Traditionelle Anlagen
3. September 2024

Die Zinsrunde und die Zinskurve

Hamburger Veranstaltung sucht den Sweet Spot auf der Zinskurve. Ob kurzes oder langes Ende hängt auch von der konjunkturellen Sicht ab.

„Lang oder kurz?“, ist eine für Fixed-Income-Investoren sehr wesentliche Frage. Diese stellt sich generell zu Zeiten, in denen die Zinskurve invers verläuft, und speziell auch auf der Hamburger Zinsrunde. Dieser Anlegertreff machte Ende August den Auftakt für den Veranstaltungsreigen, der nun nach der Sommerpause wieder Fahrt aufnimmt. Initiatoren der Zinsrunde sind Paul Wessling, Vorstand der Müllerei Pensionskasse, und Dr. Heinrich Wohlfart, Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer des Liechtensteiner Dienstleisters AMW. Gastgeber war die Hansainvest.

Referenten von Anthos, Hansainvest und Solvium gaben in der Zinsrunde verschiedene Einblicke in Real Assets, insbesondere in soziale Infrastruktur und Verkehrsinfrastruktur. Seit dem Zinsanstieg sind aber auch klassische Fixed-Income-Strategien wieder auf der Agenda von Investoren und Veranstaltern.

Für Versicherungen und Pensionskassen war im Portfolio in den langen Laufzeiten der Anstieg des Marktzinses schmerzhaft. Auch heute noch ist die Zinskurve flach bis invertiert, bietet also bei Kurzläufern höhere Renditen als in den langen Laufzeiten. Ob aber auch künftig die Würze in der Kürze liegt? Darüber und über den künftigen Verlauf der Zinskurve debattierten die Experten.

Dem Durationsrisiko abgeneigt ist Sven Marzahn, Leiter Portfoliomanagement beim Vermögensverwalter Berlin Portfolio Management, BPM. Für ihn sind – zumindest seit 2022 – die Kurzläufer der Sweet Spot. „Die inverse Zinskurve macht Kurzläufer attraktiv. Bei den Langläufern sind Zinssenkungen schon eingepreist und somit gibt’s in diesem Segment weniger als gedacht“, meint Marzahn und erinnert daran, dass schon in der jüngeren Vergangenheit mehr Zinssenkungen erwartet wurden als dann tatsächlich kamen. „Kommt es zu weniger Zinssenkungen als gedacht, dann tut es bei Langläufern weh.“ Für den sicheren Hafen mit Kurzläufern von guter Bonität kann Marzahn auch mit attraktiven Renditen werben. Mit einem breit diversifizierten Portfolio kommt BPM bei einer durchschnittlichen Restlaufzeit von unter zwei Jahren auf eine Rendite von über vier Prozent.

Für die nächsten 24 Monate sind am kurzen Ende also attraktive Renditen zu erwarten. Bei einem längeren Anlagehorizont könnte es aber sinnvoller sein, schon jetzt das lange Ende zu besetzen – insbesondere, wenn man wie Roman Kostal, Senior Portfoliomanager bei TBF, von einem langfristig deflationären Umfeld und schlechten Wirtschaftsdaten ausgeht. Kostal sieht einen konstanten Zinssenkungstrend. „Darum sollte man sich auch jetzt noch trauen, ans lange Ende zu gehen.“ Dort sieht Kostal ein asymmetrisches Rendite-Risiko-Profil: „Wenn der Zins um 50 Basispunkte steigen sollte, dann ist der Verlust geringer als der Zugewinn, wenn der Zins um 50 Basispunkte fällt.“ Im letzteren Fall sind am langen Ende zweistellige Erträge zu erwarten. Pro Langläufer kann man – wie Kostal – zudem noch portfoliotheoretisch werben: „Lange Anleihen sind ein guter Hedge gegen fallende Aktienkurse.“

Die Antwort auf die Frage, ob nun kurz oder lang – Liability-Betrachtungen einmal außen vor – gibt nicht zuletzt die Konjunktur. Folgt man den Argumenten der beiden Portfoliomanager kann man beiden zumindest in einem Punkt Recht geben: Eine goldene Mitte gibt es nicht.

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