Vorschriften gelten innerhalb der EU auch für börsennotierte KMU. Deren Besonderheiten würden jedoch berücksichtigt, so die Mitteilung des Rates. So werden KMU während eines Übergangzeitraums eine Ausnahmeregelung („Opt-out“) in Anspruch nehmen können. Bis 2028 können sie sich so von der Anwendung der Richtlinie ausnehmen.

Neue Regeln werden schrittweise greifen

Die CSRD soll ab 1. Januar 2024 Anwendung für alle Unternehmen finden, die auch bisher schon unter die Berichtspflicht (nach NFRD) fielen, das heißt diese Unternehmen müssen in 2025 über Daten des Jahres 2024 berichten. Ab 1. Januar 2025 sollen alle anderen Großunternehmen in die Berichtspflicht einbezogen werden und ab 1. Januar 2026 auch börsennotierte KMU sowie kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen, wobei die Veröffentlichung jeweils im Folgejahr zu den Daten des Vorjahres erfolgt. Die erzielte vorläufige Einigung muss noch vom Rat und vom Europäischen Parlament gebilligt werden.

Mehr Daten für Offenlegung

Durch die Umsetzung der Richtlinie erhoffen sich insbesondere die Unternehmen der Finanzwirtschaft – darunter auch Versicherer und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung – eine bessere Datenlage zu ESG-Faktoren, zu deren Offenlegung sie unter anderem gemäß der EU-Offenlegungsverordnung (Sustainablity Financial Disclosure Regulation, SFDR) verpflichtet sind, die bereits seit März 2021 gilt. Einerseits profitieren die Finanzunternehmen so von einer überarbeiteten CSR-Richtline, andererseits werden sie selbst zum Objekt neuer regulatorischer Vorgaben.

GDV kritisiert Einbeziehung kleinerer Versicherer

Diese Problematik benennt auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft, GDV. So übte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen in einem Blogbeitrag jüngst Kritik am vorgesehenen Geltungsbereich der Richtlinie: „Natürlich müssen auch Versicherer die Vorgaben der CSRD erfüllen – denn auch Versicherer sind Investitionsziele. Ich hätte mir aber gewünscht, dass einige der CSRD-Vorgaben besser an die Besonderheiten des Versicherungsgeschäfts angepasst werden“, so Asmussen. Er nennt dazu auch ein Beispiel: „Für Versicherer gelten leider die gleichen Größenkriterien wie für Unternehmen der Realwirtschaft. Konkret führt dies dazu, dass ein Versicherer mit sieben Beschäftigten die gleichen Berichtspflichten erfüllen muss wie ein DAX-Konzern. Das kann nicht sinnvoll sein.“

15.000 Unternehmen in Deutschland betroffen

Darüber hinaus findet Asmussen aber deutliches Lob für die Richtline. Sie sei ein Wegbereiter für Sustainable Finance ohne Greenwashing. „Die CSRD ist zweifellos ein wichtiger Fortschritt – auch weil die veröffentlichten Daten unabhängig extern geprüft werden“, so Asmussen. Nach Schätzungen des GDV werden von der künftigen Neuauflage der CSR-Richtlinie deutschlandweit rund 15.000 Unternehmen und europaweit für rund 50.000 Unternehmen erfasst.

Einheitliche Reporting-Systeme gefordert

Wichtig ist laut GDV auch eine enge Abstimmung der Berichtsstandards nach der CSRD mit den globalen Nachhaltigkeitsstandards, die das International Sustainability Standards Board (ISSB) aktuell ausarbeitet. „Es darf auf keinen Fall passieren, dass europäische Unternehmen zwei Reportingsysteme entwickeln müssen – eins nach den CSRD-Standards und ein weiteres nach den ISSB-Standards“, so Asmussen.

Autoren:

Schlagworte: | | | |

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert