Eine Infrastruktur aus Aktien
Infrastruktur in liquider Form oder Wertpapiere mit Infrastrukturfokus – der Name des Segments Listed Infrastructure lässt einigen Interpretationsspielraum offen. Investoren erhoffen sich eine Partizipation an der langfristigen Infrastrukturstory, sollten jedoch primär mit Aktien- und Fixed-Income-Risiken rechnen.
Die Anlageklasse Infrastruktur lockt mit stabilen Cashflows und langen Anlagezeiträumen – ideal, um Liabilities zu matchen. Zudem gibt es einen enormen privaten Investitionsbedarf, welcher sich durch fehlende staatliche Bereitschaft ergibt, die Investitionen selbst zu stemmen. Als Stärke des Infrastruktursegments lässt sich zudem die zentrale Bedeutung von Infrastruktur ausmachen: „Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens, dass Infrastruktur das Backbone unserer Gesellschaft und notwendig für das Funktionieren unserer Volkswirtschaft ist“, so Michael Gollits von der Vermögensverwaltung von der Heydt & Co. Dies gilt ebenso für das neuere Thema einer ökologischen Transformation – man denke an Ladestationen für E-Autos und dezentrale Stromnetze – wie auch für klassische Infrastruktur wie Straßen, Schienen und Telekommunikationsnetze.
Von Nachteil bei den illiquiden privaten Infrastrukturinvestments ist mitunter, dass das Kapital lange fest gebunden ist. Einen liquiden Zugang zu Infrastruktur und somit auch Partizipation an der Wachstumsstory verspricht deshalb gelistete Infrastruktur. Über Aktien und Anleihen von Betreibergesellschaften lässt sich in Flughäfen, Öl- und Gaspipelines, Häfen, Schienen-, Daten- und Telekommunikationsnetze und vieles mehr investieren. Allerdings wird man – so viel ist klar – dann auch mit aktien- und anleihenspezifischen Risiken und Werttreibern operieren, was einen von einem klassischen Infrastrukturinvestment fortführt. So stellt sich die Frage, welche Rolle diese Papiere in Portfolien institutioneller Investoren spielen können. Hält der Name Infrastruktur im Titel, was er verspricht?
Ganz wichtig ist zunächst, einzugrenzen, was mit Infrastruktur gemeint ist. Denn: „Investoren investieren in eine Anlageklasse ja gerade, weil die entsprechenden Assets bestimmte Charakteristika aufweisen. Wenn manche spezialisierte Anbieter nun Unternehmen mit sehr indirektem Infrastrukturbezug beimischen und behaupten, sie können damit das gleiche Auszahlungsprofil wie mit Infrastruktur im engeren Sinne erreichen, machen sie sich eigentlich selbst überflüssig“, wundert sich Michel Degosciu, Geschäftsführer beim auf gelistete Alternatives spezialisierten Index-Anbieter LPX. LPX habe ein enges Verständnis von Infrastruktur als Basisinfrastruktur entwickelt, welches Grundlage für deren Indexfamilie bildet. Zentrale Unterscheidung zur Selektion ist dabei, ob das betreffende Unternehmen tatsächlich Betreiber der Infrastruktur ist oder diese Infrastruktur nur nutzt. „Deshalb sehe ich Solarparks nicht als Infrastrukturinvestment. Denn diese sind stark abhängig von den Strommärkten und somit größeren Schwankungen ausgesetzt.“
Christian Riemann, Fondsmanager des Ve-Ri Listed Infrastructure von La FranÇaise, nutzt das von LPX erstellte Anlageuniversum. „Wir kaufen die Aktien von Flughafenbetreibern, nicht die von Fluggesellschaften, weil letztere unter deutlich mehr Konkurrenzdruck stehen. Bei Basisinfrastruktur sind die Markteintrittsbarrieren deutlich höher.“ Aus gleichem Grund investiere der Fonds in Pipelines, Elektrizitäts-, Straßen-und Schienennetze und Kabelnetzwerke und Sendetürme, aber nicht in die Energieproduktion und Förderung, Leasing-Gesellschaften, Straßenbauunternehmen und Telekommunikationsdienstleister.
Partizipation am Zukunftsthema Infrastruktur
Eine wichtige Kennzahl, die Degosciu auch für den von LPX angebotenen Fonds verwendet, ist die des Umsatzanteils, welcher aus der Basisinfrastruktur generiert wird, auch Monopolgrad genannt. 50 Prozent braucht es, um in das Anlageuniversum zu kommen, bei zwei Drittel des Indizes liegt dieser über 80 Prozent. Der von La FranÇaise gemanagte Aktienfonds kommt aktuell auf einen durchschnittlichen Umsatzanteil von 89 Prozent. „Bei Flughäfen gibt es sehr stetige Cashflows, die aus Start- und Landerechten generiert werden können, die für uns interessant sind. Darüber hinaus machen Flughäfen aber auch Geschäfte aus Vermietungen, mit Duty-Free-Shops und ähnlichem“, gibt er ein Beispiel für eine solche Betrachtung. Der Market Cap von gelisteten Basisinfrastrukturunternehmen liege bei zwei Billionen Euro. Aktieninvestoren haben somit ein größeres Universum als das von auf private Märkte spezialisierten geschlossenen Fonds. „Die meisten Infrastrukturunternehmen sind also an der Börse. Es braucht also nicht unbedingt private Märkte, um sich Zugang zum Segment zu verschaffen.“ Dabei lassen sich fast ausschließlich Brownfieldprojekte erschließen, da es sich um etablierte Unternehmen handelt. „Greenfield ist oft nicht börsennotiert.“
Autoren: Tim BüttnerSchlagworte: Aktien | Infrastruktur | Portfoliokonstruktion/Diversifikation
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