Direktbestand macht Spezialfonds Gelder streitig
Kommalpha: deutlich geringeres Nettomittelaufkommen in Spezialfonds. Altersvorsorgeeinrichtungen halten Spitzenposition.
Ende des vergangenen Jahres trat der deutsche Spezialfondsmarkt in eine neue Epoche ein: Altersvorsorgeeinrichtungen lösten Versicherungen als größte Kundengruppe ab. Auch wegen diesem Spitzenreiterwechsel durfte man darum auf das jüngste Quarterly aus dem Hause Kommalpha besonders gespannt sein. Wie diesem zu entnehmen ist, liegen Altersvorsorgeeinrichtungen Ende März 2023 mit einem Spezialfondsvolumen von 541 Milliarden Euro weiterhin eine Nasenspitze beziehungsweise fünf Milliarden Euro vor Versicherungen. Damit kommen die beiden Anlegergruppen jeweils auf einen Marktanteil von knapp 28 Prozent.
Dynamische Altersvorsorge
In den vergangenen zwei Dekaden wiesen Altersvorsorgeeinrichtungen die größte Wachstumsdynamik im Spezialfondsgeschäft auf. Insgesamt stieg das Spezialfondsvolumen von Altersvorsorgeeinrichtungen seit Januar 2010 um 449 Milliarden Euro. Die das Quarterly unterstützenden Administratoren gehen auch mit Blick nach vorn davon aus, dass sich der Abstand der beiden Anlegergruppen künftig noch vergrößert. Dietmar Roessler von BNP Paribas Securities Services verweist einmal auf den Trend, dass Versicherer Investments aus den Spezialfonds in die Direktanlage verlagern. Zum anderen: „Darüber hinaus sehen wir verstärkt den Wechsel von klassischen Lebensversicherungen hin zu fondsgebundenen Produkten. Dadurch reduzieren sich auch strukturell die zur Verfügung stehenden Volumen für Spezialfonds-Investitionen.“ Jörg Debé von der Dekabank argumentiert mit der höheren Flexibilität, der besseren Positionierung in der Zinswende und der weniger strengen Regulierung von Altersvorsorgeeinrichtungen. Ralf Jonass von der HSBC Deutschland führt ebenfalls die Zinswende an: „Im Vergleich zu der Asset-Allokation der Altersvorsorgeeinrichtungen haben die eher rentenlastigen Portfolios der Versicherer im positiven Zinsumfeld Kurskorrekturen hinnehmen müssen.“
Dagegen könnte eine Zinswende-Wende in der Spezialfonds-Hierarchie für einen erneuten Wechsel sorgen. Diese Prognose trifft Stefan Adam von der DZ Bank: „Inwieweit dieser Trend nachhaltig ist, hängt maßgeblich von der künftigen Zinsentwicklung – insbesondere in Europa – ab. Mögliche Bewertungsaufholungen aufgrund von Zinssenkungen in der Zukunft könnten die Rangfolge bei den Kundengruppen wieder ändern.“ Für diese Meinung spricht auch das erste Quartal. Netto blieben in den Spezialfonds der Versicherungen 3,2 Milliarden Euro hängen, während in den Vehikeln der Altersvorsorgeeinrichtungen der Nettozuwachs nur knapp über null blieb.
Weniger Netto vom Brutto
Gut beraten ist die Branche aber, wenn sie nicht nur Wachstumschancen, sondern auch mögliche Ambitionen der Investoren abseits des deutschen Spezialfonds im Auge behält. Der Weg des Geldes kann nämlich auch nach Luxemburg oder nun auch wieder in die Direktanlage führen. Im ersten Quartal 2023 belief sich das Nettomittelaufkommen nur auf knapp 15 Milliarden Euro, nach über 30 Milliarden Euro im Vorjahresquartal. „Insgesamt ist im ersten Quartal 2023 rund jeder vierte Euro der frischen Liquidität netto in Spezialfonds gelandet. Auch dieser Wert liegt unter dem Durchschnitt der Quartalswerte der vergangenen Jahre und spricht für die erhöhte Anteilsscheindynamik, die sich insbesondere im Jahr 2022 beobachten ließ“, konstatiert Kommalpha-Vorstand Clemens Schuerhoff.
Das aktuelle Zinsniveau schiebt eine Renaissance des Rentendirektbestands an. Auf diese verweist nicht nur Dietmar Roessler. Für diese dürften auch die Statistiken des aktuellen Quarterly sprechen. „Sozialversicherungen und öffentliche & kirchliche Zusatzversorgungseinrichtungen haben im ersten Quartal rund zwölf Milliarden Euro an Liquidität aus ihren Spezialfonds abgezogen, was sie in Sachen Liquiditätsentzug zum Spitzenreiter im ersten Quartal macht. Das sind bemerkenswert hohe Werte, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich hinsichtlich der Anzahl von Institutionen um eine relativ kleine Kundengruppe handelt. Lässt sich hier das Comeback der Direktanlage in Bonds hineininterpretieren? Oder begründet sich diese hohe Anteilsscheindynamik in Auszahlungsverpflichtungen oder anderen Baustellen, für die Cash benötigt wird? Wir vermuten einen Mix aus beidem“, erklärt Clemens Schuerhoff. Vergleichbare Beweggründe dürften auch auf Altersvorsorgeeinrichtungen zutreffen. Diese haben in Q1 aus der frisch dotierten Liquidität von in Summe zwölf Milliarden Euro rund elf wieder an Liquidität aus Spezialfonds abgezogen.
Autoren: Patrick Eisele In Verbindung stehende Artikel:
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