DWS erwartet Verlängerung der griechischen Schulden
Sieben Jahre wären vernünftig, sagt DWS-Fondsmanager Klaus Kaldemorgen.
FRANKFURT – Die griechische Tragödie hält die Kapitalmärkte in Atem. In Athen wankt nicht nur eine Regierung – die Bevölkerung geht gegen die von der EU und dem IWF diktierten Sparmaßnahmen auf die Barrikaden. In der Nacht zum Mittwoch überlebte die von den Sozialdemokraten geführte Regierung nur knapp ein Vertrauensvotum. Über die prekäre Lage und eine mögliche Lösung zu der Krise in Griechenland sprach der renommierte DWS-Fondsmanager Klaus Kaldemorgen mit unserem Schwesterblatt portfolio international.
Herr Kaldemorgen, in Griechenland wankt nicht nur eine Regierung, es wird offen von einer Gefährdung der Demokratie gesprochen. Ist die Eurozone in Gefahr?
Das Risiko ist deutlich gestiegen. Die Lage ist eskaliert. Das Problem ist, dass der gesellschaftspolitische Konsens für eine Regelung der Krise heute fehlt. In Griechenland wie in der Eurozone. Die Griechen sind offensichtlich nicht mehr bereit, wie bisher den Gürtel enger zu schnallen, und in Europa ist der Bevölkerung scheinbar nicht mehr vermittelbar, dass es Sinn macht, weiter Geld nach Griechenland zu schieben, wenn es dort keine weitergehenden Anstrengungen gibt.
Und wenn die Situation nicht mehr politisch steuerbar ist…
… dann muss man es im Extremfall als reale Gefahr sehen, dass Griechenland aus der Eurozone ausschert und seine Währung abwertet. Mit nicht absehbaren Folgen.
Wie real ist diese Gefahr?
Mittlerweile glaube ich, dass dieses Risikoszenario als möglich bezeichnet werden muss, auch wenn es nicht das wahrscheinlichste Szenario ist. Zunächst einmal ist die Politik bestrebt, das Problem weit in die Zukunft zu schieben. Das ist auch sinnvoll, weil die Situation an den Kapitalmärkten sehr besorgniserregend ist. Und wenn in dieser instabilen Lage jemand in der Politik die Nerven verliert, dann kann das sehr schnell sehr kritisch werden und zu schlimmen Verwerfungen im Finanzsektor führen.
Welches Szenario halten Sie für am wahrscheinlichsten?
Einen Tabubruch hat es ja bereits gegeben, als die EZB im vergangenen Frühjahr beschlossen hat, griechische Bonds zu kaufen. Deshalb müsste man langfristig über eine Garantie für die Schulden Griechenlands gegen strenge Auflagen im Rahmen einer tiefgreifenden Integration innerhalb der Eurozone nachdenken, so, wie sie auch mein Kollege Asoka Wöhrmann (DWS-Geschäftsführer und Rentenspezialist, Anm. d. Redaktion) erwartet. Staatsverschuldung ist nämlich eigentlich nicht die Ursache der Krise, sondern ein Symptom.
Wie könnte eine Garantielösung aussehen?
Es würde eine Prolongation der Schulden geben. Sieben Jahre sind im Gespräch, und das wäre auch vernünftig. Damit die Gläubiger dieser Verlängerung freiwillig zustimmen, könnten im Gegenzug europäische Garantien gegeben werden.
Der Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, hat bereits vor geraumer Zeit Euro-Bonds ins Spiel gebracht …
Das würde ja auch darauf hinauslaufen. Es wäre für Anleger die beste Lösung. Sie müssten zwar Griechenlands Anleihen länger halten, hätten aber eine harte Garantie über die Rückzahlung. Die Griechen wiederum hätten sieben Jahre Zeit, mit ihren Problemen fertig zu werden, und die Eurozone wäre nicht mehr gefährdet.
Wäre das mehr als eine dringend benötigte Atempause?
Die Griechen müssen in jedem Fall ihre Hausaufgaben machen. Ob diese Garantielösung langfristig zum Erfolg der Sanierungsbemühungen für Griechenland bringt, ist natürlich offen, aber die fatale Ansteckungsgefahr für andere Länder muss gebannt werden. Es ist doch ein Wahnsinn, dass spanische Bonds heute mit 5,9 Prozent rentieren. Griechenland ist klein, und Portugal könnte die EU theoretisch auch noch auffangen, aber wenn jetzt auch Spanien in die Krise schlittern würde, dann wären wir mit einer neuen Dimension der Krise konfrontiert und dass kann niemand ernsthaft anstreben.
Die Euro-Zone ist nicht das einzige Sorgenkind: Auch die USA schwächeln, und in den Emerging Markets trübt die Inflation das Wachstum. Wer traut sich heute noch, Aktien zu kaufen?
Das ist wirklich ein Problem: Privatanleger wollen Aktien nicht haben, weil sie ihnen zu riskant erschienen, institutionelle Anleger wie Versicherer und Pensionsfonds können Aktien nur in homöopathischen Dosen halten, weil die Regulierer ihnen ein zu hohes Risiko beimessen. Aktien bricht gewissermaßen die Kundschaft weg. Das ist schade, weil sie im Vergleich zu anderen Asset Klassen sehr niedrig bewertet sind, selbst dann, wenn man für dieses Jahr ein Abschwächen der Konjunktur miteinkalkuliert.
Sie sind allerdings auch nicht voll mit dabei. In Ihren Aktienfonds DWS Vermögensbildungsfonds I und DWS Akkumula haben Sie gut zehn Prozent Cash, und Ihr neuer Total-Return-Fonds, der DWS Concept Kaldemorgen, dürfte auch nicht groß in Risikotitel investiert sein.
Die Aktienquote im DWS Concept Kaldemorgen liegt bei 35 Prozent, ist aber derzeit vollständig abgesichert. Aber das sehe ich nur als kurzfristige taktische Maßnahme. Ich habe jüngst eine fünfprozentige Long Position im Euro-Stoxx-Bankensektor aufgebaut. Sollte es in Sachen Griechenland zu einer gütlichen Einigung kommen, dann profitieren davon unmittelbar die europäischen Banken.
portfolio institutionell newsflash 22.06.2011/maa/jan
Autoren: Ali Masarwah In Verbindung stehende Artikel:
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