Schwarzer Schwan
4. Oktober 2013

Die Zweck-Gesellschaft heiligt die Mittel

Im Steuerparadies „Jersey“ hat die West-LB mehr als zehn Jahre einen Pensionsfonds betrieben. Dieses Vehikel hat die Landesbank überlebt, betrieben wird der Offshore-Fonds nun mehr oder minder vom NRW-Finanzministerium.

Altkanzler Helmut Schmidt weiß auch zu Landesbanken profunde Urteile abzugeben: „Mit ihren Kreditersatzgeschäften seien sie fast alle größenwahnsinnig geworden". Ihren Größenwahn haben die Regionalinstitute bekanntlich auf der ganzen Welt ausgelebt – auch dort, wo man öffentlich-rechtliche Institute eigentlich nicht verortet: Auf der als Steueroase bekannten Kanalinsel Jersey. Dort betrieb die West-LB seit 1998 über die Briefkastenfirma West-LB International Services einen Pensionsfonds für die Altersvorsoge privilegierter Mitarbeiter. Dieser schanzte seinen Mitgliedern offenbar Steuervorteile zu.
Gedacht war der Pensionsfonds für in London angestellte, nicht-britische Mitarbeiter der West-LB. Im Wege einer Entgeltumwandlung hatten sie die Möglichkeit, aus ihrem Gehalt und ihren variablen Vergütungen eine für Banker angemessene Altersvorsorge aufzubauen. Das Konstrukt der Landesbank macht durchaus Sinn, schließlich weiß doch jedes Kind, dass Steuern und Abgaben schädlich für den Vermögensaufbau sind.
Nach einem Bericht des Handelsblattes funktionierte der Steuertrick wie folgt: Um Steuern auf Boni zu sparen, konnten die Banker diese steuerfrei in den Fonds einbringen und auch die Rentenzahlungen unbelastet auf Jersey vereinnahmen. Allenfalls habe die Pflicht bestanden, diese dann im Heimatland anzugeben. Doch genau das liege nun einmal „in der Verantwortung des Einzelnen“, wie das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen in einem Antwortschreiben auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Ralf Witzel Ende September dieses Jahres erklärte. Genutzt haben diese Pensionsfonds im Übrigen gut 20 Personen, darunter auch drei deutsche Spitzenbanker.
Für die West-LB selbst entstand durch den Pensionsfonds eigentlich kein Vorteil, dieser war offenbar nur Mittel zum Zweck im Kampf um Personal. Und so verteidigt ausgerechnet das NRW-Finanzministerium das Konstrukt: „Um im harten Personalwettbewerb am Standort London erfolgreich zu sein, war es aus Sicht der damaligen West-LB unumgänglich, attraktive Vergütungskonzepte zu bieten. Ein marktüblicher, international steuerlich anerkannter und von den Steuerbehörden in Großbritannien akzeptierter Pensionsplan erschien hierzu als ein wesentlicher Bestandteil.“ Der Zweck heiligt also die Mittel. Dass ausgerechnet eine Staatsbank dem Fiskus Schaden zufügt, ist allerdings mit Blick auf die gern praktizierten Dividenden-Stripping-Aktivitäten nichts Neues.
Die West-LB ist seit Mitte 2012 abgewickelt, die angesprochenen Pensionspläne der 20 Ex-West-LBler werden aber nach wie vor von Jersey aus administriert. Offenbar verfolgen die Verantwortlichen das Motto: Never touch a running system. „Mit einer zeitnahen Beendigung dieses Geschäfts ist nicht zu rechnen“, lässt das NRW-Finanzministerium in seinem Schreiben vom 24. September wissen.
Der Pensionsplan wird im Übrigen von der West-LB-Nachfolgerin Portigon, deren alleiniger Eigentümer das Land NRW ist, fortgeführt. Finanzminister Dr. Norbert Walter Borjans, der als Eigentümervertreter im Aufsichtsrat der Portigon AG sitzt, verspricht in dem Schreiben eine „lückenlose Aufklärung der in Rede stehenden Konstruktion“. Das dabei voraussichtlich nicht allzu viel herauskommen wird, lässt bereits ein anderer Satz in dem Schreiben erahnen: „Es handelt sich dabei um einen marktüblichen, international steuerlich anerkannten und von den Steuerbehörden in Großbritannien akzeptierten Pensionsplan.“
Was aber wohl einmal aus dem Pensionsfonds herauskommen wird? Wahrscheinlich nicht viel, wenn dieser vom Eigenhandel der West-LB mitgemanagt wurde. Neben den Kreditstrukturen bleibt von der West-LB die großvolumige Wette, die dem Wal von London alle Ehre gemacht hätte. Zur Erinnerung: auf VW-Aktien. Damals zockte die West-LB darauf, dass sich der Preisabstand zwischen Stamm- und Vorzugsaktien von VW verringert. Diese Wette ging bekanntlich nach hinten los, es kam zu einem Buchverlust in Millionenhöhe.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein frohes Wochenende.

Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert