Pension Management
9. Dezember 2015

Durch Zinsflaute droht Schließung von Pensionswerken

Einige mittelständische Unternehmen könnten schon bald ihre Pensionseinrichtung schließen. Dies zeigt eine neue Studie. Vielen Mittelständlern sind die bilanziellen Folgen der Niedrigzinsphase nicht bewusst.

Eigentlich hat sich die Politik auf die Fahnen geschrieben, die betriebliche Altersversorgung (bAV) in Deutschland – insbesondere im Mittelstand – voranzubringen. Mit einer Machbarkeitsstudie versuchte das Bundesarbeitsministerium im vergangenen Jahr zu ergründen, wo die Hemmnisse für kleine und mittlere Unternehmen liegen. Viel weiter ist man seither nicht gekommen. Im Gegenteil: Eine Reihe mittelständischer Unternehmen, die über eine eigene Pensionseinrichtung verfügen, denkt inzwischen sogar darüber nach, diese zu schließen. Das wäre „ein dramatisches Signal“, erklärte Heiko Gradehandt, Bereichsleiter Mittelstand bei Towers Watson. 
Das Beratungshaus hatte im September dieses Jahres 147 mittelständische Unternehmen zahlreicher Branchen zu deren Pensionsverpflichtungen und Plänen befragt. Dabei zeigte sich, dass infolge der Zinsflaute mehr als die Hälfte die strategische Ausrichtung ihrer Pensionswerke überdenkt. Bei gut einem Drittel dieser Unternehmen heißt das, dass die Schließung der Pensionseinrichtung zur Diskussion steht. Die meisten anderen haben Veränderungen der Pensionszusagen im Auge. 
„Die Niedrigzinsphase betrifft alle Mittelständler mit nennenswerten Pensionsverpflichtungen. Welche Folgen daraus für jedes einzelne Unternehmen entstehen, hängt maßgeblich von der Gestaltung der bAV ab. Sofern ein Pensionsplan zeitgemäß aufgebaut ist, geht von ihm aber keine Gefahr für das Unternehmen aus“, erklärte Gradehandt. Unternehmen sollten seiner Ansicht nach regelmäßig analysieren, welche bilanziellen Auswirkungen sie durch ihre Pensionswerke erwarten. Auf diese Weise würden Nachfinanzierungen vermieden, die schlimmstenfalls zu einer Überschuldung führen können. 
Unkomfortable Deckungsquoten
Dass Towers Watson ausdrücklich auf diesen Aspekt hinweist, hat einen Grund. Denn wie die Studie zeigt, ist vielen unbekannt, welche Folgen die Niedrigzinsphase für sie bilanziell haben wird. Gut die Hälfte der mittelständischen Unternehmen vertraut darauf, die Pensionszusagen aus dem laufenden Geschäft finanzieren zu können: 58 Prozent bilden keine Rücklagen zur Absicherung der Pensionsversprechen. Die restlichen 42 Prozent reservieren zwar Vermögen für die bAV, diese Rücklagen seien jedoch meist gering. In etwa einem Drittel der Fälle liegen die reservierten Mittel unter 25 Prozent des Verpflichtungsvermögens. Nicht einmal ein Viertel weist komfortable Deckungsquoten von über 75 Prozent auf. 
Weiter zeigt sich in der Studie, dass künftig nur 20 Prozent der befragten Mittelständler in Erwägung ziehen, Rücklagen zu bilden. Als Grund vermutet Towers Watson die anhaltende Niedrigzinsphase. Allerdings dürfte auch eine Rolle spielen, dass die Politik es bisher – trotz großer Willensbekundungen – nicht geschafft hat, die bAV für kleine und mittlere Unternehmen wirklich attraktiver zu gestalten. Ein gutes Beispiel ist auch, dass die von der Pensionsbranche geforderte Anpassung des Bilanzrechtes vorerst auf Eis gelegt wurde. 2015 wird sich hier wohl nichts mehr tun, obwohl es bereits im Frühsommer schien, als habe die Politik die Dringlichkeit dieser Problematik erkannt und sofort reagiert. Zum Leidwesen der bAV-Branche hat sich in den vergangenen Monaten jedoch gezeigt: Die Mühlen der Politik mahlen weiterhin langsam. Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge (Aba) reagierte Ende November und legte sich nochmals für ihre Mitglieder ins Zeug. Sie schickte ein Thesenpapier, in dem die Problematik nochmals klar und einfach aufgedröselt ist, an die Zuständigen im Bundestag. Mehr zu den zehn Thesen lesen Siehier. 
Auch Towers Watson weist in seiner Studie deutlich auf die Auswirkungen der Niedrigzinsphase auf Pensionsverpflichtungen im Mittelstand hin. Die meisten Mittelständler bilanzieren nach dem Handelsgesetzbuch (HGB), dessen Rechnungszins sich aus den durchschnittlichen Marktzinsen von Unternehmensanleihen mit höchster Bonität der vergangenen sieben Jahre zusammensetzt. Weil seit sieben Jahren Zinsflaute herrscht und in der Berechnung das vergangene Jahr mit höheren Zinsen (2008) durch die niedrigen Zinsen von 2015 ersetzt wird, sinkt der Rechnungszins in diesem Jahr noch einmal merklich ab. Folglich werden die bilanziellen Folgen der Niedrigzinsphase für die meisten Mittelständler deutlich spürbar, weil höhere Pensionsrückstellungen nötig werden. Das spiegelt sich negativ in der Gewinn- und Verlustrechnung wider.
portfolio institutionell newsflash 09.12.2015/Kerstin Bendix
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