DIW: Vermögensbildungspolitik dringend reformbedürftig
Schweden Modell für private Altersvorsorge sowie Förderung von Wohneigentum. Warnung vor Immobilienblase in München und Frankfurt.
Beschwichtiger, die eine Überhitzung der politischen Debatte fürchten, werden sich bestätigt fühlen: Die soziale Ungleichheit ist laut einer neuen Studie des DIW Berlins in Deutschland in den vergangenen Jahren nicht weiter angestiegen. Die ermittelten Zahlen zur Vermögensverteilung sind gleichwohl obszön. Demnach besitzen die reichsten zehn Prozent mit 56 Prozent über die Hälfte des gesamten Vermögens. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung kam demnach gerade mal auf einen Anteil von 1,3 Prozent. Im Mittel stieg das Vermögen in den Jahren 2012 bis 2017 um 22 Prozent, wobei vor allem Betriebs- und Immobilienvermögen für den Anstieg verantwortlich waren. Von diesem Anstieg profitierten außer den ärmsten 15 Prozent, die keine Vermögen oder sogar Nettoschulden haben, proportional alle Bevölkerungsschichten ungefähr gleich. In absoluten Zahlen bestehen bei den Zuwächsen gleichwohl große Unterschiede. Während sich die (statistisch gesehen) ärmste Person der reichsten Hälfte (der Median) über einen Vermögenszuwachs von immerhin 2.890 Euro freuen konnte, legte die ärmste Person des reichsten Prozentes (das 99-Prozent-Quantil) um 195.592 Euro zu.
Der Autor der DIW-Studie, Markus Grabka, fordert als Konsequenz eine Reform der Vermögensbildungspolitik. „Um die Vermögensungleichheit zu reduzieren, wird es nicht reichen, große Vermögen ein wenig zu besteuern. Eine Vermögenssteuer, wie erst jüngst wieder mal gefordert wurde, wird zwar fiskalische Mehreinnahmen schaffen, die aber nicht automatisch den vermögensschwachen Bevölkerungsgruppen zugutekommen“, so Markus Grabka. Stattdessen favorisiert er die Förderung von privatem Immobilieneigentum. Bei der privaten Altersvorsorge solle man sich statt der Riester- und Rürop-Rente stattdessen am schwedischen Modell orientieren, da sich hier höhere Renditen erzielen ließen.
Warnung vor Immobilienblasen
Ob eine Förderung von Wohnungskäufen im aktuellen Immobilienklima eine weise Entscheidung wäre, ist zumindest in München und Frankfurt unklar. Der UBS Global Real Estate Bubble Index 2019, der Ende September veröffentlicht wurde, listete München als den am stärksten überhitzten Immobilienmarkt unter den untersuchten 24 globalen Immobilien-Hotspots. Auch in Frankfurt sieht die Studie die Gefahr einer Immobilienblase, welche durch Preissteigerungen im zweistelligen Bereich im vergangenen Jahr getrieben wird. In anderen Märkten, insbesondere in Sydney, Vancouver und Dubai, hat sich die Lage nach Korrekturen um über fünf Prozent, wieder etwas entspannt. Matthias Holzhey, Hauptautor der Studie und Head of Swiss Real Estate Investments bei UBS Global Wealth Management, warnt deshalb: „Investoren sollten vorsichtig bleiben, wenn es darum geht, die Wohnungsmärkte in Blasenrisikogebieten in Erwägung zu ziehen. Regulatorische Maßnahmen zur Eindämmung der weiteren Aufwertung haben bereits zu einer Markkorrektur in einigen der am stärksten überhitzten Städte geführt. Reale Preise in allen vier höchstgelisteten Städten in der Ausgabe 2016 des UBS Global Real Estate Bubble Index sind zum Beispiel gesunken. Im Durchschnitt sind sie um zehn Prozent gegenüber ihren jeweiligen Spitzenwerten gesunken und wir sehen keine Trendwende.“
Autoren: Tim BüttnerSchlagworte: Immobilien | private Altersvorsorge
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